Posse um 20.000 Elefanten aus Botswana für Deutschland

Eine Einordnung von Dr. Mona Schweizer

Posse um 20.000 Elefanten aus Botswana für Deutschland

Aktuell beherrschen Aussagen von Botswanas Präsident Masisi die Schlagzeilen: Mit einem angeblich geplanten Einfuhrverbot von Jagdtrophäen bedrohter und geschützter Arten fördere Deutschland Armut und Wilderei in Botswana und schade dem Land. Er spricht davon, dass Deutschland 20.000 Elefanten aufnehmen solle, um Botswana von seiner angeblichen Überpopulation zu entlasten. Um diese skurrile Forderung in einen sachlichen Kontext zu setzen, hier Hintergründe zum Thema:

1. Deutschland ist kein relevantes Importland für Trophäen aus Botswana

Auch wenn Deutschland der zweitgrößte Importeur von Jagdtrophäen bedrohter und geschützter Arten weltweit ist, so stammen diese Trophäen äußerst selten aus Botswana. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) registrierte seit 2019 gerade einmal 22 Einfuhrvorgänge von Jagdtrophäen aus Botswana (Stand 15.12.2023). Somit ist der Export von Jagdtrophäen geschützter Arten nach Deutschland kein relevanter Wirtschaftsfaktor für Botswana und ein mögliches Importverbot für diese Trophäen würde Botswana kaum tangieren.

2. Trophäenjagd ist keine Armutsbekämpfung

Gewinne aus der Trophäenjagd erreichen selten die lokale Bevölkerung vor Ort. Es profitieren vor allem die Jagdreiseanbieter, Jagdfarmbesitzer*innen und lokale Eliten. Auch in Botswana gibt es immer wieder Berichte über die ausbleibenden finanziellen Benefits für die Gemeinden, unlautere Geschäftspraktiken und die Verwicklung reicher Geschäftsleute und Investoren mit der Politik auch im Bereich der Trophäenjagd. Darüber hinaus ist Foto-Tourismus der wesentlich relevantere Wirtschaftszweig, der erheblich mehr Einnahmen generiert und deutlich mehr Arbeitsplätze in den Gemeinden schafft.

3. Kein Anstieg des Elefantenbestands in Botswana

Botswanas Präsident behauptet, es gäbe eine Überpopulation an Elefanten. Seine Regierung hatte mit der Begründung, die Population sei angestiegen, 2019 ein 5-jähriges Jagdmoratorium aufgehoben und die Jagdquote seither von 72 auf 400 Elefanten erhöht. Dies wurde unter anderem mit einem angeblichen Bestandswachstum von 6 % pro Jahr gerechtfertigt. Eine im April 2024 veröffentlichte Studie belegt hingegen, dass Botswanas Elefantenbestand seit 2010 nicht gewachsen ist und konstant bei etwa 130.000 Tieren liegt. Gleichzeitig ist die Sterblichkeit deutlich gestiegen. Die Ursachen hierfür sind nicht abschließend geklärt, allerdings liefert die Studie Hinweise auf ein Erstarken der Elfenbein-Wilderei. Dürre und Krankheitserreger sind weitere Bedrohungsfaktoren.

Der Vergleich der Bestandszahlen hat zudem ergeben, dass der Elefantenbestand zwischen 2018 und 2022 in Schutzgebieten um 28 % zunahm, während er in bejagten Gebieten um 25 % sank. Die Wissenschaftler stellen deshalb die Nachhaltigkeit der Trophäenjagd in Frage, zumal die zur Jagd freigegebenen großen Elefantenbullen ein sehr kleines Segment der Gesamtpopulation ausmachen.

4. Elefanten sind bedroht

Während um 1900 noch schätzungsweise 10 Millionen Elefanten den afrikanischen Kontinent bevölkerten, waren es 1979 gerade einmal 1,3 Millionen. Die letzte umfassende Bestandsaufnahme geht von nur noch 415.000 Elefanten in Afrika aus. Allein in den 36 Jahren von 1979 bis 2015 bedeutete dies einen Einbruch von ca. 60 %. Daher wird der Afrikanische Savannen-Elefant auf der internationalen Roten Liste als stark gefährdet eingestuft, der Waldelefant als vom Aussterben bedroht. Beide Arten haben weiterhin abnehmende Populationstrends. Der Rückgang der Elefantenpopulation war auch einer der Gründe, weshalb der frühere Präsident Ian Khama ein Trophäenjagdverbot verhängte, das von 2014 bis zum Ende seiner Amtszeit 2019 galt. Botswana beherbergt zwar die größte Elefantenpopulation Afrikas und ist Teil von KAZA, einem großen grenzübergreifenden Schutzgebiet, mit dem Ziel den Lebensraum der Elefanten in fünf Ländern zu erhalten und grenzüberschreitende Wanderungen zu ermöglichen. Im Widerspruch hierzu steht, dass Elefanten mittlerweile sogar in den Wanderkorridoren zwischen Botswana und seinen Nachbarländern bejagt werden dürfen. Zudem stellen Lebensraumverlust, zunehmende Dürren und Wilderei weitere Bedrohungsfaktoren dar. Um ein Abwandern von Tieren in Gebiete mit geringer Populationsdichte zu ermöglichen wäre der effiziente Schutz von Wanderrouten wichtig.

5. Trophäenjagd löst keine Mensch-Tier-Konflikte

Während Konflikte vor allem durch Jungtiere oder Herden verursacht werden, haben es Trophäenjäger*innen auf ganz andere Tiere abgesehen – ältere Elefantenbullen mit besonders großen Stoßzähnen. Die Jagd löst Konflikte nicht, sondern kann sogar dazu beitragen, sie zu verschärfen. Der Abschuss von Schlüsselindividuen mit besonders herausragenden Trophäen durch Trophäenjäger*innen wirkt sich negativ auf das Verhalten und das Sozialgefüge vieler Arten aus. Bei Elefanten führt der Abschuss alter Bullen zu einem Verlust von Erfahrung und Wissen sowie sozialer Orientierung. Das Eliminieren alter Elefantenbullen als wichtiges Regulativ im Sozialverband kann bei Jungbullen zu erhöhtem Aggressionspotenzial führen. Dies wiederum kann Konflikte zwischen Elefanten und der lokalen Bevölkerung sogar verschärfen, anstatt sie abzumildern. 

Anstelle auf ökologisch und sozial disruptive Trophäenjagd zu setzen, ist es essenziell, die Koexistenz von Menschen und Elefanten zu fördern. Um Elefanten von Feldern fernzuhalten, gibt es bereits gute Ansätze, wie Bienenzäune oder den Anbau von Feldfrüchten, die für Elefanten nicht schmackhaft sind, wie Sonnenblumen oder Chilis. Pro Wildlife unterstützt entsprechende Projekte für Elefanten in Tansania und Sambia und fördert in Botswana die Koexisatenz von Löwen und Menschen.

Fazit

Botswanas Aussagen sind ebenso provokant wie unfundiert und sollten für die deutsche Politik kein Grund sein, Abstand von Beschränkunger der Einfuhr von Jagdtrophäen geschützter und bedrohter Arten zu nehmen. Zumal in Botswana 2024 Wahlen anstehen und die provokanten Aussagen Masisis vermutlich auch dem Wahlkampf in der eigenen Bevölkerung zuzuschreiben sind.

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