Trophäenjagd auf bedrohte Arten

Großwildjagd: Reisen um zu töten

Trophäenjagd auf bedrohte Arten

Jagdskandale, wie der Abschuss der letzten verbliebenen Elefantenbullen mit großen Stoßzähnen in Tansania und Botsuana, die Tötung eines der größten Braunbären Europas durch den Prinz von Liechtenstein, oder die Bogenjagd eines amerikanischen Zahnarztes auf den berühmten Löwen Cecil in Simbabwe empören die Weltöffentlichkeit. Doch sie sind bei weitem kein Einzelfall. Allein in Afrika gehen jedes Jahr mehr als 18.000 Ausländer auf Trophäenjagd und töten dabei mehr als 120.000 Wildtiere. Elefanten, Leoparden, Löwen, Geparde, Nashörner, Eisbären, Braunbären, Flusspferde, Affen und Wölfe gehören zu den bedrohten und geschützten Tierarten, deren Trophäen ganz legal nach Deutschland importiert werden.

Nach den US-Amerikaner*innen sind deutsche Jäger*innen Spitzenreiter bei der Jagd auf gefährdete und geschützte Arten. Jedes Jahr töten Deutsche mehrere Hundert Tiere geschützter Arten und importieren anschließend deren „Trophäen“ – ganz legal und mit Genehmigung der zuständigen Behörden. Allein in den Jahren 2016 bis 2023 wurden Trophäen von 4.904 Tieren international geschützter Arten nach Deutschland eingeführt, darunter mehr als 1.000 Affen, 224 Schwarzbären, 171 Leoparden, 168 Flusspferde, 155 Braunbären, 147 Giraffen, 166 Elefanten, 137 Löwen, 86 Wölfe, 58 Geparde, 21 Nashörner und 7 Eisbären. Und obwohl das Bundesumweltministerium seit 2021 ankündigt, die Trophäenimporte reduzieren bzw. im Einzelfall sogar verbieten zu wollen, ist das Gegenteil der Fall: Von 2021 bis 2023 stiegen die Einfuhren um über 30% an.

Schnäppchenjagd auf Europas größter Jagdmesse

Den Abschuss bedrohter Arten bieten in Deutschland Dutzende auf Jagdreisen spezialisierte Reiseveranstalter an. Eldorado der Branche ist die alljährlich in Dortmund stattfindende Jagdmesse „Jagd & Hund“: Auf Fotowänden und in Katalogen sieht man stolze Jäger*innen, die hinter erlegten Löwen posieren, denen das Blut aus dem Mund trieft oder zwischen den Stoßzähnen eines Elefanten. Auf den wie Menükarten ausliegenden Preislisten können sich Interessenten ihre Trophäenauswahl nach Wunsch zusammenstellen.

Angebote auf der Jagdmesse in Dortmund, 2024
Angebote auf der Jagdmesse in Dortmund, 2024

Je seltener die Art und je größer Hörner, Mähnen, Felle und Stoßzähne der getöteten Tiere, umso höher ist der Preis für den Abschuss und umso höher der Statusgewinn für den Erlegenden. Jagdverbände wie der Safari Club International (SCI) und der Internationale Rat zur Erhaltung der Jagd und des Wildes (CIC) führen Rekordbücher und vergeben Medaillen an die Erleger*innen der „kapitalsten“ Trophäen. Mit Rabatt-Angeboten und All-Inclusive Jagdpaketen bieten Jagdmessen auch Angebote für Schnäppchenjäger: Ein Affe kann z.B. für 50 € getötet werden, Giraffen und Zebras ab 950 €, Löwen die in Gefangenschaft gezüchtet und in Gattern gejagt werden kosten zwischen 4.000 € und 12.000 €. Der Abschuss eines vom Aussterben bedrohten Waldelefanten in Kamerun ist bereits ab 5.000 € zu haben, ein Savannenelefant ab 15.300 €, ein Breitmaulnashorn ab 24.000 €. Zum Schnäppchenpreis gibt es auch den Abschuss von Geparden für 4.000 €, obwohl es weltweit weniger als 6.600 Tiere gibt.

Immer mehr Länder verbieten Trophäen-Einfuhr

Bärentrophäe Jagdmesse Dortmund 2024
Bärentrophäe auf Jagdmesse in Dortmund 2024

Pro Wildlife kämpft für ein Trophäen-Einfuhrverbot nach Deutschland und Europa. In immer mehr europäischen Ländern wird dies Realität: Frankreich stoppte 2015 als erstes europäisches Land die Einfuhr von Löwentrophäen, ein weitreichendes Importverbot ist derzeit in Vorbereitung. In den Niederlanden wurde 2016 ein Einfuhrstopp für Trophäen aller bedrohten, genehmigungspflichtigen Arten erlassen, in Finnland 2023, in Belgien stimmte das Parlament im Januar 2024 einstimmig für ein entsprechendes Gesetz. In Großbritannien stimmte das Unterhaus 2023 für ein Einfuhrverbot, das bislang allerdings vom Oberhaus blockiert wird. Auch in weiteren europäischen Ländern werden entsprechende Gesetze diskutiert. Das Europäische Parlament forderte 2022 in einer Resolution, die Einfuhr von Jagdtrophäen aller geschützten Arten EU-weit zu verbieten.

Zudem untersagen immer mehr Unternehmen, darunter eBay, Airlines und Luftfrachtgesellschaften den Verkauf bzw. den Transport von Trophäen.

Meinungsumfragen zeigen, dass 89 % der Befragten in Deutschland die Einfuhr von Jagdtrophäen ablehnen. Auch in Südafrika, dem größten Exporteur von Jagdtrophäen in Afrika, lehnt die Mehrheit die Trophäenjagd ab, Umfragen zufolge befürworten nur noch 16 % der befragten Südafrikaner*innen dieses blutige Hobby.

+++ Unterzeichnen Sie unsere Petition gegen Trophäenimporte nach Deutschland auf change.org +++

Trophäenjagd: Eine Gefahr für bedrohte Arten

Trophäenjäger*innen haben es oft auf seltene Arten abgesehen – und hier ausgerechnet auf die stärksten, erfahrensten und für die Arterhaltung wichtigsten Tiere. Diese widernatürliche Auslese kann fatale Auswirkungen für das Überleben einer Art haben.

Wissenschaftliche Berichte belegen, wie die unnatürliche Selektion durch die Trophäenjagd die genetische Gesundheit der Population schwächt, die Alters- und Geschlechterverhältnisse verändert und die Fortpflanzungsraten verringert.

Bei Elefanten beispielsweise steigt der Fortpflanzungserfolg der männlichen Tiere mit dem Alter. Genau diese Elefantenbullen sind aber bei Trophäenjäger*innen wegen ihrer großen Stoßzähne besonders begehrt. 800 Afrikanische Savannen-Elefanten werden schätzungsweise jedes Jahr von Trophäenjägern getötet – und das obwohl die stark gefährdeten Bestände in nur acht Jahren um etwa ein Drittel dezimiert wurden.

Bei Löwen hat die Trophäenjagd wissenschaftlichen Veröffentlichungen zufolge in verschiedenen afrikanischen Ländern zum Rückgang der Löwenbestände beigetragen. Die bei Jägern begehrten Mähnenlöwen sind in der Regel Chef eines Rudels. Werden sie erlegt, übernimmt ein jüngeres Männchen das Rudel und tötet alle vom Vorgänger gezeugten Jungtiere, mit fatalen Auswirkungen auf die Bestände. Auch bei anderen bejagten Arten, wie z.B. Leoparden, Bären und Affen ist dieser sogenannte „Infantizid“ dokumentiert, wenn neue Männchen ein Revier oder die Rudelführung übernehmen.

In Namibia, einem der beliebtesten Ziele deutscher Jäger, gibt die Regierung sogar einige der letzten ausgewachsenen Bullen von Populationen der Wüstenelefanten und Wüstenlöwen für die Trophäenjagd frei und nimmt damit deren Auslöschung in Kauf.

Feuer frei auf Elefant, Nashorn, Braunbär, Eisbär, Leopard & Co.

Quer durch die Rote Liste gefährdeter Arten gestatten manche Länder Jagdgästen aus dem Ausland gegen entsprechende Bezahlung den Abschuss von Tieren. Sogar vor Arten, die durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen streng geschützt sind, macht die Jagdlust nicht halt: Die Einfuhr von Jagdtrophäen ist von Aus- und Einfuhrverboten häufig ausgenommen und mit Genehmigung legal. Laut EU-Gesetzgebung dürfen die EU Mitgliedsstaaten die Einfuhr geschützter Arten allerdings nur genehmigen, wenn die Jagd „nachhaltig“ und legal ist – bei streng geschützten Arten (wie z.B. Leoparden, Geparden, Elefanten) muss sie sogar einen nachweislichen Beitrag zum Schutz dieser Arten liefern.

In der Praxis fehlen solche Nachweise. Der massive Rückgang vieler bejagter Wildtierbestände steht im krassen Widerspruch zu diesen Forderungen. Trotzdem werden in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern weiterhin Einfuhrgenehmigungen für Jagdtrophäen aus Ländern erteilt, in denen die negativen Effekte der Jagd klar belegt sind und in denen Korruption und Missmanagement herrschen. Nur für wenige besonders eklatante Fälle haben die EU-Behörden bisher Einfuhrverbote verhängt.

Auch Europäisches Recht wie die EU Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie, die Tötungsverbote für einheimische Arten wie Braunbär und Wolf vorsieht, wird von einigen EU-Ländern umgangen, indem Individuen zu angeblichen „Problem-Tieren“ deklariert werden und Jäger*innen sie gegen entsprechende Bezahlung abschießen und ihre Trophäe ausführen dürfen.

Trophäenjagd auf Eisbären: Eisbärenfelle © Paul Shoul
Eisbärenfelle © Paul Shoul

Trophäenjagd verstößt gegen Tierschutzgesetz

Die Trophäenjagd ist nicht nur aus Artenschutzsicht ein Problem, der Abschuss von Tieren aus reiner Gier nach Statussymbolen ist zudem ethisch nicht vertretbar und verstößt gegen das deutsche Tierschutzgesetz, das Töten von Tieren ohne „vernünftigen Grund“ untersagt. Die Einfuhr solcher Trophäen aus dem Ausland wird dennoch weiterhin genehmigt. Zudem kommen im Ausland häufig tierschutzwidrige Methoden zum Einsatz, die hierzulande verboten sind, wie z.B. der Abschuss von in Gefangenschaft geborenen Tieren in Jagdgattern („canned hunting“), die Jagd mit Pfeil und Bogen oder Handfeuerwaffen, das Hetzen mit Hunden, das Anködern von Raubtieren mit Beutetieren und das gezielte Herauslocken von Trophäentieren aus Schutzgebieten.

Greenwashing statt Armutsbekämpfung

Großwildjäger*innen stellen sich selbst gerne als Wohltäter*innen dar und versuchen, ihr fragwürdiges Hobby als Beitrag zum Artenschutz und zur Armutsbekämpfung zu rechtfertigen. Immerhin kann eine Jagdreise inklusive Verpflegung und Unterbringung, Begleitung durch eine*n Profijäger*in und Abschuss von Elefant, Löwe oder Eisbär zehntausende Euro kosten. Glaubt man der Jagdlobby, dann sind diese Devisen eine lukrative Einnahmequelle für die einheimische Bevölkerung, die im Gegenzug dafür sorgen soll, dass Wildtiere und deren Lebensräume erhalten bleiben.

Doch verschiedene Studien entlarven die Argumentation als Greenwashing: Von der Trophäenjagd profitieren vor allem ausländische Jagdreiseveranstalter und Großgrundbesitzer, die oft verarmte Bevölkerung vor Ort erhält laut einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) bestenfalls einen „Hungerlohn“: Demnach erhielt die lokale Bevölkerung im Durchschnitt jährlich nur 0,3 US Dollar pro Person aus dem Jagdtourismus, sofern sie überhaupt beteiligt wurde. Denn gerade in den beliebtestene Jagdländern Namibia und Südafrika findet der Großteil der Jagd auf privatem, umzäunten Farmland im Besitz von Großgrundbesitzern mit europäischen Wurzeln statt – hier profitiert weder die Staatskasse noch die arme Bevölkerung. Vielmehr wird diese als Feigenblatt missbraucht, um die Trophäenjagd gesellschaftsfähig zu machen.

Ein Beispiel, das von Jagdlobbyisten gerne bemüht wird, ist Namibia: In sog. Gemeindejagdgebieten soll die lokale Bevölkerung an Abschussgebühren beteiligt werden. Allerdings belegen im Auftrag der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erhobene Zahlen, dass der Großteil der Jagden auf privaten Jagdfarmen stattfindet.

Trophäenjagd in Namibia: Wer profitiert wirklich?
Trophäenjagd in Namibia: Wer profitiert wirklich?

Zahlreiche Berichte dokumentieren zudem, dass in Ländern wie Namibia, Sambia, Simbabwe und Tansania versprochene Gelder aus der Jagd nicht bei der Bevölkerung ankommen, sondern von korrupten Beamten oder lokalen Eliten einbehalten werden.

„Die Erträge für die lokale Bevölkerung sind, selbst wenn sie durch Gemeinschaftsprojekte verwaltet werden, unbedeutend und können sie nicht dazu veranlassen, ihr Verhalten in Bezug auf Wilderei und landwirtschaftliche Eingriffe zu ändern.“

(IUCN/PACO Studie 2009)

Ökonomische Bedeutungslosigkeit

Ökonomische Analysen kommen zu dem Schluss, dass Einnahmen aus der Jagd nicht mit anderen Wirtschaftszweigen (wie der Landwirtschaft) konkurrieren können und damit keinen ausreichenden finanziellen Anreiz für die Menschen vor Ort bieten, Wildtiere und ihre Lebensräume zu erhalten. Entsprechend verwundert es nicht, dass die Wilderei auch in vielen Jagdgebieten weiterhin massiv grassiert. Zum Staatshaushalt trägt die Großwildjagd laut IUCN-Bericht lächerliche 0,006 Prozent bei und kann damit keinen Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Menschen vor Ort leisten.

Auch das Argument, die Jagd würde Arbeitsplätze schaffen, zieht nicht: Gerade einmal 15.000 Teilzeit-Arbeitsplätze schafft die Jagd laut IUCN-Bericht in den acht wichtigsten afrikanischen Jagdländern – bei einer Gesamtbevölkerung von 140 Mio. Menschen. 

Der Fototourismus hingegen erwirtschaftet Milliardenbeträge und schafft ein Vielfaches an Arbeitsplätzen.

Anteil Fototourismus versus Jagdtourismus am Brutto-Inlandsprodukt der acht bedeutendsten afrikanischen Trophäenjagdländer
Anteil Fototourismus versus Jagdtourismus am Brutto-Inlandsprodukt der acht bedeutendsten afrikanischen Trophäenjagdländer

Kenia hingegen hat die Jagd verboten und verdient jährlich 1 Milliarde US Dollar am Fototourismus – 30 Millionen US Dollar würde die Trophäenjagd einbringen, wenn sie erlaubt wäre. Und in Botswanas Okavango Delta schafft der Fototourismus 39-mal mehr Jobs als die Großwildjagd.

Fotosafari: Tiere sind lebend viel mehr wert
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Korruption und Missmanagement

Wie viele Tiere Großwildjäger*innen abschießen dürfen, entbehrt häufig jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Vielmehr sind die Jagdquoten für die Großwildjagd oft Resultat handfester finanzieller Interessen, also der Nachfrage durch Trophäenjäger*innen. Während z.B. die Löwen- und Elefantenbestände in Afrika stark zurück gegangen sind, hat der Abschuss durch Trophäenjäger*innen enorm zugenommen. Aus vielen Jagdreiseländern wird zudem von der erheblichen Korruption im Jagdsektor berichtet, eine Folge notorisch schlechter Kontrollen und lukrativer Gewinnspannen für die Jagdindustrie. Regelmäßig bereichern sich Jagdveranstalter, Behörden und Politiker: Sei es bei der Vergabe von Konzessionen für Jagdgebiete, bei der Festsetzung und Nicht-Einhaltung von Jagdquoten oder Altersgrenzen, bei der Einbehaltung von Gewinnen aus der Jagd, wenn Schutzvorschriften nicht eingehalten oder Trophäen in den illegalen Handel mit Tierprodukten eingeschleust werden.

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife setzt sich in Deutschland und EU-weit für ein Verbot der Einfuhr von Jagdtrophäen geschützter Arten ein. Zudem fordern wir, Angebote von Jagdreisen auf Messen und im Internet zu verbieten. Auf internationalen Konferenzen setzt sich Pro Wildlife für einen strengen Schutz bedrohter Arten und Handelsverbote ein. Wir dokumentieren die Missstände und Gefahren der Trophäenjagd – und wie die Jagdlobby durch Propaganda versucht, ihr lukratives Geschäft am Leben zu erhalten.

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