Walfang in Japan

Japan dominiert die Walfang-Debatten

Walfang in Japan

Beim Thema Walfang dominiert Japan die internationalen Schlagzeilen – und lange Zeit tötete das asiatische Land auch mit Abstand die meisten Meeresriesen, bis es vor wenigen Jahren von Norwegen als Walfangland Nummer Eins abgelöst wurde. Doch bis heute verärgert Japans dreiste Vorgehensweise Diplomaten und Tierschützer gleichermaßen. Denn die Sündenliste des Landes ist lang – und gipfelte im Sommer 2019 darin, dass Japan die IWC verließ und seither ganz offiziell auf kommerzielle Waljagd geht. Aktuell wird gar wieder ein neues Fabrikschiff gebaut, das offenbar sogar wieder für den Walfang im Antarktisschutzgebiet geeignet wäre…

„Forschung“ mit der Harpune

Japan versäumte es, gegen das seit 1986 geltende kommerzielle Walfang-Moratorium fristgerecht Widerspruch einzulegen. Deshalb nutzte das Land mehr als 30 Jahre ein Schlupfloch der Internationalen Walfangkommission (IWC) und fing die Meeresriesen unter dem Deckmantel der „Wissenschaft“ – auch wenn die Studienobjekte dieser „Forschung“ noch auf hoher See zu Supermarkt-tauglichen Paketen verarbeitet werden.Im Namen der Forschung starben von 1986 bis 2018 insgesamt 17.365 Wale – davon 14.933 Zwergwale, 1.625 Seiwale, 733 Brydewale, 56 Pottwale und 18 Finnwale.

Besonders kritikwürdig: Japan fing im Nordpazifik sogar Seiwale auf hoher See – dies ist nach den Vorgaben des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (englisch CITES) verboten, da es sich formal um einen Import handelt und das Land keinen Einspruch gegen das weltweite Handelsverbot für Seiwale eingelegt hat. 2018 drohten Japan deshalb sogar Sanktionen – was sicher einer der Gründe für Japans spätere Kehrtwende in seiner Walfangpolitik wurde (s.u.).

Japanischer Walfänger © Australian Customs and Border Protection Service
Japanischer Walfänger © Australian Customs and Border Protection Service

Dreiste Scheckbuchpolitik

Um seine Walfang-Interessen durchzusetzen, schreckt Japan über viele Jahre auch nicht vor Korruption zurück: Arme Länder aus der Karibik, Afrika und Asien bekommen großzügige Entwicklungshelfer aus Tokio und unterstützen im Gegenzug bei der Walfangtagung Japans Interessen. Und das ist nicht Alles: Bis vor wenigen Jahren konnten die Mitgliedsstaaten ihre IWC-Gebühren auf der Konferenz in bar bezahlen – es war offensichtlich, dass das Geld von Japan kam.

Sogar Walfang im Schutzgebiet

Japans Walfang konzentrierte sich all die Jahre auf zwei Gebiete: vor den eigenen Küsten im Nordpazifik (Zwerg-, Sei- und Brydewale sowie einige Pottwale) und ausgerechnet im Walschutzgebiet um die Antarktis (vor allem Zwergwale, gelegentlich auch Finnwale). Die Exkursionen dorthin sind aufwändig und teuer, aber die Wale in den abgelegenen Antarktis-Gewässern sind weniger mit Schadstoffen belastet.

Japans Walfang im Antarktis-Schutzgebiet bis 2019
Japans Walfang im Antarktis-Schutzgebiet bis 2019

Rüge vom Internationalen Gerichtshof

Der Walfang im Antarktis-Schutzgebiet war Anlass für Australien und Neuseeland, Japan beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verklagen. Mit Erfolg: Der IGH befand 2014  die Waljagd in der Antarktis als nicht-wissenschaftlich und damit illegal. Einer der Kritikpunkte dabei war die hohe Zahl von Walen, die für die japanischen „Studien“ getötet werden – weitere Schelte gab es für das Fehlen wissenschaftlich relevanter Ergebnisse.

Neue „Forschungsprogramme“ statt Ende der Jagd

Nach der Schlappe vor dem Internationalen Gerichtshof hoffte die Weltöffentlichkeit, dass Japans Walfang zumindest in der Antarktis eingestellt würde. Stattdessen pausierte Tokio nur eine Saison und arbeitete derweil zwei neue „Forschungsprogramme“ aus – mit weniger Arten und, zumindest in der Antarktis, weniger Individuen: Von 2016 bis 2019 waren unter „NEWREP-NP“ im Nordpazifik jährlich 134 Sei- und 174 Zwergwale zum Abschuss freigegeben, unter „NEWREP-A“ in der Antarktis jährlich 333 Zwergwale.

Japans Walfang im Nordpazifik bis 2018
Japans Walfang im Nordpazifik bis 2018

Handel mit Walprodukten eskaliert

Japan hat gegen das weltweite CITES-Handelsverbot für Walprodukte formalen Widerspruch eingelegt und ist somit formaljuristisch nicht daran gebunden – wie auch die anderen beiden Walfang-Nationen Island und Norwegen. Seit Japan in der Antarktis keine Wale mehr fangen darf, haben die beiden nordeuropäischen Länder ihre Exporte von Walfleisch und Walspeck nach Japan drastisch ausgebaut. Der Handel gipfelte im Februar 2023 mit einer Lieferung von mehr als 2.500 Tonnen Walfleisch – der größten Lieferung seit 30 Jahren!

Japans Austritt aus der IWC

Im Dezember 2018 kündigte Japan seinen Austritt aus der IWC und vermeldete, nach Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist (also dem 30. Juni 2019) mit der kommerziellen Waljagd auf Sei-, Bryde- und Zwergwale beginnen zu wollen. Seit dem 1. Juli 2019 ist die Jagd auf Küstengewässer und die ausschließliche Wirtschaftszone (EEZ) von 200 Seemeilen beschränkt. 2020 war das erste Jahr, in dem Japan komplett von der IWC „befreit“ war, dennoch wurden deutlich weniger Wale getötet als zu Zeiten des „Wissenschaftswalfangs“: 2020 wurden insgesamt 307 Wale harpuniert (25 Sei-, 187 Bryde- und 95 Zwergwale).

Japans Walfang steht am Scheideweg

2020 kündigte die Regierung an, bis 2023 ihre Subventionen für den Walfang einzustellen – ein herber Schlag für die darbende Branche, beliefen sich die Zahlungen doch bisher auf ca. 5 Milliarden Yen (etwa 40 Mio. Euro). Zudem wird das alte Industrieschiff Nisshin Maru, auf dem ein Teil der gefangenen Wale noch auf See verarbeitet wird, nun verschrottet. Ein Neubau kostet Abermillionen – und dennoch hat die Walfangfirma Kyodo Senpaku aus Tokio ein neues Schiff bestellt, das 2024 einsatzfähig sein soll… Die Küstenstadt Shimonoseki bezuschusst den Bau mit 300 Millionen Yen.

Das neue Schiff soll 113 m lang sein – und fähig, bis zu 13.000 km zurückzulegen. Ist trotz des kommerziellen Walfangverbotes also eine Rückkehr in das Antarktisschutzgebiet geplant, das bevorzugte Fanggebiet der letzten Jahrzehnte? Kyodo Senpaku hat jedenfalls angekündigt, mal wolle das Walfang-Business für künftige Generationen erhalten und einen Beitrag zu Japans „Ernährungssicherheit“ beitragen. Der neueste Marketing-Coup: Seit 2023 vertreibt Kyodo Senpaku Automaten für Walfleisch und sogar Kosmetika mit „Balenin“ (einem aus Walen gewonnenen Dipeptid)…

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