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Walfang mit Explosivharpunen
Während früher Wale mit der Hand harpuniert wurden, hat auch beim Töten der technologische Fortschritt Einzug gehalten. Heutzutage werden Wale mit Explosivharpunen bejagt, die vom Deck der Walfangschiffe abgeschossen werden. Diese sind mit Sprengstoff (PETN) bestückt. Die Sprengladung wird je nach Größe der bejagten Walart angepasst – für Zwergwale wird in der Regel 30 g gepresstes PETN verwendet, für Finnwale 45 g. Die Zündung der Sprengladung erfolgt, nachdem die Harpune in den Walkörper eingedrungen ist. Die Explosion bestehend aus der Fragmentierung des Geschosses und der Druckwelle sollen die Tiere „immobilisieren“ – also bestenfalls direkt töten oder zumindest bewusstlos machen. Studien zeigen allerdings, dass dies nur gelingt, wenn eine ganz bestimmte Körperregion getroffen wird. Schwierig genug bei guter Sicht und wenn Ziel und Jäger nicht in Bewegung sind – beim Walfang nahezu unmöglich: Der Jäger versucht, von einem dem Seegang ausgesetzten Schiff einen kontinuierlich schwimmenden und sich größtenteils unter Wasser befindenden Wal an einer ganz bestimmten Stelle zu treffen. Fehlschüsse und immenses Tierleid sind damit vorprogrammiert.
Brutalität der isländischen Finnwaljagd
Im Sommer 2022 dokumentierten Aktivisten der Organisation Hard to Port am Hafen mit Fotos, wie grausam die Finnwaljagd ist: Einige der angelandeten Tiere zeigten mehrere (bis zu vier) Harpunen im Leib. Das liegt einerseits an der Zielungenauigkeit, wie beispielsweise Anlandungen von Walen mit Harpunen in den Brustflossen belegen. Andererseits zünden die Sprengladungen häufig nicht zuverlässig, was an harpunierten Walen mit nicht-explodierten Sprengköpfen zu sehen ist. Bedenkt man, dass es acht Minuten braucht, um eine Harpune nachzuladen und neu zu zielen, leiden manche Finnwale knapp eine halbe Stunde, bevor sie sterben. (Siehe unser Briefing für die IWC-Tagung im Oktober 2022)

Island ergreift Maßnahmen – kurzzeitig und inkonsequent
Die schockierenden Fotos von Hard to Port zeigten Wirkung: Im August 2022 veranlasste Islands Fischereiministerin Svandís Svavarsdóttir, dass die Waljagd ab sofort an Bord durch die Veterinärbehörde MAST überwacht werden muss. Diese fertigte einen Bericht basierend auf ihren Beobachtungen während der Jagd an und schlussfolgerte in ihrer Veröffentlichung im Mai 2023, dass viele der Finnwale einen langsamen, qualvollen Tod sterben und die Jagd damit dem isländischen Tierschutzgesetz widerspricht.
Auch Islands Fachrat für Tierwohl bestätigte, dass die Finnwaljagd allein aufgrund der Größe der Tiere grundsätzlich nicht tierschutzkonform möglich sei. Die Berichte führten zu einem vorübergehenden Fangverbot, das allerdings am 31. August 2023, kurz vor Ende der Saison, auslief. Nachdem ein am 28. August veröffentlichter Bericht des Ministeriums erklärte, eine Verbesserung der Fangmethoden sei nun doch prinzipiell möglich, verließen zwei Walfangschiffe bereits einen Tag später den Hafen – noch vor der offiziellen Erlaubnis der Ministerin. Kurz darauf wurden die Schiffe aufgrund schwerer Verstöße gegen die Tierschutzauflagen jedoch zurückbeordert und ihnen für mehrere Tage das Auslaufen untersagt. Traurige Bilanz der stark verkürzten Walfang-Saison 2023: 24 getötete Finnwale.
Trotz der klaren Beweislage, dass Walfang nicht tierschutzkonform möglich ist, ist die isländische Regierung bisher nicht bereit, endlich Konsequenzen zu ziehen und den Walfang endgültig zu verbieten. Gleiches gilt für die beiden anderen Walfangnationen Norwegen und Japan.
Was tut Pro Wildlife?
Pro Wildlife setzt sich innerhalb der EU und im Rahmen der Internationalen Walfangkommission für ein lückenloses kommerzielles Walfangverbot ein. Unser größter Erfolg (gemeinsam mit anderen Verbänden und engagierten Ländern) ist, dass das IWC-Moratorium bis heute noch in Kraft ist – trotz aller Versuche der Walfangländer, diese lästige Einschränkung zu beseitigen. Doch das reicht uns nicht:
Die Gesetzeslücken, mit denen Japan, Island und Norwegen das Moratorium umgehen, müssen endlich geschlossen werden. Um dies zu erreichen, informiert Pro Wildlife regelmäßig die Walschutzländer über Entwicklungen im Walfang und liefert ständig neue Argumente für den internationalen Verhandlungstisch. Unsere Überzeugungsarbeit führte schließlich dazu, dass die EU für die IWC-Tagung Ende September 2024 in Peru eine entsprechende Resolution einbrachte, die auch mit großer Mehrheit angenommen wurde. Damit wurde der kommerzielle Walfang in Island, Japan und Norwegen endlich – erstmals seit 23 Jahren – formal verurteilt. Diese diplomatische Ohrfeige ist auch für die Regierung in Island ein deutliches Signal für künftige Entscheidungen.
Weitere Informationen:
- Unser Bericht: How modern Norway clings to its whaling past Frozen in Time PDF
- Unser Bericht „Toxic Menu“ zu Giftstoffen in Walen und Delfinen. Toxic Menu PDF
- Unser Bericht: Denmark goes it alone on whaling policy. Breaking Ranks PDF