Weltartenschutz-Konferenz CITES 2022: Hitzige Debatten um bedrohte Arten

Chance für fast 600 Arten auf besseren Schutz

Weltartenschutz-Konferenz CITES 2022: Hitzige Debatten um bedrohte Arten

Vom 14. bis 25. November 2022 fand in Panama City die 19. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES CoP19) statt. CITES ist das wichtigste internationale Abkommen, um die Plünderung bedrohter Arten zu stoppen. Bei der CITES 2022 mit mehr als 2.500 Teilnehmern prallten die Interessen von Artenschützern und der Industrie aus Fischerei, Tropenholz-, Elfenbein-, Heimtier- und Pelzhandel erneut aufeinander.

Das Team von Pro Wildlife nimmt seit 1999 aktiv an den Weltartenschutzkonferenzen teil, die all drei Jahre stattfinden. Nach jedem Treffen beginnen wir mit Hochdruck, schon für die nächste CITES-Konferenz neue Schutzinitiativen für bedrohte Arten auf den Weg zu bringen und dafür zu werben. Hierzu arbeiten wir u.a. Analysen aus, mit deren Hilfe verschiedene Regierungen auch diesmal Schutzanträge für verschiedene Arten auf den Weg brachten.

Insgesamt lagen für die CITES 2022 52 Anträge (Liste, PDF) vor, für insgesamt ca. 600 Arten wurde über weltweite Handelsbeschränkungen bzw. -verbote verhandelt und abgestimmt. Bei 11 Anträgen wurde eine Verringerung des Schutzstatus vorgeschlagen.

Unsere wichtigsten Themen für die Weltartenschutzkonferenz CITES 2022:

1. Afrikanischer Savannenelefant (Loxodonta africana):

Afrikanischer Savannenelefant
CITES 2022

Verbreitung: Afrika südlich der Sahara

a) Antrag von Äquatorialguinea, Burkina Faso, Mali, Senegal, Syrien: Hochstufung der Populationen von Südafrika, Namibia, Botswana und Simbabwe von CITES Anhang II auf Anhang I (weltweites Handelsverbot)

b) Antrag von Simbabwe: Freigabe des Handels mit Elfenbein aus Botswana, Namibia, Simbabwe und Südafrika und des kommerziellen Handels mit Leder (für Simbabwe)

Position von Pro Wildlife: a) unterstützen; b) ablehnen

ERGEBNIS: Beide Anträge abgelehnt

Die Wilderei für den Elfenbeinhandel ist die größte Bedrohung für Afrikas Elefanten, jedes Jahr werden etwa 20.000 Tiere gewildert. Die Bestände der Savannenelefanten wurden in drei Generationen um 60% dezimiert. Während für Elefanten in den allermeisten Ländern ein Handelsverbot und der strengste Schutzstatus (CITES Anhang I) gilt, sind die Populationen in vier Staaten im südlichen Afrika nur auf Anhang II. Der kommerzielle Handel mit Elefanten-Produkten und lebenden Tieren aus diesen Ländern ist hierdurch grundsätzlich erlaubt. Nun forderte ein Antrag, diesen Sonderstatus zu beenden und alle Elefanten unter strengen Schutz (Anhang I) zu stellen, um ein dauerhaftes, weltweites Handelsverbot für alle Afrikanischen Elefanten festzuschreiben. Die große Mehrheit afrikanischer Staaten fordert seit Jahren, Elefanten streng zu schützen. Im Gegensatz dazu beantragte Simbabwe, den Handel mit Elfenbein aus Lagerbeständen der vier Staaten sowie mit Leder aus Simbabwe freizugeben. Bisher unterliegt der Elfenbeinhandel einem Moratorium – seit 2008 darf kein Elfenbeinhandel mehr exportiert werden. Nach früheren Freigaben des Elfenbeinhandels waren Wilderei und illegaler Elfenbeinhandel eskaliert – ein unbefristetes Verbot ist erforderlich, um Gesetzeslücken zu schließen und den Elfenbeinhandel ein- für allemal zu beenden.

>> Factsheet: Afrikanischer Elefant

2. Flusspferd (Hippopotamus amphibius)

Flusspferd
CITES 2022

Verbreitung: Afrika südlich der Sahara

Antrag von 10 afrikanischen Staaten: Hochstufung von CITES Anhang II auf Anhang I (weltweites Handelsverbot)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Abgelehnt

Seit 1995 ist das Flusspferd auf Anhang II gelistet, doch Wilderei, Jagd, unkontrollierter Handel und Habitat-Zerstörung haben zu Bestandsrückgängen von mehr als 30% geführt. Nur 115.000-130.000 Flusspferde gibt es noch in freier Wildbahn. 65% der Populationen nehmen in ihrem Bestand ab oder sind in ihrem Status unbekannt. Trotz allem erlaubt z.B. Tansania den Export von Produkten und Trophäen von 1.200 Flusspferden jährlich. Dabei stehen insbesondere die für Elfenbein-Schnitzereien begehrten Zähne im Fokus des legalen, aber auch illegalen Handels. Zähne von 14.000 Flusspferde wurden in einem Jahrzehnt gehandelt. Hohe Abschussquoten sowie die Nicht-Unterscheidbarkeit von legalem und illegalen Elfenbein machen ein internationales Handelsverbot zu einem wichtigen Werkzeug zum Schutz des Flusspferds.

>> Factsheet: Flusspferde

3. Südliches Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum simum)

Südliches Breitmaulnashorn blieb bei
CITES 2022 in Anhang II

Verbreitung: südliches und östliches Afrika

a) Antrag von Botswana & Namibia: Lockerung des Handelsverbotes für lebende Tiere und Jagdtrophäen durch Herunterstufung der Population Namibias von CITES Anhang I auf Anhang II

b) Antrag von Eswatini: Freigabe des kommerziellen Handels mit Nashorn-Horn und lebenden Tieren für die Population Eswatinis

Position von Pro Wildlife: a) ablehnen; b) ablehnen

ERGEBNIS: a) angenommen ohne Jagdtrophäen b) abgelehnt

Wilderei für den illegalen Handel mit Nashorn-Horn (als Statussymbol und vermeintliches Heilmittel in der Traditionellen Medizin) ist die Hauptbedrohungsursache für Breitmaulnashörner. Obwohl die Bestände von Namibia (1.200 Tiere) und Eswatini (98 Tiere) extrem klein und durch Wilderei bedroht sind, beantragen diese Länder eine Lockerung der geltenden Schutzbestimmungen. Beide Anträge für die CITES 2022 riskierten, die Nachfrage nach Horn, lebenden Tieren sowie Jagdtrophäen zu befeuern und dadurch alle Nashornbestände erhöhter Wilderei auszusetzen. Eine Freigabe des internationalen Handels hätte es erleichtert, gewildertes Horn in den legalen Handel einzuschleusen und wäre geltenden Handelsverboten in asiatischen Absatzländern und Bemühungen zur Reduktion der Nachfrage zuwidergelaufen.

>> Factsheet: Südliches Breitmaulnashorn

4. Schildkröten (insgesamt 12 Anträge)

Schildkröte © Jose Gabriel Julio Guzman, CC 4.0
5 Arten wurden bei der CITES 2022 in Anhang I hochgestuft
Schildkröte © Jose Gabriel Julio Guzman, CC 4.0

Verbreitung: von Nord- und Lateinamerika bis Asien

Antrag von 38 Ländern (inkl. der 27 EU-Mitgliedsstaaten): erstmals weltweite Handelsbeschränkungen (Aufnahme in Anhang II), bzw. Handelsverbot für fünf Arten (Hochstufen in Anhang I)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Alle Anträge angenommen

Mit 12 Anträgen für insgesamt 53 Arten stellten die Schildkröten einen Schwerpunkt der Konferenz dar. Seit den 1970er Jahren sind bereits alle Land- und Meeresschildkröten durch CITES geschützt, in den letzten Jahren kamen immer mehr der sog. Sumpfschildkröten hinzu. Bedroht sind die Panzertiere durch den Fang für den internationalen Heimtierhandel, die Jagd für den lokalen und den asiatischen Fleischmarkt sowie die Traditionelle Medizin. Auf der diesjährigen CITES-Konferenz standen v.a. Handelsbeschränkungen für Arten aus Lateinamerika zur Diskussion, z.B. Klappbrustschildkröten (Gattung Kinosternon) und Erdschildkröten (Gattung Rhinoclemmys). Für einige Arten wurde der Schutzstatus verschärft und der Handel verboten, z.B. für die bengalische Flussschildkröte (Batagur kachuga) und die Hinterindische Scharnierschildkröte (Cuora galbinifrons).

>> Factsheet: Listungsanträge zum Exotenhandel

5. Wasseragame (Physignathus cocincinus)

Wasseragame wurde bei der CITES 2022 in Anhang II aufgenommen

Verbreitung: Südostasien

Antrag von EU und Vietnam: erstmals weltweite Handelsbeschränkungen (Aufnahme in Anhang II)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Angenommen

Wegen ihres attraktiven Äußeren ist die Wasseragame unter Terrarianern sehr begehrt: Allein die EU importierte von 2010 bis 2020 mehr als 82.200 Tiere – davon fast 76.000 aus Vietnam. Die USA importieren 42-55.000 Tiere pro Jahr. Bis heute sind nahezu alle Tiere im Handel Wildfänge. Die Art ist inzwischen in der Roten Liste bedrohter Arten als gefährdet eingestuft. Der von Deutschland entwickelte und beschlossene Antrag will die Plünderung der Wildbestände stoppen.

>> Factsheet: Wasseragame

6. Glasfrösche (Familie Centrolenidae)

Der Glasfrosch wurde bei der CITES 2022 in Anhang II aufgenommen © Santiago Ron
Glasfrosch © Santiago Ron

Verbreitung: Zentral- und Südamerika

Antrag von Costa Rica und 13 weiteren Ländern: erstmals weltweite Handelsbeschränkungen (Aufnahme in Anhang II)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Angenommen

Ihre durchsichtige Bauchseite, leuchtende Farben und Muster machen Glasfrösche für den globalen Heimtierhandel interessant. Die 158 derzeit bekannten Arten – von denen einige vom Aussterben bedroht sind – sind in fast allen Herkunftsländern geschützt. Doch obwohl der Fang für den kommerziellen Handel verboten ist können einmal außer Landes geschmuggelte Glasfrösche in der EU bislang straffrei verkauft werden. Hierbei spielen deutsche Tierhändler eine zentrale Rolle.

Bei der letzten CITES-Konferenz 2019 scheiterte ein ähnlicher Antrag Costa Ricas auf weltweite Handelsbeschränkungen, die garantieren sollen, dass Handel nur legal und nachhaltig stattfinden kann, ausgerechnet am Widerstand der EU. Diesmal klappte es nach schwierigen Verhandlungen.

>> Factsheet: Glasfrösche

7. Haie: Requiemhaie (Carcharhinidae) und Hammerhaie (Sphrynidae)

Blauer Hai wurde bei der CITES 2022 in Anhang II aufgenommen © NOAA
Blauer Hai © NOAA

Verbreitung: küstennahe tropische und subtropische Gewässer weltweit

Anträge von Panama, EU und weiteren Ländern: erstmals weltweite Handelsbeschränkungen für alle Requiem- und Hammerhaie (Aufnahme in Anhang II)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Angenommen

Seit 2013 sind drei Hammerhai-Arten in CITES Anhang II gelistet – nun folgten auch die weiteren sechs Arten dieser Hai-Familie. Denn die Flossen der verschiedenen Hammerhaie lassen sich kaum unterscheiden und nur mit einheitlichem Schutz ist ein Vollzug der Handelsbeschränkungen zu gewährleisten.

Bei den Requiemhaien sind 19 Arten vom Aussterben oder akut vom Aussterben bedroht. Trotzdem wurde gegen diesen Antrag bis zuletzt von einigen Fischereinationen opponiert, denn er umfasst insgesamt 54 Arten, darunter den Blauhai, der zu den kommerziell wichtigsten Haien gehört und der v.a. von Spanien und Portugal intensiv befischt wird.

>> Factsheet: Haie

8. Zierfische: Zebra-Harnischwels (Hypancistrus zebra)

Zebra-Harnischwels wurde bei der CITES 2022 in Anhang II gelistet

Verbreitung: nur im Rio Xingú, in Brasiliens Amazonas-System

Antrag Brasiliens: weltweites Handelsverbot (Heraufstufen von Anhang III in Anhang I)

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Listung in Anhang II, Handelsverbot für Wildfänge

Obwohl der schwarz-weiß gestreifte Fisch akut vom Aussterben bedroht und in Brasilien streng geschützt ist, werden jährlich mehrere zehntausend Tiere illegal außer Landes geschmuggelt, um den internationalen Zierfischhandel zu bedienen. In Deutschland sind Zebra-Harnischwelse für 50 bis 150 Euro erhältlich. 2017 ließ Brasilien diese Art bereits in CITES Anhang III aufnehmen. Da dies den illegalen Handel nicht stoppen konnte, sollte bei der CITES 2022 ein weltweites Handelsverbot bestmöglichen Schutz bieten – ein bei Zierfischen bislang ungewöhnlicher Antrag.

>> Factsheet: Listungsanträge zum Exotenhandel

9. Überarbeitung der CITES-Listungskriterien

Arbeitsdokument 87.1: Antrag auf Änderung der CITES-Listungskriterien

Initiative von: Botswana, Eswatini, Kambodscha, Namibia und Simbabwe

Position von Pro Wildlife: Ablehnen

ERGEBNIS: Abgelehnt

Die sog. CITES-Listungskriterien (Resolution Conf. 9.24) legt die Kriterien fest, nach denen eine Art in CITES Anhang I oder II gelistete werden soll. Dabei spielen bislang zwei Kriterien eine Rolle: 1) die potentielle Gefährdung einer Art und 2) die Bedrohung durch den Handel. Der Vorschlag zielt darauf ab, kommerzielle Interessen und „Ernährungssicherung“ in die Entscheidungen über die Unterschutzstellung einzubeziehen – dies hätte einen besseren Schutz bedrohter Arten – insbesondere für wirtschaftlich interessante Tiere und Pflanzen – quasi unmöglich gemacht.

>> Hintergrund: CITES

10.  Wildtierhandel & Zoonosen

Arbeitsdokument 23.2: „One Health & CITES: Rolle von CITES bei der Reduzierung von Gesundheitsrisiken durch den Wildtierhandel“

Initiative von: Elfenbeinküste, Gabun, Gambia, Liberia, Niger, Nigeria und Senegal

Position von Pro Wildlife: unterstützen

ERGEBNIS: Teilweise angenommen

Das Dokument verdeutlicht die erheblichen Gesundheitsrisiken durch den Wildtierhandel und fordert das dringende Engagement von CITES, dem einzigen Regulator des internationalen Tierhandels gemäß dem „OneHealth“-Ansatz. Dieser fordert den engen Zusammenhang zwischen Naturzerstörung, Biodiversitätsverlust, Tierschutzproblemen (über die gesamten Lieferkette) und der Gesundheit von Mensch und Tier gemeinsam zu betrachten.

>> Hintergrund: Zoonosen

Weitere Informationen:

>> Konferenzen: Artenschutz am Verhandlungstisch

>> Thema: Jagd, Wilderei und Handel

>> Thema: Wildtiere als Haustiere

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