Endstation Wohnzimmer: Exotische Säuger als „Haustiere“

Studie zu Affen und Raubkatzen auf der Couch

Endstation Wohnzimmer: Exotische Säuger als „Haustiere“

In vielen deutschen Bundesländern ist es nicht verboten, einen Geparden im Garten zu halten. Ohne Weiteres kann man sich einen Affen als Haustier kaufen. Unter deutschen Dächern leben Sugarglider, Weißbüscheläffchen und Stinktiere. Doch dieser Trend ist fatal, denn die meisten Tiere können in Privathand nicht artgerecht gehalten werden und vegetieren stumm in ihren Käfigen vor sich hin.

Der Affe im Wohnzimmer

Viele Menschen wünschen sich ein exotisches Haustier, doch leider ist die private Haltung von Exoten meist nicht artgerecht und kann auch für den Besitzer extrem gefährlich werden. Wie viele exotische Tiere in deutschen Haushalten gehalten werden, ist nicht bekannt. Auch der Handel wird nicht registriert. Um einen Eindruck zu gewinnen, welche exotischen Säugetiere gehandelt und gehalten werden, hat Pro Wildlife Internet-Anzeigen aus fünf Jahren (zwischen 2010 und 2014) auf den beiden größten deutschsprachigen Internetplattformen für exotische Heimtiere analysiert. Das Ergebnis unserer Studie „Endstation Wohnzimmer“ (> PDF, veröffentlicht 2015):

  • Mehr als 10.000 exotische Säuger wurden angeboten
  • 291 unterschiedliche Arten exotische Säuger, darunter
    • 117 nicht-domestizierte Nager-Arten (mehr als 3.400 Tiere)
    • 73 Raubtier-Arten (über 2.800 Individuen)
    • 54 Affen-Arten (über 2.400 Individuen)
  • Der Gesamtwert der Tiere lag bei über acht Millionen Euro

Zu den meistverkauften Arten gehörten in der Gruppe der Raubtiere Stinktiere und Erdmännchen, gefolgt von Nasenbär, Waschbär und Wüstenfuchs (Fennek). Bei den Affen waren die fünf Top-Seller Weißbüschelaffe, Lisztaffe, Goldkopf-Löwenäffchen, Zwergseidenäffchen und Katta. Im Falle der exotischen Nager sind Baumstreifenhörnchen, Kanadische Rothörnchen, Steppenlemminge, Buschschwanz-Rennmaus und Präriehund am häufigsten im Angebot. An Privatleute verkauft werden aber auch Quastenstachler, Flughunde, Servale, Gürteltiere oder Fuchskusus.

Endstation Wohnzimmer: Junger Präriehund als Haustier
Junger Präriehund als Haustier

Wachsende Tierschutzprobleme

Ein Karakal, Stinktier oder Weißbüscheläffchen als Haustier? Keine gute Idee, denn anders als domestizierte Tiere wie Hunde haben exotische Säuger ganz spezielle Ansprüche an Platz, Umweltfaktoren und oft auch an die Sozialstruktur. Für die artgerechte Privathaltung von Wildtieren gibt es wenig Informationen, und so leiden diese Tiere besonders in den Händen unerfahrener Halter.

Haltungsfehler können zu Krankheiten und Mangelerscheinungen führen, die oft nicht erkannt werden. Die Folge: Die vermeintlichen Heimtiere vegetieren dahin, viele sterben früh. Andere Exoten landen im Tierheim: Wildtier-Auffangstationen berichten, dass immer mehr überforderte Halter ihre Tiere wieder loswerden wollen – weil sie krank werden, zu groß, zu teuer oder aggressiv. Die holländische Auffangstation Stichting AAP berichtet, dass sie verstärkt Anfragen zur Aufnahme exotischer Säuger aus Deutschland bekommen – Affen machen hierbei den größten Teil aus. Auf den Versorgungskosten, oft über viele Jahre hinweg, bleibt die Station meistens sitzen…

Neue Krankheiten durch exotische Haustiere

Mit der Verbreitung exotischer Säugetiere steigt auch die Gefahr der Übertragung von Krankheiten auf den Menschen (Zoonosen). So gaben das Robert-Koch-Institut und das Friedrich-Löffler-Institut im Frühjahr 2015 bekannt, dass drei deutsche Züchter von Bunthörnchen an Gehirnentzündungen starben, verursacht durch einen neuartigen Bornavirus. Forscher warnen bereits, dass der Lebendtierhandel in Europa – u.a. mit exotischen Nagern, Affen und Reptilien – ein Einfallstor für neuartige Viruserkrankungen ist.

Unsere Forderungen an die Politik

Pro Wildlife und weitere deutsche Tier- und Naturschutzverbände fordern u.a. eine Beschränkung des Handels und der Haltung von Tieren auf solche Arten, die aus Tier-, Arten- und Naturschutzsicht sowie mit Blick auf die Gesundheit als unbedenklich gelten. Eine Positivliste, wie sie für Säuger in Belgien und den Niederlanden bereits etabliert ist, ist hierfür der beste Weg. Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag von 2013 zwar eine Regelung des Exotenhandels angekündigt, doch heraus kam nur eine mehrjährige Studie, beauftragt vom Bundeslandwirtschaftsministerium, die sog. EXOPET-Studie. Doch selbst die teils alarmierenden Ergebnisse und Empfehlungen der EXOPET-Studie haben bislang zu keinen Gesetzesänderungen der Regierung geführt.

Endstation Wohnzimmer – mehr Informationen:

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