Kakao-Anbau im Regenwald

Artensterben für Schokolade

Kakao-Anbau im Regenwald

Weihnachten steht vor der Tür. Was darf dabei nicht fehlen? Na klar, der Schoko-Nikolaus! Schokolade ist die beliebteste Süßigkeit in Deutschland. Im europäischen Vergleich zählen deutsche Verbraucher zu den größten Schokoladen-Fans. Mit einem Pro-Kopf-Verzehr von durchschnittlich 11,1 Kilogramm pro Jahr ist Deutschland Spitzenreiter, sogar vor der Schokoladennation Schweiz.

Doch wer würde ahnen, dass für unseren Schokoladen-Weihnachtsmann vielleicht jemand sein Zuhause verloren hat? Unser Hunger nach Schokolade zerstört andernorts die Natur. Der Grund dafür ist die stetig zunehmende Abholzung des Regenwaldes in Westafrika für Kakaoplantagen. Die ursprünglichen Wälder werden gerodet und niedergebrannt, um stattdessen Kakaosträucher zu pflanzen. Dadurch verlieren Elefanten, Affen und viele weitere Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum.

Woher kommt der Kakao für unsere Schokolade?

Die wichtigste Zutat von Schokolade ist die Kakaobohne, aus der dann die Kakaomasse hergestellt wird. Der Anbau der Bohnen erfolgt fast ausschließlich in tropischen Gebieten, weil nur dort das Klima ausreichend und durchgängig feuchtwarm ist. Obwohl der Kakao ursprünglich aus dem Amazonasgebiet stammt, werden die Kakaobohnen zur Schokoladenproduktion mittlerweile überwiegend in Afrika kultiviert. Mehr als 85 Prozent des Kakaos in Deutschland wird in den westafrikanischen Ländern Nigeria, Ghana und Elfenbeinküste produziert. Dort werden die Kakaobäume überwiegend von Kleinbauern angepflanzt. Der Kakao-Anbau erfolgt fast ausnahmslos in Monokulturen und außerdem größtenteils unter Einsatz von Kinderarbeit. Etwa 2,3 Millionen Kinder arbeiten alleine in Westafrika auf Kakaoplantagen. Neben den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hat die steigende Kakao-Nachfrage auch schwere Folgen für die Natur: Die Rodung der Regenwälder für die Plantagen.

Rodung des Regenwaldes © Martin Harvey
Rodung des Regenwaldes © Martin Harvey

Kakao und Artensterben in Westafrika

Ein besonders erschreckendes Bild zeigt sich in der Elfenbeinküste. Vor nicht langer Zeit galt das Land als eine der artenreichsten Regionen der Welt. Dort lebten früher hunderttausend Elefanten, die dem Land den Namen gaben. Die meisten hiervon wurden von Elfenbein-Wilderern getötet. Danach blieb auch der jahrelange Raubbau an der Natur für die Dickhäuter nicht folgenlos. Seit 1994 ist der Elefantenbestand um 86 Prozent zurück gegangen, heute leben nur noch etwa 225 Tiere, die Elefanten stehen dort am Rand der Ausrottung. Nur in vier von 25 Schutzgebieten leben laut einer tudie von 2020 noch Elefanten, ihre Lebensgrundlage, die Wälder wurden weitgehend für den Kakao-Anbau und Farmen gerodet.

Ähnlich düster sieht es für die verschiedenen Affenarten in Westafrika aus: So sind sechs westafrikanische Primatenarten gefährdet oder vom Aussterben bedroht, unter anderem der Schimpanse und der Miss Waldrons Rote Stummelaffe. Letzterer ist wahrscheinlich schon ausgestorben, da es seit 1978 keine bestätigte Sichtung eines Individuums mehr gab. Und auch die Roloway-Meerkatze ist mit weniger als 2.000 Individuen direkt vom Aussterben bedroht.

Das Problem ist: Wo sollen die Tiere hingehen? Mehr als 90 Prozent der ursprünglichen Wälder Westafrikas sind verschwunden. Die meisten Bäume wurden wegen der steigenden Nachfrage nach Schokolade aus dem Rest der Welt für Kakaoplantagen abgeholzt, häufig illegal. Der Lebensraum der Tiere ist derart zusammengeschrumpft, dass die sie kaum Rückzugsmöglichkeiten haben.

Schutzgebiete? – Fehlanzeige!

Sogar Nationalparks und Schutzgebiete fallen dem steigenden Hunger nach Kakao zum Opfer. In der Elfenbeinküste verschwinden selbst die Waldreste in den geschützten Gebieten. Ein Großteil der dortigen Naturschutzgebiete ist inzwischen von illegalen und unkontrollierten Kakaoplantagen durchzogen. US-Forscher deckten bei einer Zählung auf, dass es in 13 der 23 Schutzgebiete bereits keine Affen und Menschenaffen mehr gibt. Dafür fanden sie ein Meer aus Kakaoplantagen.

Kakao-Frucht
Kakao-Frucht

In den eigentlich geschützten Regionen leben viele Menschen bereits seit 25 Jahren, teilweise in ganzen illegalen Städten. Für sechs Millionen Ivorer ist das „braune Gold“ die wichtigste Lebensgrundlage. Sie sehen keine andere Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Regierung unternimmt bisher zu wenig gegen die illegalen Plantagen.  Und die steigende Kakao-Nachfrage auf dem Weltmarkt fördert diese Praktiken. Die Anlage von Plantagen lohnt sich für die Menschen selbst an entlegenen Orten.

Nachhaltige Schokolade – Geht das?

Die traurige Wahrheit ist: Wer einen Schoko-Weihnachtsmann, ein Tafel Schokolade oder ähnliches isst, muss damit rechnen, dass darin ein Teil der Regenwaldrodung steckt. Mars, Lindt, Ferrero, Mondelez, Nestlé oder Cadbury – alle großen Süßwarenfirmen der Welt beziehen ihre Kakao-Bohnen aus Westafrika. Die Bohnen verarbeiten und verkaufen sie dann in Europa und den USA. Die großen Firmen bestimmen Nachfrage und Preis; und illegal angebauter Kakao ist günstiger als Ware von kontrollierten oder nach sozialen und ökologischen Standards zertifizierten Plantagen.

Wer keine Ausbeutung von Kleinbauern, Kinderarbeit oder die Zerstörung des Regenwaldes unterstützen möchte, der hat bisher nicht viele Möglichkeiten. Im Dschungel der Siegel für Schokolade können sich Verbraucher leicht verirren. Und viele davon bringen viel weniger als nötig wäre. Vor allem Billigsiegel haben nur geringe Anforderungen und das erklärte Ziel, den Massenmarkt zu erreichen. Weil am Ende zertifizierter und nicht zertifizierter Kakao in der Fabrik vermischt wird, stecken in fertigen Riegeln teilweise nur ein paar Prozent fairer und nachhaltiger Schokolade.

Deshalb bleibt an Weihnachten (und auch sonst) nur eins: Weniger Schokolade kaufen und auf Fair Trade und Ökosiegel achten. Am strengsten sind die Siegel Fairtrade und GEPA. Und sind selbst gebackene Plätzchen nicht eigentlich viel leckerer?

Doch nicht nur die Verbraucher, auch die Lebensmittelindustrie und Regierungen müssen Verantwortung übernehmen:

  • Schokoladenhersteller müssen über die gesamte Lieferkette sicherstellen, dass Kakao nach hohen ökologischen und sozialen Standards angebaut und produziert wird. Produkte aus Raubbau, illegalem Anbau und Kinderarbeit dürfen nicht akzeptiert werden. Auf dem Papier haben einige Unternehmen seit 2017 Besserungen zugesagt. Die Abholzung geht seither jedoch unvermindert weiter.
  • Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten sind der größte Importeur und Verbraucher von Kakao: Sie müssen Regelungen für den Handel mit Kakao erlassen, um eine einheitliche und verbindliche Kontrolle des Handels zu gewährleisten.

Mehr als 44.000 Arten vom Aussterben bedroht

Der Lebensraumverlust, also die Rodung artenreicher Wälder sowie die Überfischung der Meere, ist eine der Hauptursachen für das rasante Artensterben der vergangenen Jahre. In der neusten Fassung der „roten Liste“ der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) sind insgesamt 157.190 Tier- und Pflanzenarten aufgeführt. Mehr als 44.000 davon stuft die Organisation als direkt vom Aussterben bedroht ein (Stand Dezember 2023).

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