Neue Studie: Deutschland Umschlagplatz für gestohlene Wildtiere

Wissenschaftler und Artenschützer fordern strengere Gesetze

München, den 02. Mai 2019. Einer neuen Studie zufolge stehen die Europäische Union und vor allem Deutschland im Zentrum des Handels mit Wildtieren, die in ihrer Heimat streng geschützt sind. Die Autoren Jordi Janssen (Kanada) und Prof. Dr. Anslem de Silva (Sri Lanka) zeigen einen umfassenden Handel mit Reptilien aus Sri Lanka und bemängeln, dass die Europäische Union bislang bei ihrem Ziel versagt, den Wildtierschmuggel zu bekämpfen, weil sie rechtliche Schlupflöcher nicht schließt. Als eine der wichtigsten Drehscheiben für den Handel mit Wildtieren haben die Autoren Deutschland identifiziert. Die Artenschutzorganisation Pro Wildlife bestätigt diese Kritik: „Das Problem ist beileibe nicht auf Sri Lanka begrenzt. Wir beobachten seit Jahren einen Boom mit Wildtieren, die im Ursprungsland gestohlen wurden und dennoch hier in der EU noch immer straffrei verkauft werden können. Deshalb fordern wir ein EU-Gesetz, das diesen Handel auch hierzulande verbietet“, so Dr. Sandra Altherr. „Insbesondere hier in Deutschland nutzen Händler dieses Schlupfloch in der EU-Gesetzgebung aus, um eigentlich geschützte Wildtiere auf Börsen oder im Internet frei zu verkaufen.“

Unzureichende Schutzgesetze in der EU

Die Wissenschaftler Janssen und de Silva schlussfolgern in ihrer Studie, die diese Woche im Fachmagazin TRAFFIC BULLETIN veröffentlicht wurde: „Deutschland steht im Zentrum des illegalen Handels mit Reptilien aus Sri Lanka.“ Viele dieser Arten haben nur sehr kleine Verbreitungsgebiete, was sich in ihrem hohen Bedrohungsstatus in Sri Lankas nationaler Roter Liste widerspiegelt. Sri Lanka verbietet den Fang und Export heimischer Arten. „Die deutschen Behörden sollten sich der Rolle bewusst sein, die Deutschland im internationalen Handel mit Reptilien aus Sri Lanka spielt und dass dies gegen die nationale Gesetzgebung im Herkunftsland verstößt“, heißt es in der Studie wörtlich. Und weiter: „Während die EU bestätigt, dass der EU-Markt nicht die Nachfrage nach Arten beschleunigen sollte, die illegal oder nicht-nachhaltig gefangen wurden, macht das Fehlen von Schutzbestimmungen für solche Arten die EU zu einem zentralen Akteur im illegalen Handel mit solchen Arten.“

Bevorstehende Artenschutzkonferenz zeigt Ausmaß der Misere

Bei der kommenden CITES-Artenschutzkonferenz im Mai werden die meisten Schutzanträge für Arten gestellt, die durch den internationalen Heimtierhandel bedroht sind. „Ob Glasfrösche aus Lateinamerika, Vipern aus dem Iran, Agamen aus Sri Lanka oder Geckos aus der Karibik: In fast allen diesen Anträgen sind die Tiere im Heimatland geschützt. Dennoch spielt die EU als Absatzmarkt eine, wenn nicht gar die entscheidende Rolle. Deutschland mit seiner viermal jährlich stattfindenden Reptilienbörse Terraristika ist dabei der zentrale Umschlagplatz“, so die Biologin Altherr. Pro Wildlife fordert einen sogenannten EU Lacey Act – analog dem US Lacey Act, der seit bereits mehr als 100 Jahren in den USA sicherstellt, dass der Verkauf von Tieren oder Pflanzen, die Im Herkunftsland illegal eingesammelt und außer Landes geschafft wurden, auch in den USA strafbar ist. Bisher lehnt die EU ein entsprechendes Gesetz ab.

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