Zirkus: Wildtiere leiden in der Manege

Tortur auf Tournee: Wildtiere im Zirkus sind ein Auslaufmodell

Zirkus: Wildtiere leiden in der Manege

Elefant, Tiger, Löwe und Co. in der Manege – diese Tierquälerei gehört bei vielen Zirkussen in Deutschland noch immer zum Programm. Wildtiere touren in engen Transportwägen durch Deutschland oder fristen ein trauriges Dasein an Ketten und in Käfigen. Enge, Dressur, und Transporte sind besonders für Wildtiere eine Qual. Pro Wildlife setzt sich für ein Verbot der Wildtierhaltung im Zirkus ein.

Käfig und Rampenlicht bieten kein Entkommen

Wildtiere sind im Gegensatz zu Haustieren nicht domestiziert und deshalb nicht an ein Leben in Gefangenschaft und den Umgang mit Menschen angepasst. Selbst wenn die Tiere in Gefangenschaft geboren sind, haben sie die gleichen Bedürfnisse wie ihre Artgenossen in freier Wildbahn. In Zirkussen, Varietés oder Tierschauen gibt es keinerlei Möglichkeiten, ihnen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen.

Beengte Käfige, häufige und lange Transporte sowie tierquälerische Dressuren verursachen erheblichen Stress und hindern die Tiere daran, ihre natürlichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse auszuleben. Es mangelt an ausreichend Bewegung und meist auch an artgerechtem Sozialkontakt. Löwen und Tiger fristen häufig ein trauriges Dasein in winzigen Anhängern, Elefanten werden stundenlang angekettet.

Tiger-Dressur im Zirkus
Tiger-Dressur im Zirkus

Die Folgen für die Tiere sind schwerwiegend: Häufig erkranken sie aufgrund der schlechten Haltung und leiden an Verhaltensstörungen. Diese äußern sich dadurch, dass die Tiere teilnahmslos wirken (Apathie), sich ständig wiederholende Bewegungen ohne Ziel und Funktion ausführen (Stereotypie) oder vermehrte Aggression gegenüber Artgenossen oder Menschen zeigen. Laut Expert*innen sind solche Verhaltensstörungen Ausdruck von erheblichem Leid.

Wildtiere im Zirkus sind nicht mehr zeitgemäß

Inzwischen wissen die meisten Menschen, dass es Tierquälerei ist, wenn Elefanten einen Kopfstand machen, Tiger auf den Hinterbeinen durch die Manege hüpfen oder Löwen zu unsinnigen Kunststücken gezwungen werden. Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, dass zwei Drittel der Deutschen keine Wildtiere in Zirkussen sehen wollen.

Elefant im Circus Krone © Pro Wildlife
Elefant im Circus Krone © Pro Wildlife

Zirkusse wie Roncalli und Circus Flic Flac gehen mit gutem Beispiel voran. Sie verzichten ganz auf Tiere in der Manege und haben sich stattdessen auf Showacts mit Menschen spezialisiert. Doch viele andere Zirkusse halten noch immer an dem völlig veralteten Konzept von Unterhaltung mit Wildtieren fest. Auch der Bundesrat und die Agrarministerkonferenz haben sich bereits mehrfach für ein Wildtierverbot in Zirkussen ausgesprochen.

Unzureichende Zirkus-Verordnung des Landwirtschaftsministerium scheitert im Bundesrat

Im November 2020 legte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nach vielen Jahren der Untätigkeit die sogenannte „Tierschutz-Zirkusverordnung“ vor. Diese sollte jedoch lediglich die Zurschaustellung einiger weniger Wildtierarten verbieten: Elefanten, Primaten, Großbären, Giraffen, Flusspferde und Nashörner. Die bereits im Zirkus gehaltenen Tiere dieser Arten sollten lebenslang von diesem Verbot ausgenommen sein, zudem sollte es nur für die „Zurschaustellung“, nicht für die Tierhaltung gelten. Der Großteil der im Zirkus gehaltenen Wildtiere wie Löwen, Tiger, Robben und Zebras hätten dem Vorschlag zufolge weiter in Zirkussen leiden sollen. In einem Bündnis aus 15 Tier- und Artenschutzorganisationen hat sich Pro Wildlife mit einer gemeinsamen Stellungnahme an das BMEL sowie an den Bundesrat gewandt und ein Verbot jeglicher Wildtierhaltung im Zirkus sowie eine intensive Überarbeitung des völlig unzureichenden Verordnungsentwurfes gefordert. Am 25. Juni 2021 scheiterte er in der Abstimmung des Bundesrates. Nun wird es an der neuen Bundesregierung sein, nach der Wahl schnellstmöglich eine Verordnung vorzulegen, die die massiven Tierschutzprobleme tatsächlich löst, nicht manifestiert.

Der aktuelle Stand: Neues Tierschutzgesetz

Deutschland hat bislang als einziges EU-Land noch keine Beschränkungen für Wildtiere im Zirkus eingeführt. Anfang Februar 2024 stellte die Bundesregierung den Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes vor. Dieser sieht nun ein Verbot bestimmter Wildtiere im Zirkus vor (Giraffen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Primaten, Großbären, Großkatzen und Robben). Das ist ein wichtiger Schritt, doch er reicht nicht aus, um das Ausweichen von Zirkussen auf neue Tierarten zu vermeiden und wirklich alle Wildtiere zu schützen. Deshalb haben wir daraufhin gemeinsam mit weiteren Organisationen eine Stellungnahme zur Novellierung des Tierschutzgesetzes an das Bundeslandwirtschaftsministerium geschickt, in der wir unter anderem ein generelles Wildtierverbot in Zirkussen fordern.

Zweiklassengesellschaft in Zoo und Zirkus

Tigerhaltung im Zirkus © Pro Wildlife
Tigerhaltung im Zirkus © Pro Wildlife

Während Zoos und Tierparks durch das sogenannte Säugetiergutachten strengere Haltungsvorgaben erfüllen müssen, gelten für die gleichen Tiere im Zirkus bisher nur Minimalanforderungen. Ein Beispiel: In Zoos muss einem Rudel mit fünf Löwen ein Außengehege von mindestens 500 m² zur Verfügung gestellt werden. Zirkusse hingegen müssen laut den bislang geltenden Empfehlungen der Zirkusleitlinien der gleichen Zahl an Tieren lediglich ein 50 m² großes Außengehege bereitstellen – und das nur für vier Stunden täglich. Im Umkehrschluss bedeutet das, die Löwen dürfen 20 Stunden am Tag in einem 24 m² großen Hänger eingesperrt werden. Das ist völlig legal. Gerechtfertigt wird diese Sonderstellung des Zirkus mit dem Training und den Auftritten der Tiere. Ein rückständiger und für die Tiere fataler Irrglaube.

Das Tierschutzgesetz in Deutschland legt grundsätzlich fest, dass Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden müssen und zwar so, dass keine Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen. Darüber hinaus gibt es in Deutschland keine rechtlich bindenden Vorgaben für die Haltung von Wildtieren in Zirkusbetrieben. Es existieren zwar die sogenannten Zirkusleitlinien des BMEL, in denen konkretere Angaben zur Haltung festgehalten sind. Diese haben jedoch lediglich Empfehlungscharakter und bleiben vor allem meilenweit hinter den Anforderungen an Zoos und private Tierhalter zurück. Zudem erfüllen Zirkusse häufig selbst diese minimalen Empfehlungen nicht. Selbst bei großen und bekannten Zirkussen werden regelmäßig Verstöße gegen die Haltungsanforderungen beanstandet – aber nicht behoben. 

Andere EU-Länder sind Deutschland weit voraus

Während manche EU-Länder gleich alle Tiere in Zirkussen verbieten, haben andere wie Finnland, Italien, Polen, Schweden und Ungarn ein Verbot bestimmter Wildtierarten erlassen. Deutschland stellt seit langem im EU-Vergleich das traurige Schlusslicht beim Thema Tierschutz für Zirkustiere dar.

Wildtiere in Zirkussen sind ein Sicherheitsrisiko

In Zirkussen gehaltene Wildtiere stellen außerdem ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Sowohl auf dem Zirkusgelände als auch bei Ausbrüchen von Zirkustieren kommt es immer wieder vor, dass Besucher*innen und Tiertrainer*innen verletzt oder sogar getötet werden. Fast die Hälfte aller Unfälle mit Wildtieren im Zirkus, die zwischen 1995 und 2017 in der EU dokumentiert wurden, ereigneten sich in Deutschland.

Was jeder Einzelne tun kann

  • Besuchen Sie keine Zirkusse, die Wildtiere mitführen.
  • Klären sie Freunde, Familie und Bekannte über die grausamen Hintergründe auf.
  • Wenden Sie sich an ihre Stadt oder Gemeinde und rufen Sie sie dazu auf, keine städtischen Flächen an Zirkusse mit Wildtieren zu vermieten.

Das tut Pro Wildlife

Zirkus ja – aber ohne Wildtiere! Pro Wildlife setzt sich für ein Wildtierverbot in Zirkussen ein und klärt Öffentlichkeit und Politik über die massiven Probleme auf, die mit der Haltung von Zirkustieren verbunden sind.

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