Zoonosen

Krankheiten aus dem Tierreich

Zoonosen

Was ist eine Zoonose?

Die wohl bekanntesten Beispiele für Zoonosen sind unter anderem das Coronavirus, Affenpocken, die Vogelgrippe, Borreliose und Tollwut. Doch was sind Zoonosen überhaupt? Als Zoonosen bezeichnet man Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können und umgekehrt.

Rund drei Viertel aller neuartigen Infektionskrankheiten sind Zoonosen und mehr als 70 % stammen von Wildtieren. Wissenschaftler*innen gehen aktuell davon aus, dass allein in Säugetieren und Vögeln 540.000 bis 850.000 bisher unentdeckte Viren schlummern, die das Potenzial haben, Menschen zu infizieren. Corona ist also kein Einzelfall. Um weiteren Zoonose-Ausbrüchen vorzubeugen, müssen wir eins begreifen: Mit dem Schutz von Tieren, Arten und unserer Umwelt schützen wir gleichzeitig auch unsere Gesundheit.

Natur- und Artenschutz ist Gesundheitsschutz

Die weltweite Ausbreitung von Krankheitserregern wird durch Umweltzerstörung, Artensterben und Wildtierhandel stark gefördert. Während intakte und artenreiche Ökosysteme als Puffer wirken und das Infektionsrisiko für einzelne Tiere bzw. den Menschen nur gering ist, verhält es sich in zerstörten und artenarmen Ökosystemen genau andersherum. Hier können sich Krankheitserreger wie Viren leicht ausbreiten, wodurch das Risiko für eine Infektion stark ansteigt.

Ausbreitung von Zoonosen durch den Wildtierhandel

Der Handel mit Wildtieren bietet ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Viren. Noch immer stammen viele der gehandelten und gehaltenen Wildtiere aus der freien Natur. Auch Arten, die als Hochrisikogruppen für Zoonosen gelten wie beispielsweise Affen, Flughunde und Nagetiere, werden international als exotische Haustiere gehandelt.

Der Flughund gehört zu den Hochrisikogruppen für Zoonosen

Krankheitserreger unterscheiden dabei nicht, ob ihr Wirtstier legal oder illegal gehandelt wurde. Die unhygienischen und tierschutzwidrigen Bedingungen bei Fang, Zwischenlagerung und Transport dienen als ideale Brutstätten. Das Immunsystem der gestressten und teilweise verletzten Tiere ist stark geschwächt, das macht sie anfällig für unter anderem Viren und Bakterien.

Zusätzlich treffen im internationalen Wildtierhandel die verschiedensten Tierarten aufeinander. Tiere, die sich in der freien Wildbahn normalerweise nie begegnen würden, werden auf engstem Raum zusammengepfercht. Hier findet man afrikanische Nagetiere neben nordamerikanischen Präriehunden und asiatischen Hörnchen. Dabei entsteht die Möglichkeit, dass Krankheitserreger von einer Tierart auf eine andere übertragen werden, die sogenannte Artschranke kann also überschritten werden.   

Gesundheitsrisiko Wildtierhandel

Wildtiere, die als Heimtiere gehandelt und gehalten werden, können eine Vielzahl von Krankheiten auf Menschen übertragen. Hier sind ein paar Beispiele von Zoonosen, die in den vergangenen Jahren unter anderem durch den internationalen Handel mit Wildtieren verbreitet wurden:

Gesundheitsrisiken des internationalen Wildtierhandels: Beispiele von Zoonosen (Zeitliches Aufkommen, Zwischen-/Wirt, Ursprung)
Gesundheitsrisiken des internationalen Wildtierhandels: Beispiele von Zoonosen (Zeitliches Aufkommen, Zwischen-/Wirt, Ursprung)
  • Bornaviren: 2011 bis 2013 starben in Deutschland drei Züchter und eine Tierpflegerin. Sie hatten sich laut Friedrich-Löffler-Institut bei ihren asiatischen Schönhörnchen bzw. mittelamerikanischen Bunthörnchen mit Bornaviren infiziert und erlagen schweren Hirnhautentzündungen. Untersuchungen wiesen das Virus bei Tieren in den Niederlanden und in mindestens fünf deutschen Bundesländern nach.
  • Vogelgrippe: Seit 2003 tötete die Vogelgrippe hunderte Menschen. Das ursprüngliche Virus H5N1 kam über Zugvögel nach Europa, wurde aber auch in Geflügelzuchtbetrieben und bei importierten Papageien nachgewiesen. Seither hat die EU ein Importverbot für Wildvögel in die EU verhängt.

Wildvogel-Importverbot in die EU

Um die Ausbreitung der Vogelgrippe einzudämmen und die Landwirtschaft zu schützen, führte die EU 2005 ein temporäres Importverbot für Wildvögel ein, das 2007 in ein dauerhaftes Verbot umgewandelt wurde. Seither dürfen nur noch Tiere aus zertifizierten Zuchtstationen in die EU eingeführt werden.

Das Importverbot dämmt seither nicht nur das Gesundheitsrisiko ein, sondern hat auch den Fang von Abermillionen Wildvögeln verhindert und die Einschleppung invasiver Vogelarten deutlich verringert. Bis 2005 war die EU der Hauptimporteur für Wildvögel, nach dem Einfuhrverbot ging der weltweite Handel mit Wildvögel um bis zu 90% zurück. Der Handel mit anderen Tiergruppen ist jedoch nach wie vor weitgehend unkontrolliert. Tier- und Artenschutzorganisationen fordern, das Wildvogel-Importverbot auf alle Wildtiere auszuweiten, um Tierbestände in Herkunftsländern zu schützen und die Einschleppung von invasiven Arten und gefährlichen Krankheitserregern zu verhindern.

  • Affenpocken: 2003 erkrankten in den USA mehr als 70 Menschen an Affenpocken. Sie hatten sich bei ihren Präriehunden angesteckt, die sie als exotische Heimtiere hielten. Die Viren stammten ursprünglich von importierten Nagetieren aus Afrika, die die Präriehunde bei der gemeinsamen Haltung im Zoofachhandel infizierten. Die EU erließ daraufhin einen partiellen Importstopp für Präriehunde aus den USA und Nagern aus Afrika.
Junger Marderhund
Junger Marderhund
  • SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom): 2002 und 2003 infizierten sich in 37 Ländern mehr als 8.000 Menschen mit SARS, rund 770 davon starben. Der Erreger hatte seinen Ursprung auf einem chinesischen Tiermarkt. Das Virus stammte ursprünglich von Fledermäusen und wurde über Larvenroller und Marderhunde als Zwischenwirte auf den Menschen übertragen.
  • Salmonellose: Krankheitserreger können auch von Reptilien auf den Menschen übertragen werden, mit teils schweren Krankheitsverläufen. So starben laut Robert-Koch-Institut in Europa bereits mehrere Kleinkinder an Reptilien-assoziierten Salmonellosen. Vor allem unter schlechten Haltungsbedingungen steigt die Salmonellenausscheidung und damit auch die Gefahr einer Übertragung auf den Menschen. Bis zu 90% aller Reptilien in deutschen Haushalten sind Salmonellenträger, auch wenn die Tiere selbst keine Krankheitsanzeichen aufweisen, können sie die Erreger übertragen.

Was tun Deutschland und die EU?

Diese Beispiele machen eins deutlich: Der Wildtierhandel ist nicht nur ein Risiko für die weltweite Biodiversität und unsere heimische Artenvielfalt, sondern auch ein Risiko für die Gesundheit von Menschen, die landwirtschaftliche Tierhaltung und die Wirtschaft. Trotzdem reagieren Deutschland und die EU bisher nur punktuell und haben keine umfassenden präventiven Maßnahmen eingeführt.

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife setzt sich für ein umfassendes Wildtierimportverbot und eine Positivliste für Heimtiere ein. Wir dokumentieren Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Heimtieren, stehen im direkten Austausch mit Politiker*innen und Vertreter*innen von Halterverbänden, betreiben Aufklärungsarbeit und setzen uns auf internationalen Konferenzen für Handelsverbote bzw. -beschränkungen für bedrohte Tierarten ein.

Mehr zum Thema