Froschschenkel-Handel bedroht Arten in Asien und Osteuropa

Für Europas Gourmets sterben jährlich Abermillionen Frösche

Froschschenkel-Handel bedroht Arten in Asien und Osteuropa

Die EU importiert aktuell jedes Jahr mehr als 4.000 Tonnen Froschschenkel aus Indonesien, der Türkei, Albanien und Vietnam – das entspricht 80-200 Millionen Fröschen. In den 1980er Jahren kamen Froschschenkel in Verruf: Damals sorgten Bilder aus Indien und Bangladesch für Entsetzen, die zeigten, wie grausam Fröschen die Beine abgehackt wurden. 1985 wurden die zwei damals meist gehandelten Arten weltweit unter den Schutz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens gestellt, Indien und Bangladesch erließen wenig später einen Exportstopp – und das Thema verschwand aus den Schlagzeilen. Zunächst… – doch dank unserer Kampagne ist der Froschschenkel-Handel zurück auf der politischen Agenda: Die EU will auf der kommenden CITES-Koferenz Ende 2025 Frösche aus Südosteuropa weltweit schützen lassen. Und französische Supermarktriesen stoppen die Importe aus Indonesien…

Indonesiens Frösche verschwinden

Pro Wildlife wollte wissen, ob 30 Jahre nach den ersten Schutzmaßnahmen das Problem wirklich aus der Welt geschafft ist. Unsere Recherchen brachten Erschreckendes zutage: 2011 veröffentlichte Pro Wildlife die Studie „Canapés to Extinction“, die erstmals aufzeigte, dass sich das Problem von Indien und Bangladesch nach Indonesien, Türkei und Albanien verlagert hat. 

Dort werden seither Abermillionen Frösche jährlich aus Reisfeldern und Tümpeln für den Export in die EU eingefangen – mit fatalen Folgen für die Natur: Die Frösche fehlen als Insekten- und Schädlingsbekämpfer. Sie würden jährlich hunderttausende Tonnen Insekten, Schnecken und andere Agrarschädlinge vertilgen – wenn sie nicht gefangen, getötet, eingefroren und nach Europa verschifft würden. So jedoch wird der Einsatz von Pestiziden in den Herkunftsländern immer weiter erhöht, die Gewässer werden hierdurch immer mehr verschmutzt – mit negativen Folgen für die Artenvielfalt wie auch den Menschen.

Froschschenkel-Handel
Froschschenkel © Chatham172, Shutterstock

Tödlicher Domino-Effekt gefährdet auch Frösche in Osteuropa

Unsere Studie zum Froschschenkel-Handel von 2011 hatte zwar für Aufsehen gesorgt und die EU als Hauptabsatzmarkt unter Druck gesetzt – doch politische Maßnahmen blieben bis heute aus. Dies war Anlass genug für Pro Wildlife, die Situation eine Dekade später erneut zu untersuchen. Unsere neue Studie „Deadly Dish“ (2022), in Zusammenarbeit mit der französischen Organisation Robin des Bois, macht drei Dinge erschreckend deutlich:

  1. Die Plünderung der Froschbestände für den EU-Markt ging im letzten Jahrzehnt in Indonesien nahezu ungebremst weiter. Mehr als 30 Millionen kg Froschschenkel importierte die EU im Zeitraum 2010-2019 allein aus Indonesien. DNA-Untersuchungen der Universität Sorbonne zufolge sind Java-Frösche (Limnonectes macrodon) – entgegen der Deklarationen auf den Supermarkt-Packungen – bereits weitgehend aus dem Handel verschwunden.
  2. Der Raubbau treibt nun auch noch Froschpopulationen in anderen Ländern an den Rand der Ausrottung: Feldwissenschaftler aus der Türkei warnen, dass die heimischen Wasserfrösche bereits bis 2032 ausgerottet sein könnten, wenn der Raubbau an den Beständen in der Natur weitergeht. Und in Albanien, dem viertgrößten Froschschenkel-Lieferanten der EU, ist u.a. der Skutari-Wasserfrosch (Pelophylax shqipericus) inzwischen stark gefährdet. Expert*innen sprechen bereits von einem „tödlichen Domino-Effekt“, denn wenn ein Land als Lieferant wegfällt, füllt ein anderes Land die Lücke und der Raubbau geht weiter: 2019 ist Aserbaidschan ebenfalls in den Export von Froschschenkeln eingestiegen.
  3. Während auch die USA riesige Mengen Frösche für den Verzehr importiert, handelt es sich hierbei vorwiegend um Frösche, die eigens für den Handel gezüchtet wurden. Im Gegensatz zur USA importiert die EU zumeist wildgefangene Frösche – und riskiert damit bewusst ein ökologisches Desaster.

Derzeit exportiert die Türkei jährlich fast 700 Tonnen von Fröschen – v.a. nach Italien, Frankreich und die Schweiz – und fast alle diese Amphibien werden aus der Natur eingefangen. Zudem belegt Albanien weiterhin Platz 4 der EU-Froschschenkel-Lieferanten, trotz der negativen Folgen für seine heimischen Frösche.

Die EU handelt endlich

Die EU ist und bleibt also trauriger Spitzenreiter der Frosch-Vernichtung – allen voran Frankreich, Belgien und Holland. Heimische Frösche zu fangen und zu verkaufen ist in der EU selbst seit 1992 weitgehend verboten, also importiert man seither ungeniert aus Ländern, wo das Fangen von Fröschen erlaubt ist – ohne Rücksicht auf die Folgen für die dortigen Ökosysteme. 

Seit Erscheinen unserer ersten Studie 2011 hat die EU zwar intern das Thema diskutiert, aber noch keinerlei Schlüsse gezogen. Unser zweiter Bericht „Deadly Dish“ macht nun deutlich, dass die EU zwar einen ambitionierten „Grünen Deal“ versprochen hat und den Artenschwund stoppen will, bislang aber nicht gegen den Raubbau an Fröschen vorgeht.

Unser neuer Bericht zum Froschschenkel-Handel hat im Sommer 2022 für internationale Schlagzeilen gesorgt. Mit Unterstützung aus Wissenschaft und Politik konnten wir der EU-Kommission seither erste Zugeständnisse abringen – man wolle eine internationale Unterschutzstellung der geplünderten Arten prüfen. Und tatsächlich: Für die kommende CITES-Konferenz 2025 reichte die EU einen Antrag ein, alle handelsrelevanten Wasserfrösche aus Südosteuropa (vier Arten der Gattung Pelophylax) in App. II listen zu lassen, was erstmals weltweite Handelsbeschränkungen bedeuten würde. Wir werden vor Ort auf der CITES-Konferenz mitverhandeln und helfen, die notwendige Zweidrittelmehrheit der Staaten zu sichern.

Frankreichs Supermärkte stoppen Importe

Während die Politik noch diskutiert und abwägt, haben sich unsere intensive Pressearbeit in Frankreich und international sowie diverse Treffen unseres Partners Robin des Bois mit den französischen Supermarktketten ausgezahlt:

Im Dezember 2023 haben sich die führenden Supermarktketten Frankreichs (u.a. Carrefour, Intermarché, Auchan, Pciard, Super U) bereit erklärt, vorerst keine Froschschenkel mehr aus Indonesien zu importieren. Man wolle erst prüfen, ob die immensen Tier- und Artenschutzprobleme behoben werden könnten… Im Mai 2024 hat Carrefour diese Prüfungen abgeschlossen, ist zu dem Schluss gekommen, die tierquälerischen Froschschenkel dauerhaft aus dem Sortiment zu nehmen – und bestätigt damit all unsere Kritikpunkte! Wir werden genau beobachten, wie sich die anderen Konzerne entscheiden.

Letztes Update: 1. August 2025

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife recherchiert und dokumentiert Umfang und ökologische Folgen des Handels mit Froschschenkeln. 2022 veröffentlichte wir unseren Bericht „Deadly Dish“, 2023 folgten zwei Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Journalen („Conservation“ und „Nature Conservation“ ).

Politischer Einsatz für bessere internationale Schutzgesetze

Pro Wildlife fordert von der EU, endlich die Verantwortung für die Naturplünderungen zu übernehmen, die Importe drastisch zu reduzieren und sich dafür einzusetzen, dass Frösche weltweit besser geschützt werden. Auch setzen wir uns für die globale Unterschutzstellung der ausgebeuteten Froscharten durch das Weltartenschutzabkommen CITES ein, u.a. durch die Organisation eines Appells von mehr als 550 Forschenden und Tierärzt*innen an den französischen Präsidenten Emanuel Macron im März 2024. Einige Wochen zuvor hatten sich bereits 42 Tier- und Naturschutzorganisationen an die EU-Umweltminister*innen gewandt. Auf der CITES-Konferenz Ende 2025 wird nun tasächlich über eine globale Unterschutzstellung entschieden.

Restaurant-Kampagne gegen Froschschenkel: „Frösche kommen mir nicht in den Topf“

Auch Starkoch Stefan Marquard, ausgezeichnet mit dem Michelin Stern und bekannt aus TV-Shows, war überrascht, als er von dem Ausmaß der Frosch-Plünderungen hörte: „Ich dachte, das sei längst passé.“ Daher unterstützt er die Kampagne von Pro Wildlife zum Schutz der Amphibien: „Froschschenkel kommen mir nicht in den Topf“ sagt er und empfiehlt auch seinen Kollegen, auf die fragwürdige Delikatesse zu verzichten. Denn auch wenn in Deutschland im Vergleich zu Frankreich wenig Froschschenkel konsumiert werden, stehen sie immer wieder bei „Französischen Wochen“ oder in französischen Restaurants auf der Speisekarte… Deshalb schickt Pro Wildlife Informationspakete an Restaurants und verhandelt mit ihnen. Und so mancher ließ sich bereits überzeugen, Froschschenkel vom Menü zu streichen.

Dialog mit der Wirtschaft

Unsere französische Partnerorganisation Robin des Bois saß in den vergangenen zwei Jahren wiederholt mit den Lebensmittelketten am Verhandlungstisch und legte die von uns zusammengetragenen Beweise vor. Mit Erfolg, wie sich nun zeigt.

Dieses Projekt wird dankenswerterweise von der Stiftung Zukunft Jetzt! unterstützt.

„Frösche sind wahre Insektenvernichter. Wo Frösche verschwinden, wächst der Einsatz giftiger Pestizide. Deshalb unterstütze ich die Kampagne von Pro Wildlife zum Schutz der Frösche.“

Sarah Wiener, Köchin und Mitglied des Europäischen Parlaments

Sarah Wiener

Was können Sie für den Schutz der Frösche tun?

  • Boykottieren Sie Froschschenkel! Und reden Sie mit Freunden, Kollegen und Verwandten über dieses Thema. Dieses Luxusprodukt ist völlig überflüssig!
  • Wenn Sie Froschschenkel auf Speisekarten im Restaurant entdecken, sprechen Sie das Personal darauf an, informieren Sie sie freundlich, aber bestimmt über die großen Tier- und Artenschutzprobleme und bitten Sie sie, solche Gerichte von der Speisekarte zu nehmen. Gleiches gilt für Angebote im Supermarkt (v.a. in den Gefriertruhen).
  • Melden Sie uns Restaurants, die noch immer Froschschenkel auf der Speisekarte haben!

Mehr Informationen:

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