Tag des Artenschutzes: Ausverkauf der Natur geht ungebremst weiter

Pro Wildlife: Deutschland und EU tragen zentrale Verantwortung

München, 1. März 2022. Zum Internationalen Tag des Artenschutzes am 3. März warnt die Tier- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife vor dem unkontrollierten Handel mit Wildtieren und den fatalen Folgen für die Artenvielfalt. Auch der legale Wildtierhandel bringt immer mehr Arten an den Rand der Ausrottung. „Als wichtige Absatzmärkte tragen Deutschland und die EU dabei eine zentrale Verantwortung“ betont Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife. Die Organisation fordert einen Einfuhrstopp für Wildfänge (also Tiere, die der Natur entnommen wurden) sowie für Jagdtrophäen bedrohter Arten.

Der Internationale Tag des Artenschutzes erinnert an die Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (engl. CITES) am 3. März 1973, das bedrohte Tiere und Pflanzen schützen soll, die durch internationalen Handel gefährdet sind. Doch nur ein Bruchteil der gehandelten Arten ist überhaupt durch CITES geschützt. „Der Großteil des internationalen Handels wird weder erfasst noch reguliert,“ erläutert die Pro Wildlife-Sprecherin. „Die CITES-Regulierungen hinken den Handelstrends enorm hinterher, denn die Beweispflicht der Bedrohung einer Art durch den Handel liegt bislang immer auf der Seite des Artenschutzes.“

Die 1992 ins Leben gerufene Biodiversitätskonvention (CBD) nennt die nachhaltige Nutzung biologischer Ressourcen als eine Option, um die biologische Vielfalt zu retten. „Seitdem ist `nachhaltige Nutzung´ das Mantra bei allen, die von der Plünderung der Natur profitieren. Dass diese Plünderung eine der größten Bedrohungsfaktoren für die Biodiversität ist und bereits unzählige Arten an den Rand der Ausrottung gebracht hat, wird hierbei völlig ignoriert“, kritisiert die Biologin Altherr. „In der Praxis gibt es jedoch für die allerwenigsten Arten überhaupt genug Informationen, die eine nachhaltige Entnahme sicherstellen könnten. Im Gegenteil: Es wird geschossen und gefangen, bis die Bestände kollabieren – und erst dann, wenn überhaupt, mit Gegenmaßnahmen reagiert.“

Heimtierhandel: Aus der Natur ins Wohnzimmer

Eine Studie zum Heimtierhandel, die Pro Wildlife im Auftrag der Bundesregierung durchgeführt hat, zeigt, dass Dreiviertel der mehr als 2.000 hierzulande angebotenen Reptilien, Amphibien und Säugetiere nicht dem Weltartenschutzabkommen CITES unterliegen. Zudem sind im Schnitt fast 40 Prozent der hierzulande als „Heimtiere“ gehandelten Reptilien-, Amphibien- und Säugerarten laut der globalen Roten Liste bedroht.

Trophäenjagd: Bedroht und ausgestopft

Ein weiteres Beispiel für die Plünderung dezimierter Tierbestände ist die Trophäenjagd auf bedrohte und geschützte Tierarten: Trophäen von 7.528 Löwen, 7.009 Leoparden und 2.407 Elefanten haben ausländische Trophäenjäger in zehn Jahren (2010-2019) weltweit eingeführt. Gleichzeitig sind die Bestände all dieser Arten stark rückläufig: Bei Löwen nahmen sie um 43 % in 20 Jahren ab, bei Leoparden um mehr als 30% in 22 Jahren und bei Afrikanischen Savannenelefanten um mehr als 60 % in 50 Jahren. Deutsche sind nach den US-Amerikanern Spitzenreiter bei der Großwildjagd auf bedrohte Arten.

Leere Meere: Die Plünderung der Ozeane

Die Fischereiflotte der EU zählt zu den größten der Welt. Gefördert von Subventionen in Millionenhöhe werden die Fangkapazitäten selbst auf bedrohte und stark überfischte Bestände immer weiter ausgebaut. Der globale Konsum von Fisch und Meeresfrüchten hat fatale Folgen für ganze Ökosysteme. Ausgerechnet die unselektive Schleppnetzfischerei, die Meeresböden umpflügt und für einen Beifang von 4,2 Millionen Tonnen jährlich verantwortlich ist, ist eine der häufigsten Fischereipraktiken der EU-Flotte.


Der Weltbiodiversitätsrat IPBES nennt direkte Ausbeutung, neben der Landnutzung, als eine der beiden größten Gefahren für die globale Artenvielfalt – noch vor Klimakrise und Verschmutzung. „Die Lage ist eindeutig: Der Handel mit Wildtieren, ob zu Lande oder aus dem Meer, muss endlich drastisch eingeschränkt werden, wenn wir die Artenvielfalt nicht weiter eklatant gefährden wollen“, so Altherr abschließend.

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