München, 29. Oktober 2024. – Um auf die dramatische Überfischung der Meere hinzuweisen und Alternativen zu Fisch und Meeresfrüchten aufzuzeigen, hat die Artenschutzorganisation Pro Wildlife zum „No-Fish-November“ aufgerufen. 2022 belief sich die weltweite Produktion von Fisch und Meeresfrüchten aus Fischerei und Aquakultur auf insgesamt 185,4 Millionen Tonnen. Doch der hohe globale Fischkonsum hat fatale Folgen für die marine Artenvielfalt und letztlich auch für den Menschen. „Der Raubbau an den Meeren muss beendet werden. Die Fangquoten muss die Politik regeln, aber auch die Verbraucher*innen können etwas tun und ihren Fischkonsum reduzieren. Wir möchten deshalb alle dazu ermutigen, beim No-Fish-November mitzumachen und der fischfreien Ernährung eine Chance zu geben“, sagt Dr. Mona Schweizer von der Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife.
So überfischt sind die Ozeane
Laut Welternährungsorganisation FAO sind fast 38 Prozent aller Fischbestände überfischt oder bereits kollabiert. Von Raubfischen wie Kabeljau, Schwert- und Thunfisch ist die Biomasse schon gar um 90 Prozent geschrumpft, die Bestände von Hochseehaien und -rochen um mehr als 70%. Die Überfischung solcher großen Raubfische hat Folgen für das gesamte Nahrungsnetz: Das ökologische Gleichgewicht kommt aus dem Tritt, die Artzusammensetzung verschiebt sich, die Ökosysteme werden störanfälliger. Eine neue Studie legt sogar nahe, dass viele bisherige Bestandsschätzungen – also die Grundlage der Fangquoten – weltweit noch zu hoch waren.
Ökologische und soziale Folgen
Zusätzlich gibt es viele weitere Probleme, die Fischerei und Überfischung nach sich ziehen: Geisternetze, also verlorengegangene oder im Meer entsorgte Fischernetze, vermüllen den Ozean und sind weiterhin tödliche Fallen für Tiere. Darüber hinaus werden Zehntausende Delfine jährlich gezielt als Köder für die Haifischerei getötet und Hunderttausende weitere Delfine, Haie und Seevögel sterben jedes Jahr als Beifang in der industriellen Fischerei. „Die Grundschleppnetzfischerei gehört zu den zerstörerischsten Fischereimethoden. Sie hat hohe Beifangraten, zerstört den Meeresboden und setzt bereits im Boden gebundenes CO2 wieder frei. Dennoch ist sie zum Teil sogar in Schutzgebieten erlaubt“, kritisiert die Pro Wildlife-Expertin.
Auch für den Menschen hat die Überfischung negative Auswirkungen. Lokale Fischer in ärmeren Küstenländern verlieren durch die industrielle Fischerei aus Europa und Fernost ihre Einkommens- und Nahrungsgrundlage. Und auch für jeden Einzelnen kann der Fischkonsum gesundheitliche Risiken bergen, denn Fisch und Meeresfrüchte sind häufig mit schädlichen Stoffen wie Quecksilber, Mikroplastik, Antibiotika oder PFAS belastet.
Aquakultur und Ökosiegel – verlässliche Alternativen?
Als nachhaltige Alternative zum „herkömmlichen“ Meeresfisch wird häufig Fisch aus Aquakulturen oder nachhaltig zertifizierter Fisch gesehen. Doch Siegel sind häufig unzuverlässig. So lässt das bekannte MSC-Siegel zum Beispiel schädliche Fangmethoden zu: „Aktuell sind 71 Fischereien MSC-zertifiziert, die Grundschleppnetze einsetzen“, berichtet die Pro Wildlife-Expertin. Und auch Aquakulturen müssen kritisch betrachtet werden:
- Fäkalien und Reste von Futter und Antibiotika aus Fischfarmen im Meer reduzieren die Wasserqualität der Umgebung. Auch Parasiten und Erreger gelangen in die Umgebung und infizieren Wildfisch.
- Raubfische wie Lachs werden häufig mit Fischmehl gefüttert, was die Überfischung weiter verschärft.
Auf Fisch verzichten und Meere schützen
Kurzum: Es gibt viele Gründe, warum die Reduzierung des Konsums von Fisch und Meeresfrüchten dringend notwendig ist. Pro Wildlife ruft dieses Jahr deshalb zum „No-Fish-November“ auf und lädt alle dazu ein, den November über die fischfreie Ernährungsweise auszuprobieren und dies als Anlass zu nehmen, den eigenen Fischkonsum zu überdenken. „Wir sind nicht auf Fisch als Proteinquelle angewiesen, es gibt zahlreiche pflanzliche Alternativen, um die wertvollen Nährstoffe im Fisch zu ersetzen“, so Schweizer abschließend.