Weltweite Jagd auf Delfine und Kleinwale

Delfinjagd: Die ungeschützten Meeressäuger

Weltweite Jagd auf Delfine und Kleinwale

Während für alle Großwale Jagd- und Handelsverbote gelten, sind Delfine und Kleinwale in vielen Ländern nahezu vogelfrei. Länder wie Dänemark, Russland, Japan und Peru verhindern, dass sich daran etwas ändert. Große Tümmler und Weißwale werden für Unterhaltungszwecke in Delfinarien eingefangen. Jedes Jahr kostet die weltweite Jagd auf Delfine und Kleinwale das Leben von mehr als 100.000 Tieren, um in Südamerika, Japan oder sogar in Europa als Gulasch, Haiköder oder Katzenfutter zu enden. Und die Delfinjagd steigt wegen der Überfischung der Meere und Flüsse sogar noch weiter…

Die meisten Leute denken beim Stichwort Delfinjagd an die blutigen Bilder aus der Bucht des japanischen Fischerstädtchens Taiji oder an die nordeuropäischen Färöer-Inseln. Doch die beiden sind nicht einmal die schlimmsten Delfinjäger, wie Recherchen von Pro Wildlife zeigen:

Unser neuer Bericht „Small cetaceans, even bigger problems“ (Februar 2024), auf Deutsch „Kleine Meeressäuger, noch größere Probleme“ zeigt, dass in den letzten Jahren die globale Jagd auf Delfine noch weiter eskaliert ist. Im Gegensatz zu den Großwalen sind Delfine und Kleinwale nicht durch das kommerzielle Moratorium der Internationalen Walfangkommission geschützt. Im Gegenteil: Delfine und Kleinwale sind bis heute in vielen Ländern vogelfrei – auf internationaler Ebene gibt es nur einen lückenhaften Flickenteppich aus Schutzbestimmungen.

Amazonas-Flussdelfine werden häufig als Köder in der Wels-Fischerei verwendet © Veronica Iriarte
Amazonas-Flussdelfine werden häufig als Köder in der Wels-Fischerei verwendet © Veronica Iriarte

Während unserer jüngsten Recherchen haben wir mehr als 250 wissenschaftliche Studien, Augenzeugen- und Zeitungsberichte ausgewertet – eine Bibliothek des Grauens: Insgesamt schätzen wir die Zahl weltweit auf deutlich mehr als 100.000 gejagter Delfine und Kleinwale pro Jahr. Nicht nur liegt die Gesamtzahl damit noch höher, als wir in einem früheren Bericht von 2018 aufzeigten – auch die Vielzahl Länder, in denen bis heute die kleinen Meeressäuger erbarmungslos getötet werden, ist erschreckend. 

Die Top 10 der größten Delfinjäger sind:

  • Peru: bis zu 15.000 Tiere/Jahr (v.a. Köder für die Haifischerei)
  • Ghana: annähernd 10.000 Tiere, zunehmend (kommerzialisierter Beifang, nun v.a. als Hai-Köder)
  • Nigeria: fast 10.000 Tiere, zunehmend (kommerzialisierter Beifang)
  • Brasilien: 5-10.000 Tiere, zunehmend (v.a. als Köder für Fischerei)
  • Venezuela: mehrere Tausend Tiere, zunehmend (als Fleisch, Fischerei-Köder & für religiöse Rituale)
  • Grönland: > 5.000 Tiere, zunehmend (Subsistenzjagd deutlich über nachhaltigem Level)
  • Taiwan: mehrere Tausend Tiere, zunehmend (v.a. als Fischereiköder, auch auf Hoher See)
  • Indonesien: mehrere Tausend Tiere, zunehmend (für Fleischmarkt und als Fischerei-Köder)
  • Südkorea: mehrere Tausend Tiere, vermutlich zunehmend (für Fleischmarkt & Fischereiköder)
  • Indien: mehrere Tausend Tiere (für Fleischmarkt und als Fischerei-Köder)

Doch auch in vielen anderen Ländern werden Delfine und Kleinwale gejagt, wie zum Beispiel Kanada, den Färöer-Inseln, Malaysia oder Japan – selbst aus Frankreich liegen uns neuere Fälle vor.

Weltweite Jagd auf Delfine und Kleinwale am Beispiel Peru: Delfinjagd mit Harpune © S. Austermühle Mundo Azul
Peru: Delfinjagd mit Harpune © S. Austermühle Mundo Azul

Warum werden so viele Delfine getötet?

Delfine und Kleinwale enden nicht nur als Haiköder – im Orinoko-Becken in Südamerika gelten sie neuerdings als Wundermittel gegen Corona-Infektionen, ihre Zähne sind begehrter Brautschmuck auf den Salomonen, ihr Öl wird zum Imprägnieren von Booten in Pakistan verwendet. In immer mehr afrikanischen Ländern ersetzt Delfinfleisch die schwindenden Erträge aus der lokalen Fischerei, die mit den Industrieflotten nicht konkurrieren können. In der Arktis (Grönland, Alaska, Nord-Kanada und Russland) werden Delfine bis heute zur Selbstversorgung indigener Gruppen gejagt. Und bei Fischern weltweit sind sie schlichtweg verhasst. Nicht nur ist das Ausmaß der Jagd erschreckend, sondern auch ihre Grausamkeit: Delfine werden mit Harpunen beschossen, mit Booten und Netzen eingekreist, mit Speeren, Lanzen, Macheten, Gewehren, Messern, Haken oder Dynamit getötet.

Tote Delfine auf den Färöer Inseln © Erik Christensen
Tote Delfine auf den Färöer Inseln © Erik Christensen

Der Kampf der Fischer gegen die Delfine

Während in Japan in den vergangenen 20 Jahren die Delfinjagd stark zurückging (von mehr als 18.000 auf weniger als 1.900 Tiere), ist in vielen Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens die Delfinjagd stark angestiegen. Delfinfleisch wird zunehmend als Köder für die boomende Fischerei auf Hai, Thunfisch, Piracatinga (ein Wels-artiger Fisch im Amazonas) etc. eingesetzt. Eine doppelte Tier- und Artenschutz-Tragödie: Die genannten Fischbestände sind ohnehin bereits überfischt – und um trotzdem noch die begehrte Beute an die Haken zu bekommen, werden Delfine zerschnitten und auf Langleinenhaken oder in Reusenfallen angebracht. Fischer in aller Welt sehen in Delfinen und Kleinwalen ohnehin verhasste Konkurrenten um die letzten Fische – entsprechend brutal gehen sie auch gegen die kleinen Meeressäuger vor und töten sie oft.

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife setzt an zwei Punkten an, um gegen die Delfinjagd vorzugehen: Zum einen setzen wir uns für strengere internationale Gesetze zum Schutz kleiner Meeressäuger ein. In den internationalen Debatten zum Schutz von Delfinen stehen bislang Beifang und Meeresverschmutzung im Vordergrund. Unsere Recherchen zeigen die weltweite Dimension der Delfinjagd und helfen, in verschiedenen Konventionen strengere Schutzbestimmungen anzustoßen. Bereits 2018 zeigten wir das Ausmaß der globalen Delfinjagd mit unserem Bericht „Small cetaceans – big problems“ ; unser neuer Bericht von 2024 zeigt, dass die Dringlichkeit des Themas noch größer geworden ist.

Zum anderen klärt Pro Wildlife über die Gesundheitsrisiken durch den Verzehr von Delfinfleisch auf, um die Nachfrage zu senken. Die Tiere stehen am Ende einer komplexen Nahrungskette, im Verlauf derer sich Giftstoffe wie Quecksilber und polychlorierte Biphenyle (PCBs) anreichern. Basierend auf unserem Bericht „Toxic Menu“ hat die Internationale Walfangkommission (IWC) 2012 eine Resolution verabschiedet, die die Walfangländer auffordert, ihre Bevölkerung über diese Gesundheitsrisiken aufzuklären.

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