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Während Diplomatie und Medien sich auf den Walfang Japans konzentrieren, hat sich Norwegen in dessen Schatten zum Walfangland Nr. 1 entwickelt. Systematisch wurden Auflagen für den Walfang gestrichen, Subventionen eingeführt und eigenmächtig Fangquoten freigegeben. Trotz des seit 1986 geltenden Verbotes für kommerziellen Walfang haben Norwegens Fischer seither mehr als 16.100 Zwergwale mit Explosivharpunen getötet (Stand: August 2024). Zusätzlich wurde die Nachfrage nach Walfleisch im eigenen Land staatlich gepusht – und die Exporte nach Japan seit 2016 drastisch ausgebaut. Dabei berufen sie sich auf ihre Traditionen und Wurzeln bis zu den Wikingern.
Die Welt schweigt – Norwegen tötet weiter
Die Regierung in Oslo unterstützt den kommerziellen Walfang auf vielfache Weise:
- Gesetzliche Auflagen, wie unabhängige Kontrollen an Bord oder gebietsspezifische Fangquoten, wurden über die Jahre aufgehoben.
- Die Regierung setzt eigenmächtig Fangquoten, die über die letzten 25 Jahre immer wieder erhöht wurden und die nicht von der Internationalen Walfangkommission (IWC) abgesegnet sind (s. Abb. 1).
- Die beteiligten Schiffe sind von der Dieselsteuer befreit.
- Staatlich finanzierte Werbung sollte die Nachfrage nach Walfleisch erhöhen.
- Ebenfalls staatlich finanziert: Das DNA-Register für die erlegten Wale sowie Kühlhäuser für eingelagertes Walfleisch.
- Trotz internationalem Handelsverbot für alle Großwale durch das Artenschutzabkommen CITES erteilt die Regierung regelmäßig Exportgenehmigungen für Walfleisch und -speck, v.a. nach Japan (und beruft sich dabei auf einen formalen Widerspruch).
Obwohl Norwegens Regierung Schritt für Schritt den Walfang pusht, blieb die Weltöffentlichkeit hierzu bislang erstaunlich still. Seit Jahren fängt Norwegen sogar mehr Wale als Japan und Island. 2017 wurde zudem bekannt, dass ein alarmierend großer Anteil der in Norwegen getöteten Wale (bis zu 77%) weiblich sind, die allermeisten von ihnen trächtig, wodurch die Population gleich doppelt geschädigt wird. Damit sind Zweifel an der Nachhaltigkeit der von Oslo eigenmächtig gesetzten Fangquoten mehr als berechtigt.

Exporte von Fleisch aus Walfang nach Japan
2013 begann das Land mit Walfleisch-Exporten nach Japan. Diese sind binnen kurzem von 42 Tonnen (in 2013) auf über 199 Tonnen in 2016 regelrecht eskaliert, seither auf hohem Niveau geblieben und 2020 und 2022 sogar auf 417 bzw. 354 Tonnen angestiegen (s. Abb. 2). Seit 2013 hat Norwegen insgesamt fast 2.000 Tonnen Walfleisch exportiert, 97 Prozent davon gingen nach Japan. Da Japan wegen seines Walfangs 2014 eine herbe Schlappe vor dem Internationalen Gerichtshof erlitt und die Fangzahlen deutlich reduzierte, will Norwegen diese Lücke füllen. Die IWC, deren Moratorium durch Norwegen dreist unterwandert wird, hat dennoch seit 2001 keine einzige Resolution mehr gegen kommerziellen Walfang verabschiedet. Genau dieses Schweigen wertet Norwegen als stille Akzeptanz.

Was tut Pro Wildlife?
Unser Ziel ist es, dass die IWC eine längst überfällige Resolution gegen kommerziellen Walfang verabschiedet, um den Druck auf Norwegen (sowie Island und Japan) zu erhöhen. Hierzu informieren wir frühzeitig politische Entscheidungsträger. Unser Bericht „Frozen in Time“ enthüllte bereits 2016, mit welchem Paket an Kontrollmaßnahmen Norwegens Regierung die IWC einst besänftigt hat – und wie wenig von diesen Versprechungen noch übrig ist. Erste Wirkung zeigte unser Bericht bereits auf der Walfangtagung 2016, wo die EU erstmals seit vielen Jahren klare Kritik an Norwegen äußerte und ein Ende der Waljagd und der Exporte forderte. Unsere fortwährende Überzeugungsarbeit führte schließlich dazu, dass die EU für die IWC-Tagung Ende September 2024 eine entsprechende Resolution einbrachte. Nun arbeiten wir mit Hochdruck daran, die erforderliche Mehrheit der IWC-Mitgliedsstaaten zu organisieren, damit der kommerzielle Walfang Norwegens (aber auch Islands und Japans) endlich – erstmals seit 23 Jahren – wieder formal verurteilt wird.
Letztes Update: 10. September 2024