Studie: Wildtierhandel in der EU ist eine Bedrohung für die Artenvielfalt

Erstmals umfassende Daten zu Umfang und Gefahren des Handels mit exotischen Haustieren

München, 31. März 2020. Eine jetzt veröffentlichte zweijährige Studie von Pro Wildlife im Auftrag der Bundesregierung „Strategien zur Reduktion der Nachfrage nach als Heimtiere gehaltenen Reptilien, Amphibien und kleinen Säugetieren“ bestätigt, dass der Handel mit Wildtieren mit zum Artensterben beiträgt: „Wir haben mehr als 2.000 verschiedene Arten im Handel nachgewiesen. Dreiviertel von ihnen unterliegen in der EU bislang keinerlei Schutzbestimmungen. Selbst stark bedrohte Arten oder solche, die in ihrem Ursprungsland geschützt sind, können ungehindert in die EU importiert und hier gehandelt werden“, berichtet Projektleiterin Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife. Die Studie enthält einen umfassenden Empfehlungskatalog an die Bundesregierung, um die Nachfrage nach exotischen Heimtieren, insbesondere nach Wildfängen, zu reduzieren, und den Handel strenger zu regeln.

Im Auftrag von Bundesumweltministerium und Bundesamt für Naturschutz hat Pro Wildlife von September 2017 bis August 2019 Umfang und Folgen des Handels mit Reptilien, Amphibien und Säugetieren für den Heimtiermarkt untersucht, Strategien zur Reduzierung der Nachfrage entwickelt und Empfehlungen für strengere Regelungen gemacht. Die Studie ist Teil des nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels. Wichtige Ergebnisse der Studie sind:

  • Das Internet ist der bedeutendste Vertriebsweg. Auf den relevantesten Online-Plattformen und Facebook-Gruppen wurden in sechs Monaten mehr als 100.000 Individuen angeboten.
  • Im deutschen Heimtierhandel wird ein großes und sich ständig wechselndes Artenspektrum angeboten: In zwölf Monaten wurden im Internet, auf Tierbörsen und in Zoogeschäften mehr als 2.000 verschiedene Arten ermittelt.
  • Für 75 Prozent der angebotenen Arten gelten keinerlei internationale Schutzbestimmungen und damit auch keinerlei Handelskontrollen.
  • Sogar Tiere, die stark bedroht sind bzw. in ihrem Heimatland nicht eingefangen oder exportiert werden dürfen, sind in Europa frei erhältlich und können straffrei verkauft werden.
  • Bei 73 Prozent der angebotenen Arten handelte es sich um Reptilien, das angebotene Artenspektrum ist wesentlich größer als in der Vergangenheit.
  • Mehr als 200 der gehandelten Arten wurden einer Risiko-Analyse unterzogen, der Schwerpunkt lag hierbei auf bislang ungeschützten Arten. Für 25 dieser Arten ergab sich ein sehr hohes, für 76 ein hohes und für 65 Arten ein mittleres Risiko.
  • Der Heimtierhandel spielt zudem eine Rolle bei der Einschleppung invasiver Arten und der Verbreitung von Krankheitserregern, die für Menschen, Nutztiere sowie einheimische Wildtiere gefährlich sein können.
  • Bei Händlern und Haltern gibt es wenig Bewusstsein für die mit dem Wildtierhandel verbundenen Probleme. Informationen für den Käufer zu Bedrohung, Schutzstatus oder Herkunft der Tiere fehlen häufig oder sind unzureichend.

Die Studie sieht dringenden Handlungsbedarf seitens der Bundesregierung, aber auch des Handels und der Halterverbände, um die Nachfrage nach exotischen Heimtieren zu reduzieren. Die dokumentierte große Dynamik des Heimtierhandels mit immer neuen Trends und einem großen Umfang angebotener Arten unterstreicht die Notwendigkeit für einen vorsorglichen Ansatz im Artenschutz. „Informationskampagnen alleine werden nicht ausreichen, um die Nachfrage nach immer neuen Arten zu senken. Auf freiwillige Maßnahmen des Handels zu hoffen, ist ebenfalls keine Option. Es braucht dringend strengere Gesetze, damit die Artenvielfalt nicht weiter geplündert wird,“ so die Pro Wildlife Sprecherin abschließend.

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