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Südafrika gilt bei vielen Reisenden als Top-Destination. Einmal den König der Tiere sehen, wie er durch die unendlichen Weiten der Savanne streift – ein Safari-Traum. Doch die Realität ist eine andere: Die meisten der südafrikanischen Löwen leben nicht in Freiheit, sondern auf Löwenfarmen, wo sie für verschiedene touristische Zwecke, wie Löwenkuscheln, Spaziergänge mit Löwen (engl. Walking with lions), Trophäenjagd oder Knochenhandel gezüchtet und ausgebeutet werden. Immer wieder gibt es Bestrebungen, diese grausame Industrie zu beenden, doch konkrete Gesetzesvorhaben wurden bisher noch nicht verabschiedet.
Löwenfarmen – eine kaum regulierte Industrie
Seit Ende der 1990er Jahre hat sich in Südafrika ein neuer Industriezweig entwickelt: Löwenfarmen. Auf diesen Farmen werden Löwen und andere Raubkatzen wie Leoparden, Geparden, aber auch nicht einheimische Arten, wie asiatische Tiger, intensiv gezüchtet, unter widrigen Bedingungen gehalten und ausgebeutet. Da es keine staatliche Registrierungspflicht gibt – weder für die Farmen noch für die dort gehaltenen Tiere, sind konkrete Haltungszahlen unbekannt. Eine von der südafrikanischen Regierung initiierte Untersuchung ermittelte 342 Zuchtfarmen, die im September 2023 insgesamt 7.838 Löwen hielten. Da jedoch ständig Tiere geboren, verkauft und geschossen werden, unterliegen diese Zahlen entsprechend großen Schwankungen. Die Population wildlebender Löwen in Südafrika umfasst dagegen schätzungsweise nur 3.500 Tiere und liegt damit deutlich unterhalb der Anzahl von Löwen in Gefangenschaft.
Löwen in freier Natur
Dass in Südafrika heutzutage mehr Löwen in Gefangenschaft als in der Natur leben, verdeutlicht noch einmal, wie schlecht es um den König der Savanne steht. Trophäenjagd ist dabei eine der elementaren Bedrohungen für wildlebende Löwen. Die Annahme, Löwenfarmen und der Abschuss gezüchteter Tiere verringerten den Jagddruck auf die letzten Löwen in der Natur, trügt. Es wird damit nur die zusätzliche Nachfrage von weniger betuchten und häufig auch weniger erfahrenen Jäger*innen bedient. Auch im Bereich des Knochenhandels befeuern Löwenfarmen die Nachfrage.
Mehr zur Bedrohung wildlebender Löwen hier: „Vom Jäger zum Gejagten“
Eine Industrie – viele Probleme
Zucht & Haltung: Sowohl Zucht als auch Haltung der Tiere widerspricht allen erdenklichen Tierwohlstandards. Die Zucht ist eine auf Maximalausbeute getrimmte Reproduktionsmaschinerie, die aufgrund von Inzucht sowie Kreuzungen von unterschiedlichen Arten (z.B. Löwen mit Tigern „Liger“/“Töwe“) zu genetischer Verarmung und drastischen gesundheitlichen Auswirkungen führen. Darüber hinaus verursacht die schlechte Haltung in überfüllten Gehegen ohne Rückzugsmöglichkeiten, die willkürliche Zusammensetzung von Art- und Nicht-Artgenossen sowie inadäquate Ernährung zu weiteren physischen und psychischen Beeinträchtigungen.

Fehlende Kontrolle: Die Rechtslage variiert provinzabhängig und widerspricht teils nationalen Gesetzen. Kontrollen finden nur selten statt und Regelverstöße werden kaum geahndet. In der Untersuchung von 2023 wurden 257 Farmen begutachtet; bei 100 (38,9%) wurden Verstöße festgestellt, aber nur bei fünf Betrieben Sanktionen eingeleitet.
Kein Beitrag zum Artenschutz: Genetische Verarmung, beeinträchtigte Gesundheit und unnatürliche Sozialisation machen eine Auswilderung und damit den Beitrag zum Artenschutz unmöglich. Darüber hinaus stimuliert die Industrie die Nachfrage auf Löwenprodukte und fördert damit die Wilderei auf freilebende Löwen und schadet dem Ökotourismus, der maßgeblich zur Finanzierung des Löwenschutzes beiträgt.
Ökonomisch irrelevant: Weniger als 1% der Wirtschaftsleistung des Tourismussektors entfällt auf die Löwenzuchtindustrie, die gleichzeitig nur wenige regionale Arbeitsplätze schafft, wovon viele von ausländischen gutmeinenden Freiwilligen übernommen werden. Die Löwen sind außerdem in Privatbesitz. Der Gewinn fließt an die Züchter, nicht in die Unterstützung staatlicher Naturschutzprojekte und dient daher auch nicht der Allgemeinheit. Darüber hinaus verursachen Zuchtindustrie und Gatterjagd einen Imageschaden, der Auswirkungen auf die gesamte südafrikanische Tourismusbranche haben könnte.
Ein Löwen-Leben voller Ausbeutung
Erst streicheln…
Ahnungslose Tourist*innen bezahlen Farmen und Freiwilligenagenturen viel Geld dafür, um als Volunteer Raubkatzenbays auf Löwenfarmen mit der Flasche aufzuziehen, die dann gleichzeitig Tourist*innen zum Kuscheln und für Fotos angeboten werden. Dass sie damit eine grausame Industrie unterstützen, ist oft weder den Ehrenamtlichen noch den Tourist*innen bewusst. Häufig behaupten die Farmbesitzer*innen, dass die Jungtiere verstoßen wurden und ohne menschliche Fürsorge nicht überleben würden. In Wirklichkeit werden sie jedoch ihren Müttern kurz nach der Geburt weggenommen, damit diese möglichst schnell wieder Junge bekommen können.

…dann spazieren
Wenn der Löwennachwuchs aus der Niedlichkeitsphase rausgewachsen und langsam zu gefährlich zum Kuscheln ist, werden die Halbstarken für Spaziergänge mit Tourist*innen vermarktet. Die von einem Guide begleiteten sogenannten „Lion Walks“ werden gern als Bildungsveranstaltung verkauft, die angeblich Einblicke in das reale Leben eines Löwen geben.
…schließlich schießen
Sobald die Löwen vier bis sechs Jahre alt sind, werden sie zum Abschuss freigegeben. Denn für den Tuchfühlungs-Tourismus eignen sie sich jetzt nicht mehr. Die Zuchtfarmen verkaufen die Tiere daher an Jagdfarmen weiter. Dort bezahlen Trophäenjäger*innen mehrere tausend Euro, um einen Löwen in der sogenannten Gatterjagd (engl. Canned Hunting) zu jagen und als Trophäe mit nach Hause zu nehmen. Dabei werden die Löwen in umzäunte Gehege gebracht – ohne eine Chance zu entkommen. Die Tiere, die zuvor Jahre lang in der Tourismusindustrie missbraucht wurden, haben die Scheu vor dem Menschen längst verloren und fliehen daher häufig nicht einmal mehr vor den Jäger*innen. Darüber hinaus benötigen diese weder Jagdschein noch jagdliche Vorerfahrung, sondern nur das nötige Kleingeld für die Trophäengebühr, Präparation und Transport der Trophäe.

Die Nachfrage nach der Gatterjagd boomt, denn hier können Trophäenjäger*innen verhältnismäßig schnell, mit geringem Aufwand und deutlich günstiger als in der freien Natur an eine Löwentrophäe gelangen. Zwischenzeitlich stammen die allermeisten der in Südafrika von Großwildjäger*innen geschossenen Tiere aus Zuchtfarmen. Zwischen 1994 und 2023 wurden global mehr als 6.800 Trophäenartikel von Zuchtlöwen importiert. Seit die USA die Einfuhr dieser Trophäen 2016 bis 2018 verboten, bzw. seitdem stark eingeschränkt hat, ist die EU der Hauptimporteur. Auch Deutschland erlaubt regelmäßig die Einfuhr dieser Trophäen.

… und letztendlich ausschlachten
Doch mit dem Tod ist die industrialisierte Ausbeutung der Löwen noch immer nicht beendet: Während die Trophäenjäger*innen in der Regel Schädel und Fell des Tieres als Statussymbol mit nach Hause nehmen, wird der Körper weiter ausgeschlachtet und vermarktet: Löwenknochen finden seit 2008 zunehmend Absatz in der Traditionellen Asiatischen Medizin und dienen als Ersatzprodukt für die im Handel verbotenen Tigerknochen zur Herstellung von Tigerwein (tiger bone wine). Allein zwischen 2008 und 2015 wurden mehr als 6.000 Löwenskelette von Afrika nach Asien exportiert. 2017 legte die südafrikanische Regierung sogar eine offizielle Exportquote von 800 Zuchtlöwen-Skeletten pro Jahr fest.
Zuchtfarmen befeuern damit die Nachfrage nach vermeintlichen Wunderheilmitteln in Asien und tragen zur Bedrohung der Großkatzen bei: Der legale Handel führt zu Wilderei, da Knochen von gewilderten Großkatzen in den legalen Handel eingeschleust werden können. 2020 hat Südafrika endlich reagiert und ein Exportverbot für Löwenknochen erlassen, um Handel und Wilderei einzudämmen. Beschlagnahmungen zeigen allerdings, dass die angefachte Nachfrage schwer einzudämmen ist. 2021 wurden allein in Vietnam über 3,1 Tonnen Löwenknochen beschlagnahmt.

Handel mit lebenden Löwen
Südafrikanische Zuchtfarmen züchten Löwen nicht nur für den eigenen Tourismus. Die Tiere werden auch an Zoos, Zirkusse oder andere kommerzielle Einrichtungen in der ganzen Welt verkauft. Zwischen 2011 und 2020 gelangten so mindestens 638 Löwen ins Ausland. Knapp 400 dieser Löwen landeten in China, Thailand und Vietnam. Die Länder sind bekannte Umschlagplätze für den legalen und illegalen Handel mit Großkatzenknochen und betreiben selbst Zuchtfarmen für diese Tiere. So liegt nahe, dass ein nicht unerheblicher Teil der exportierten Löwen zur Aufstockung dieser Zuchtfarmen und damit zur Knochenproduktion für die Traditionelle Asiatische Medizin dient.
Kommt das Aus für Südafrikas Löwenfarmen?
Im Mai 2021 kündigte die damalige südafrikanische Umweltministerin Barbara Creecy an, dass sie die Zucht und Ausbeutung von Löwen für Jagd und Handel endlich beenden will. Allerdings wurden bisher nur freiwillige Exitstrategien erarbeitet, die bisher aber kaum umgesetzt wurden. Creecys Nachfolger Dion George verkündete dann im Sommer 2025 eine Lion Prohibition Notice („Löwenverbotsverfügung“), die zumindestdie Gründung neuer Zuchtanlagen verbietet– an der Freiwilligkeit des Ausstiegs bestehender Betriebeändert sich jedoch nichts. Dieser Vorschlag sowie die grundsätzlichen Ausstiegsbestrebungen des Umweltministers stießen auf wenig Gegenliebe der Zuchtindustrie, deren Lobbyverband bereits Klagen ankündigte. Allerdings wurde George im November 2025 durch einen zucht- und jagdindustrienahen Nachfolger, Willie Aucamp, ersetzt. Damit sind in dieser Legislatur kaum Verbesserung für Südafrikas Zuchtlöwen zu erwarten.
Umso wichtiger, dass Deutschland die Einfuhr von Zuchtlöwen-Trophäen verbietet und die Vermarktung von Gatterjagdangeboten auf Messen und im Internet unterbindet. Doch auch Südafrika-Reisende können etwas tun, in dem sie keine Angebote mit Löwen in Gefangenschaft buchen, sondern Erlebnisse wählen, bei denen sie Löwen in der Natur beobachten können.
Das tut Pro Wildlife
Pro Wildlife dokumentiert die Missstände in der Zucht, Jagd und Vermarktung von Löwen. Wir setzen uns für eine Schließung der Zuchtfarmen und ein Ende von Handel und Jagd ein. Denn die Bestände wilder Löwen sind in 21 Jahren um 43 Prozent zurückgegangen. Bei internationalen Artenschutzkonferenzen hat sich Pro Wildlife mit Erfolg dafür eingesetzt, den Handel mit Löwen zu beschränken und sie durch das Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wildlebender Tierarten (CMS) zu schützen. Zusätzlich informiert Pro Wildlife Reisende und Reiseveranstalter über die Tier- und Artenschutzprobleme im Wildtiertourismus und gibt Tipps, worauf Sie im Urlaub achten sollten.