Tierbörsen: Flohmärkte für Wildtiere

Die Natur im Ausverkauf

Tierbörsen: Flohmärkte für Wildtiere

+++ Im Februar 2024 wurde der erste Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes an die Länder und Verbände geschickt. Der Entwurf sieht vor, den Schutz von Wildtieren im Zirkus und im Verkauf zu verbessern. Die vorgesehenen Änderungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, reichen aber bei Weitem nicht aus, um dem Staatsziel Tierschutz gerecht zu werden. Helfen Sie uns dabei und unterzeichnen Sie unsere Petition: Stoppt Wildtiere als Haustiere +++

Was sind Tierbörsen?

Tierbörsen gehören zusammen mit Online-Plattformen zu den Hauptvertriebswegen für Tiere. Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphiben und Wirbellose werden hier zum Kauf oder Tausch angeboten.

Tierbörsen gibt es in allen Größen, von kleinen regionalen Börsen mit nur wenigen privaten Anbieter*innen bis hin zu großen internationalen Tierbösen mit hunderten kommerziellen Händler*innen aus ganz Europa und tausenden von Wildtieren aus aller Welt.

Frisch aus der Natur auf den Wühltisch

Beinahe wöchentlich finden in ganz Deutschland verteilt Tierbörsen statt. Ob Schildkröten, Chamäleons, Frösche oder doch lieber eine Vogelspinne, die Auswahl an exotischen Heimtieren ist groß. Eingepfercht in winzige Plastikschalen werden unzählige Tiere potenziellen Käufer*innen präsentiert, die sich massenhaft an den Tischen vorbeischieben. Nachschub stapelt sich unter und hinter den Tischen oder wird in den Kofferräumen der Autos auf dem Parkplatz der Börsen gelagert.

Viele der angebotenen Tiere wurden in freier Wildbahn eingefangen, darunter auch vom Aussterben bedrohte Arten. Sie werden eingefangen, transportiert zwischengelagert und schließlich nach Deutschland importiert, um hier auf Tierbörsen zum Verkauf angeboten zu werden. Viele der Tiere überleben dieses Martyrium nicht und viele weitere sterben innerhalb des ersten Jahres in Gefangenschaft. Doch für die Händler*innen zählt meist nur das Geschäft, besonders seltene Arten können für hohe Preise verkauft werden, teilweise werden mehrere tausend Euro pro Tier verlangt.

Tierbörsen in Deutschland

Dumpingpreise und Sonderangebote

Neben den massiven Artenschutzproblemen auf Tierbörsen bestehen auch enorme Tierschutzprobleme. Die Tiere werden teilweise tausende von Kilometern transportiert und in winzigen Plastikboxen oder Käfigen präsentiert. Artgerechte Bewegung und Rückzugsmöglichkeiten fehlen meist. All dies, verschärft durch häufiges Handling (Anheben der Boxen und Begutachten bzw. gar Anfassen der Tiere), ist für die Tiere enormer Stress und nicht mit dem Tierwohl vereinbar. Händler*innen bieten häufig selbst kranke und verletzte Tiere zum Verkauf an. Auch Qualzuchten wie schuppenlose Echsen oder Schlangen findet man auf Tierbörsen.

Ohne Vorkenntnisse und Beratung kann hier jede*r nahezu alles kaufen. Während seltene Tiere Höchstpreise erzielen, werden andere Arten zu Spottpreisen verkauft. Die niedrigen Preise und Sonderangebote provozieren Spontankäufe – so gibt es manche Frösche oder Geckos schon für 10 Euro. Die Käufer*innen sind dann häufig mit den hohen Haltungsansprüchen der Tiere überfordert. Die Tiere sterben, werden ausgesetzt oder abgegeben. Tierheime und Auffangstationen schlagen bereits seit Jahren Alarm. Denn sie sind weder für die Menge an Wildtieren noch die vielen verschiedenen Arten ausgestattet.

Spinne im Angebot
Gerade erst als neue Art entdeckt und schon im Staffelpreis angeboten.

Die zentrale Rolle Deutschlands

Trotz dieser eklatanten Missstände auf Tierbörsen sucht man Tier- und Artenschutzkontrollen häufig vergebens oder sie werden nur unzureichend durchgeführt. Das umfangreiche Artenspektrum und die enorme Anzahl angebotener Tiere machen es den zuständigen Behörden nahezu unmöglich, Tierbörsen zu kontrollieren. Noch dazu finden die Börsen meist wochenends statt, was umfassende Behördeneinsätze nochmals erschwert.

Zwar veröffentlichte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) 2006 die sogenannten Tierbörsen-Leitlinien, diese sind jedoch nicht rechtverbindlich und mittlerweile auch völlig überholt. Verschiedenste Studien haben bereits die anhaltenden und deutlichen Missstände auf Tierbörsen dokumentiert. Vor allem auf Europas größter Reptilienbörse, der Terraristika, die viermal jährlich in Hamm (Nordrhein-Westfalen) stattfindet, werden immer wieder eklatante Missstände dokumentiert. Hier stapeln sich Giftspinnen neben Leopardgeckos und unzähligen Echsen- und Schlangenarten, von denen viele in ihrem Herkunftsland national geschützt sind. In mehreren großen Hallen bieten hunderte Händler*innen tausende Tiere an, darunter auch gewerbliche Händler*innen, die von einer Börse zur nächsten fahren. Der Großteil ihrer Tiere sind Wildfänge, die nur wenige Wochen vor der Börse auf Bestellung aus der Natur gefangen wurden.

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife setzt sich für ein umfassendes Wildtierimportverbot, ein Handelsverbot von Wildtieren über Online-Portale und gewerbliche Tierbörsen sowie für eine Positivliste für Heimtiere ein. Wir dokumentieren Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Heimtieren, stehen im direkten Austausch mit Politiker*innen und Vertreter*innen von Halterverbänden, betreiben Aufklärungsarbeit und verhandeln bei internationalen Konferenzen mit, um Handelsverbote bzw. -beschränkungen für bedrohte Tierarten zu erreichen.

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