Tierversuche: Wild gefangene Affen in Versuchslaboren

Affenversuche: Forschung um jeden Preis

Tierversuche: Wild gefangene Affen in Versuchslaboren

Der weltweite Handel mit Affen für die Forschung floriert. Denn die Labore haben noch immer einen hohen Verbrauch und benötigen ständig Nachschub für ihre Tierversuche. Um ihren enormen Bedarf zu decken, importieren Labore weltweit jährlich zehntausende Affen. Doch woher stammen all diese Tiere? In Asien und Afrika werden unzählige Affen aus der Wildnis eingefangen. Durch die brutalen Fangmethoden und beim Transport erleiden viele der Primaten Verletzungen oder sterben sogar.

Die Überlebenden werden entweder in Zuchtstationen transportiert, wo sie unter grauenhaften Bedingungen als Gebärmaschinen für die Forschungsindustrie dienen, oder als Versuchstiere exportiert. Doch nicht alle Tiere überleben den Flug und jene, die es nach Deutschland schaffen, leiden hier teils Jahre in grausamen Tierversuchen. Vor allem der Javaneraffe (Macaca fascicularis) ist hoch begehrt und gehört zu den meistgehandelten CITES-geschützten Arten der Welt. In Südostasien wird er für 150 Dollar angeboten. Vor der Corona-Pandemie kostet ein Javaneraffe in Europa rund 2.600 Euro, mittlerweile sind es mehr als 18.000 Euro. Ein Riesengeschäft, das binnen zehn Jahren 1,25 Mrd. USD generierte!

Wilde Affen in deutschen Versuchslaboren?

Offiziell hat Deutschland seit 2010 keine Wildfänge mehr importiert. 2022 importierte Deutschland jedoch insgesamt 344 Affen, deren Eltern Wildfänge waren (F1-Generation). Das sind fast dreimal so viele Tiere wie im Vorjahr. Auch bei den restlichen Tieren ist die Herkunft häufig unklar. Denn der Großteil (86%) der Affen kommt aus dem nicht-europäischen Ausland. Wie viele wild gefangene Affen in deutschen Versuchslaboren vor sich hinvegetieren, kann somit nicht eindeutig beantwortet werden.

Javaneraffen © Jo-Anne McArthur
Javaneraffen © Jo-Anne McArthur

Denn weitgehend unkontrollierten Handelsrouten und illegale Machenschaften machen eine Rückverfolgung der Herkunft der Tiere nahezu unmöglich. Jedes Jahr werden unzählige Makaken illegal aus der Wildnis gefangen und als angeblich gezüchtete Affen nach Europa und in die USA weiterverkauft. Und das, obwohl die Tiere durch das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES international geschützt sind. Im November 2022 kam es daher auf der CITES-Weltartenschutzkonferenz zum Eklat, als der Delegierte von Kambodscha bei seinem Zwischenstopp in den USA verhaftet wurde – er soll in den illegalen Handel mit 3.000 wild gefangenen Javaneraffen aus Kambodscha in die USA involviert gewesen sein.

2022 wurden laut offiziellen Zahlen des Tierschutzberichtes des Bundesinstitut für Risikobewertung in Deutschland insgesamt 2.204 Affen und Halbaffen für Tierversuche eingesetzt. Das sind rund 15 Prozent mehr Affen als 2021:

Javaneraffen1.905
Rhesusaffen69
Paviane5
Halbaffen7
Marmosetten und Tamarine215
Totenkopfaffen3
Gesamt2.204
Quelle: Bf3R

Rund 90 Prozent dieser Affen wurden erstmals in einem Tierversuch „verwendet“. 86 Prozent dieser Tiere importierten die Versuchslabore aus dem nicht-europäischen Ausland (47 Prozent aus Asien; 39 Prozent aus Afrika), inklusive fragwürdiger Herkunft. Bei den Javaneraffen sind sogar 99,5 Prozent der Tiere Einkäufe von außerhalb Europas.

Affen als Stellvertreter für den Menschen

Javaneraffen gehören zu der am häufigsten verwendeten Affenart in der Forschung. Wissenschaftler*innen testen an ihnen Substanzen auf ihre Giftigkeit, infizieren sie künstlich mit menschlichen Krankheiten und bohren ihre Schädeldecke auf, um Elektroden in ihr Hirn einzusetzen. Während der Experimente werden die Tiere oft in sogenannten Primatenstühlen fixiert und somit stundenlang bewegungsunfähig gemacht. Die Mitarbeit der Affen erzwingen die Labore häufig durch Wasserentzug; die Tiere bekommen nur dann Flüssigkeit zu trinken, wenn sie im Versuch kooperieren. Die Affen leiden meist monate- oder jahrelang, teilweise in mehreren Tests, bevor sie durch den Tod erlöst werden. All das geschieht im Namen der Forschung! Obwohl mittlerweile stark angezweifelt wird, dass Erkenntnisse, die in Tierversuchen gewonnen wurden, eins zu eins auf den Menschen übertragbar sind und in vielen Bereichen anerkannte Alternativmethoden existieren, werden Tierversuche weiterhin durchgeführt. Vor allem bei wild gefangenen Affen, deren Vorgeschichte und Herkunft unbekannt sind, ist die Übertragbarkeit auf den Menschen mehr als fragwürdig.

Auch Paviane werden für Tierversuche eingesetzt
Auch Paviane werden in Tierversuchen eingesetzt

Der Zweck heiligt die Mittel?

Mit Javaneraffen werden jährlich Millionen gescheffelt. Doch wie viele Tiere gibt es überhaupt noch in freier Wildbahn? Lebensraumverlust, Jagd und nicht zuletzt das unkontrollierte Fangen von Wildtieren für den Tierhandel dezimieren die natürlichen Populationen immer weiter. 2004 hatte Laos fast 6.000 wild gefangene Javaneraffen nach Vietnam exportiert und verkaufte damit etwa die Hälfte seiner damaligen natürlichen Population. 2022 wurde der Bestand in Laos auf nur noch 300-500 Tiere geschätzt. Auch in anderen Ländern brachen die Populationen so stark ein, dass Javaneraffen auf der Internationalen Roten Liste 2022 als stark gefährdet klassifiziert wurden.

Vor allem in Südostasien sind die Handelsrouten äußerst undurchsichtig. Illegaler Schmuggel und gefälschte Dokumente verschleiern die wahre Herkunft der Tiere. Von Kambodscha über Laos, Vietnam und China gelangen die Affen dann schlussendlich nach Europa oder in die USA. Ihre „legalen“ Papiere erhalten sie irgendwo auf ihrer Reise durch Südostasien. Woher die Tiere wirklich stammen und ob es sich um Wildfänge handelt, ist für die Versuchslabore kaum nachvollziehbar. Doch diese Tatsache wird im Namen der Forschung nur allzu gern ignoriert.

Die Lösung: Ein Handelsverbot

Seit November 2022 verbietet es die Europäische Union, Wildfänge in Versuchen oder der Zucht zu verwenden, mit entsprechender Begründung sind Ausnahmen jedoch noch immer möglich. Darüber hinaus bleibt der Bedarf an Versuchstieren in den Laboren weiterhin hoch. Dies in Kombination mit den undurchsichtigen Handelsrouten, lässt bezweifeln, dass das Verbot der EU wirklich effektiv umgesetzt werden kann. Solange CITES den Handel mit Javaneraffen nicht grundsätzlich verbietet und die Behörden im Exportland bescheinigen, dass die Tiere aus „legalen“ Quellen stammen, werden weiterhin wild gefangene Javaneraffen in Versuchslaboren leiden und sterben. Ein Handelsverbot ist nicht nur im Sinne des Artenschutzes, sondern auch aus Tierschutzgründen längst überfällig.

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