Jagd auf letzte Super-Tusker Elefanten

Trophäenjagd in Tansania gefährdet Tiere aus Kenias Amboseli-Nationalpark

Jagd auf letzte Super-Tusker Elefanten

Die Elefantenpopulation im Großraum Amboseli-West Kilimanjaro in Ostafrika ist die am längsten erforschte Elefantenpopulation der Welt. Viel von dem Wissen, das wir heute über das Verhalten, das Sozialgefüge, die Intelligenz und die Sprache Afrikanischer Elefanten haben, stammt aus Beobachtungen dieser Population. Seit mehr als 50 Jahren studieren Forschende die Elefanten dort, sie kennen jedes Tier. Auch für Tourist*innen aus aller Welt sind die majestätischen Amboseli-Elefanten sehr beliebt, denn sie sind einzigartig: In der Population leben einige der letzten verbliebenen Elefantenbullen mit besonders großen Stoßzähnen, die teils bis zum Boden reichen. Solche Elefanten, die einen oder zwei Stoßzähne mit einem Gewicht von 50 kg oder mehr haben, werden als „Super-Tusker“ oder „Big Tusker“ bezeichnet.

Die letzten Super-Tusker

Maximal 25 große Elefantenbullen wandern noch im Grenzgebiet zwischen Kenias Amboseli Nationalpark und dem West-Kilimanjaro in Tansania umher. In anderen Gebieten Afrikas sind große, alte Elefantenbullen infolge von Wilderei und Trophäenjagd mittlerweile selten geworden. In Amboseli hingegen ist der Bestand seit langem geschützt – und die Population verfügt wahrscheinlich über eine genetische Besonderheit.

Doch gerade die wenigen Überlebenden dieser einzigartigen Tiere sind jetzt zum Ziel der Trophäenjagd in Tansania geworden.

Trophäenjäger töten fünf Super-Tusker in acht Monaten

Fünf der Super-Tusker aus Kenias Amboseli-Nationalpark wurden innerhalb von acht Monaten im benachbarten Tansania erschossen. In Kenia ist die Trophäenjagd verboten und die Population seit mehr als 50 Jahren gut geschützt. Doch im Nachbarland Tansania ist die Trophäenjagd erlaubt – 50 Tiere dürfen pro Jahr von ausländischen Jägern getötet und ihre Stoßzähne als Trophäen ausgeführt werden. 30 Jahre lang hatte Tansania zumindest diese besondere, im Grenzgebiet zwischen Amboseli und Kilimanjero umherziehende, Elefantenpopulation verschont. Doch im Herbst 2023 hatte das ein Ende: Der Jagdanbieter Kilombero North Safaris übernahm die Lizenz zur Jagd in Tansanias „Enduimet Wildlife Management Area“ im Grenzgebiet. Seither wurden fünf Super-Tusker getötet.

Im Naturschutz und bei Forschenden sorgen die Abschüsse für einen Aufschrei – sie fordern u.a. im Wissenschaftsmagazin Science, ein Ende der Jagd zumindest auf die grenzüberschreitende Population.

Tansanias Regierung hat sich trotz zahlreicher Appelle bislang nicht zu den Vorfällen geäußert – auch wenn die Jagd bei Experten in Tansania für Kritik sorgt. Tansanias Regierung steht zudem seit Langem in der Kritik: wegen der Korruption der Jagdbranche, mangelnder Umverteilung von Jagd-Einnahmen sowie der Missachtung von Menschenrechten und Vertreibung der Massai, um neue Jagdgebiete und Luxusressorts zu schaffen.

Besonders perfide: Nachdem man den getöteten Super-Tuskern die Stoßzähne abgesägt hatte, wurden ihre Körper verbrannt und vergraben – ein ungewöhnlicher Vorgang, der vermutlich die Identifizierung verhindern sollte. In einem Fall war dies aber dennoch möglich: Auf Fotos ist der Elefantenbulle Gilgil zu erkennen: Er wurde 35 Jahre alt.

Elefanten im Amboseli Nationalpark. Super-Tusker & große Elefantenbullen spielen eine wichtige Rolle im Sozialgefüge © Mariola Grobelska
Elefanten im Amboseli Nationalpark. Super-Tusker & große Elefantenbullen spielen eine wichtige Rolle im Sozialgefüge © Mariola Grobelska

Fatale Folgen der Jagd auf große Elefantenbullen

Elefanten wachsen auch im Erwachsenenleben noch und nehmen weiter an Größe, Gewicht und Stoßzahnlänge zu. Alte Männchen sind größer und dominant gegenüber den jüngeren Tieren. Diese alten Elefantenbullen ab etwa 35 Jahren sind laut Studien aus Amboseli für einen Großteil des Nachwuchses zuständig. Sie sind nicht nur für die Fortpflanzung, sondern auch die soziale Struktur und den Zusammenhalt des Bestandes von entscheidender Bedeutung. Doch genau auf diese Tiere haben es Trophäenjäger*innen abgesehen.

Die Wissenschaftler*innen fürchten, dass die Jagd nicht nur die Population schwächt und zu einem Verlust genetischer Vielfalt führt, sondern auch das soziale Gefüge der Herden destabilisiert. Wird die Jagd fortgesetzt, droht sie in Kürze die wenigen verbliebenen Super-Tusker auszulöschen – mit entsprechenden Konsequenzen für die Fortpflanzung, die Sozialstruktur und die genetische Integrität dieser einzigartigen Population. Auch jahrzehntelange Bemühungen zum Schutz und zur Erforschung dieser einzigartigen Tiere stehen auf dem Spiel, ebenso Einnahmen aus dem Foto-Tourismus auf beiden Seiten der Grenze.

Das tut Pro Wildlife

In Zusammenarbeit mit Forschenden in Kenia setzen wir uns für einen sofortigen Stopp der Jagd auf die Population im Gebiet Amboseli-West-Kilimanjaro ein. Wir fordern von Regierungen der potenziellen Einfuhrländer, keine Genehmigungen für Jagdtrophäen auszustellen – und ihre Einfuhr-Regelungen für Tansania zu ändern. Trophäenjäger*innen aus den USA und der EU benötigen Einfuhrgenehmigung, um Elefanten-Trophäen nach Hause bringen zu können.

Pro Wildlife setzt sich zudem in Deutschland und Europa für ein generelles Einfuhrverbot für geschützte Arten ein. In mehreren europäischen Ländern gelten bereits Verbote. Zudem verbieten Länder wie Australien, Kanada und China jegliche Einfuhr von Elefanten-Stoßzähnen.

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