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Der weltweite Tourismus mit Wildtieren boomt – immer mehr Menschen suchen das besondere Erlebnis mit wilden Tieren, ob in Reservaten, Nationalparks oder sogar auf offener Straße. Doch was vielen nicht bewusst ist: Die Nähe zu Wildtieren wird oft auf unnatürliche Weise hergestellt – durch das Anfüttern von Wildtieren. Was harmlos oder sogar liebevoll wirkt, hat oft gravierende Folgen für Tier, Mensch und Umwelt.
Kontrolle durch Futter: Wie das Anfüttern von Wildtieren ihr Verhalten manipuliert
In vielen touristischen Einrichtungen wird Futter nicht nur zur Versorgung genutzt, sondern gezielt als Mittel zur Verhaltenssteuerung. Das Anfüttern von Wildtieren dient dazu, Tiere zu bestimmten Handlungen zu bewegen – etwa Kunststücke, das Posieren für Fotos oder das Zurückkehren bei einer Flugshow. Doch diese scheinbar sanfte Methode steht selten allein: Häufig geht sie einher mit physischer und psychischer Gewalt, Zwang oder sozialer Isolation.
Bei Greifvögeln etwa wird gezielter Nahrungsentzug eingesetzt, damit sie in Shows zurückkehren. Auch das Locken mit Futter, um Wildtiere an bestimmte Orte zu gewöhnen, an denen sie leichter fotografiert oder präsentiert werden können, ist gängige Praxis.

Das Anfüttern von Wildtieren führt langfristig zu Abhängigkeit vom Menschen, Verlust natürlicher Instinkte und einer Entfremdung von ihrer ursprünglichen Lebensweise. Besonders tragisch ist dies bei Jungtieren, die früh auf den Menschen geprägt werden und später nicht mehr ausgewildert werden können – sie bleiben lebenslang in Abhängigkeit.
Futter ist im Wildtiertourismus nicht einfach eine Nahrungsquelle – es ist ein Werkzeug der Kontrolle. Was für Tourist*innen zahm, freundlich oder beeindruckend erscheint, ist in Wahrheit oft das Ergebnis eines Systems aus Manipulation, Abhängigkeit und erlerntem Gehorsam. Für die Tiere bedeutet es ein Leben fern ihrer natürlichen Lebensweise – ein Leben im Dienste menschlicher Unterhaltung.
Das Anfüttern von Wildtieren in freier Wildbahn – ein Eingriff in die Natur
Eine weitere problematische Form ist das Anfüttern von Wildtieren in freier Wildbahn. Tourguides füttern regelmäßig an bestimmten Orten, um die Tiere dort verlässlich zeigen zu können – sei es bei Hai-Fütterungen für Taucher, bei Adlerbeobachtungen oder Affen, die in Tempel- oder Parkanlagen gelockt werden.

Was nach einem Gewinn für alle Seiten klingt, ist tatsächlich ein massiver Eingriff in das natürliche Verhalten und Gleichgewicht: Tiere verlieren ihre Scheu, zeigen aggressives Verhalten, es kommt zu Überpopulation, Konkurrenzverdrängung und erhöhter Krankheitsübertragung. In manchen Fällen, wie etwa bei Affen, kann das sogar zu aggressivem Verhalten gegenüber Menschen führen, da die Tiere beginnen, Nahrung einzufordern. In beliebten Touristengebieten wurden schon mehrfach Angriffe dokumentiert, weil Tiere gelernt haben, aggressiv an Nahrung zu kommen.
Nicht zu unterschätzen sind auch die gesundheitlichen Risiken durch falsches oder ungeeignetes Futter: Das Anfüttern von Wildtieren erfolgt selten tiergerecht – häufig bekommen die Tiere industriell verarbeitete Lebensmittel, Brot, Süßigkeiten oder Futter in ungeeigneter Zusammensetzung. Das kann zu einer Vielzahl an Krankheiten führen wie Verdauungsproblemen und Mangelerscheinungen.
Langfristig entsteht so eine unnatürliche Abhängigkeit, die weder dem Tierwohl noch dem Naturschutz dient. Die Tiere verlieren nicht nur ihre Instinkte, sondern kommen dem Menschen sehr nah, was für Mensch und Tier gefährlich werden kann.
Gefährliche Nähe: Wenn Tourist*innen Wildtiere anfüttern
Besonders gefährlich ist das Anfüttern von Wildtieren durch Tourist*innen selbst. Oft geschieht das aus Unwissenheit oder falsch verstandener Tierliebe. Ein besonders eindrückliches Beispiel: Bären in Nordamerika oder Osteuropa. Werden sie an menschliches Futter gewöhnt – ob absichtlich oder durch zurückgelassenen Müll – verlieren sie ihre natürliche Scheu.

Das Ergebnis ist fatal: Bären suchen gezielt Campingplätze, Wanderwege oder Straßen auf, weil sie dort Nahrung vermuten. Das kann zu Mensch-Tier-Konflikten führen und Behörden sehen sich oft gezwungen, sogenannte „Problembären“ zu töten, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
Auch andere Wildtierarten zeigen Verhaltensänderungen, wenn sie regelmäßig von Menschen gefüttert werden. Sie verlieren ihre natürliche Scheu, dringen in Siedlungen vor und verursachen Schäden oder verhalten sich aggressiv. Für viele dieser Tiere bedeutet das früher oder später den Tod – durch Abschuss oder Verkehrsunfälle.
Dabei ließe sich das Problem leicht vermeiden: durch Aufklärung, verantwortungsbewusstes Verhalten und die konsequente Einhaltung von Fütterungsverboten. Tourist*innen sollten sich bewusst sein, dass jedes Anfüttern von Wildtieren langfristige Konsequenzen hat – und dass echte Tierliebe bedeutet, Wildtiere wild sein zu lassen.
Fazit
Das Anfüttern von Wildtieren ist kein harmloses Verhalten, sondern ein massiver Eingriff mit weitreichenden Folgen. Es gefährdet Tiere, bringt Menschen in Gefahr und zerstört natürliche Prozesse. Wer Wildtiere liebt, sollte auf echte, respektvolle und nachhaltige Begegnungen setzen – in respektvollem Abstand, ohne Eingriff in das Verhalten der Tiere. Denn wahrer Respekt zeigt sich nicht in der Nähe zum Tier, sondern im Verständnis für seine Freiheit.
Das tut Pro Wildlife
Pro Wildlife informiert Reisende und Reiseveranstalter über die Tier- und Artenschutzprobleme im Wildtiertourismus und gibt >> Tipps, worauf sie im Urlaub achten sollten. Zusätzlich setzen wir uns für strengere Gesetze und Verbote im Handel mit Wildtieren ein und helfen diese international zu schützen.