Fleischkonsum zerstört den Amazonas

Wo früher Regenwald war, grasen heute Rinder

Fleischkonsum zerstört den Amazonas

Amazonien: die Lunge unserer Erde. Das gigantische Regenwaldgebiet ist so groß, dass es knapp die nördliche Hälfte Südamerikas bedeckt. Seine Lebensader ist der wasserreichste Fluss der Welt – der Amazonas. Der riesige Dschungel im Amazonas-Becken gilt als der größte zusammenhängende Regenwald der Welt. Nirgends gibt es mehr Pflanzen- und Tierarten als im Amazonas-Regenwald. Hier leben tausende Arten von Vögeln, Fischen, Amphibien, Reptilien und Säugern, ein unvorstellbares Gewusel einzigartiger Geschöpfe. Anakondas, Jaguare und Pumas haben hier ihr Zuhause. Es heißt, jede zehnte Tierart, die weltweit bekannt ist, lebt in diesem tropischen Wald. Dabei sind noch nicht einmal alle im Wald lebenden Arten wissenschaftlich klassifiziert. Und dieser einzigartige Lebensraum wird Stück um Stück vernichtet. Jeden Tag.

Amazonas

Ackerland versus Regenwald im Amazonas

Wald und Wildtiere müssen Acker- und Weideland weichen. Weil die nährstoffarmen Böden der Tropen nur für kurze Zeit Erträge liefern, roden die Siedler immer neue Gegenden. Sie fällen Bäume oder brennen sie nieder, um riesige Weideflächen für Rinder anzulegen oder um Plantagen für Soja (als Viehfutter) und Palmöl zu betreiben. Sogar vor Urwaldriesen machen die Bagger nicht halt. Damit ist die Rinderzucht der größte “Regenwaldvernichter” in Brasilien. Einer Studie in Science (2020) zufolge stammen zudem 20% der Soja- und 17% der Fleischexporte aus Amazonas und Cerrado aus illegalen Rodungen.

Die Ausmaße sind gigantisch: Auf mehr als 80 Prozent der gerodeten Flächen grasen heute Rinder. Dabei geht es gar nicht um die Versorgung der eigenen Bevölkerung, die fällt kaum ins Gewicht.

Rinder in Brasilien
Rinder in Brasilien

Aber der Handel mit Rind ist für die brasilianische Wirtschaft zum Turbobooster geworden. Brasilien ist mittlerweile der weltweit größte Exporteur für Rindfleisch und Leder. Durch die billigen Herstellungskosten sind die Waren am Weltmarkt sehr begehrt. Denn Lohn und Land kosten in Amazonien kaum etwas. Die Arbeitskräfte werden teilweise unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet und Farmer bedienen sich “kostenlos” am Regenwald, indem sie Teile davon illegal abfackeln und in Weideland umfunktionieren. Die Tiere müssen dann ebenfalls weichen.

Deutsche Bauern sind Nutznießer der Tropenwaldzerstörung

Nach der Rinderzucht sind die Soja-Plantagen die größte Gefahr für das artenreiche Gebiet am Amazonas. Eine Fläche so groß wie Deutschland wird mittlerweile für den Anbau von Sojabohnen genutzt. Diese werden hauptsächlich nach Europa exportiert. Der Vorwurf allerdings, die Vegetarier hierzulande hätten mit dem Verzehr von Sojaschnitzeln den Regenwald auf dem Gewissen, ist Unsinn. Denn Soja wird zum allergrößten Teil als Sojaschrot zur Fütterung in der Massentierhaltung eingesetzt. Ein Drittel des Gesamtfutters für das Mastvieh besteht aus den Übersee-Bohnen, für die der Amazonas-Regenwald weichen muss. Pro Jahr sind das mehr als 4,2 Millionen Tonnen, ein profitables Geschäft für die brasilianische Wirtschaft. Auch ein Teil der Sojaimporte Deutschlands – insgesamt jährlich immerhin 3-4 Mio. Tonnen Soja – stammt aus Südamerika; das Allermeiste davon geht in die Tiermast.

Sojaernte in Brasilien
Sojaernte in Brasilien

Um die Infrastruktur für die Farmer zu verbessern, wurden die ersten Autostraßen durch den Regenwald gebaut. Die Schneisen durch den Wald beschleunigen die Entwaldung zusätzlich. Wo vorher dichter Baumbestand die Menschen vom Eindringen abhielt, ist der Zugang zum Tropenwald nun einfacher. Über die Straßen kommen Wilderer in den Wald und schießen Affen, Jaguare, Otter und Papageien – Experten sprechen bereits von „stillen Wäldern“. Dieser Kollateralschaden wird in Kauf genommen, um Marktanteile zu sichern. In den letzten Jahren hat sich Brasilien weltweit zum größten Sojaproduzenten (121,8 Mio. t) aufgeschwungen. Zwar sollte das “Soja-Moratorium”, eine freiwillig getroffene Vereinbarung, ab 2006 kein Soja aus illegal gerodeten Waldflächen zu beziehen, die zunehmende Abholzung dämpfen. Die Entwaldung im Amazonas sank daraufhin zunächst stark, doch das Soja-Moratorium steht unter ständigem Beschuss. Verschärft wurde die Situation 2019 nach Amtseintritt des (inzwischen Ex-)Präsidenten Jair Bolsonaro, der Abholzungen und Brandrodungen duldete bzw. indirekt gar befeuerte. Unter seiner Präsidentschaft verdoppelten sich die Rodungen von Regenwaldfläche. Nachfolger Lula da Silva versprach eine Null-Abholzungsstrategie, die bisher jedoch noch nicht greift.

Was tun gegen die immense Zerstörung?

Wissenschaftler und Umweltschützer weisen schon lange auf die schreckliche Umweltkatastrophe hin, die Tag für Tag in Amazonien verbrochen wird. Vom Weltall aus kann man die gerodeten Flächen mit bloßem Auge erkennen. Eine Studie der Weltbank malt eine drastische Szenerie: Bis 2025 könnten 75 Prozent des Waldes dauerhaft verloren sein. Noch schlimmer ist die Prognose für 50 Jahre später, wenn wohl nur noch fünf Prozent des Waldes im Amazonas Gebiet übrig sein werden. Mit dem Vernichten des Waldes verlieren Tiere und Menschen ihren wertvollen Lebensraum. Tierarten landen über kurz oder lang auf der Roten Liste und der Konflikt zwischen indigenen Urvölkern und Landwirten verschärft sich. Was aber kaum jemandem bewusst ist: Auch die Menschen außerhalb Brasiliens brauchen den gigantischen Tropenwald. Denn die Wälder regulieren unser Klima, binden das giftige Kohlenstoffdioxid und sorgen für ein ausgeglichenes Ökosystem.

Was wir Verbraucher tun können

Für uns Verbraucher wäre es am besten, Produkte zu meiden, die auf Kosten des tropischen Waldes entstehen. Durch Produktionsketten, die quer über den Globus reichen, ist es dem Produkt jedoch nicht immer direkt anzusehen, unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde. Oder hätten Sie gewusst, dass der neue Sportschuh womöglich aus dem Leder eines Rindes gemacht ist, das auf einer Fläche grast, auf der vorher noch Papageien, Frösche und Jaguar lebten? Weniger (oder gar kein*e) Fleisch- und Milchprodukte sollte die Devise sein, um die Tierarten des Amazonas zu retten. Und selbst wenn das Steak regional ist, das Futter für das Rind könnte einem Urwaldriesen das Leben gekostet haben.

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