Jagdmesse in Dortmund: Abschuss frei auf bedrohte Arten

Löwen, Nashörner und Elefanten enden in deutschen Wohnzimmern

München/Dortmund, 25.  Januar 2018. Vom 30. Januar bis zum 4. Februar findet Europas größte Jagdmesse „Jagd & Hund“ in Dortmund statt. 63 auf Jagdreisen spezialisierte Veranstalter aus Deutschland, 54 aus Afrika, acht aus Kanada und zahllose aus weiteren Ländern bieten hier ganz legal den Abschuss gefährdeter Arten wie Elefanten, Löwen, Leoparden, Nashörnern oder Eisbären an. Je seltener und je größer Hörner, Mähnen und Stoßzähne der getöteten Tiere sind, umso höher ist der Preis für den Abschuss: „Die Jagd auf bedrohte Tierarten aus reiner Trophäengier hat in unserer Zeit keinerlei Existenzberechtigung mehr und muss endlich ein Ende haben,“ so Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife.

Alleine in Afrika gehen jedes Jahr gut 18.000 Ausländer auf Trophäenjagd und töten dabei mehr als 100.000 Wildtiere. Nach den USA und Spanien sind deutsche Jäger Spitzenreiter bei der Jagd auf gefährdete und geschützte Arten. Nach Auskunft der Bundesregierung wurde alleine 2017 die Einfuhr von 615 Tieren international geschützter Arten nach Deutschland genehmigt beziehungsweise gemeldet, darunter 26 Leoparden, 24 Löwen, 24 Flusspferde, 18 Afrikanische Elefanten, 14 Braunbären, fünf Geparden und zwei Nashörner.

Vom Unsinn der Trophäenjagd – Beispiel Löwe und Elefant

Die Löwenbestände in Afrika sind in den vergangenen 21 Jahren fast um die Hälfte kollabiert, auf weniger als 20.000 Tiere. Seit Jahren belegen Wissenschaftler, dass die Jagd zur Dezimierung der Löwenbestände beiträgt. Trotzdem werden weiterhin jedes Jahr hunderte Tiere durch Trophäenjäger getötet. „Weil eine Löwenjagd 50.000 US-Dollar und mehr einbringen kann, wird noch den letzten männlichen Tieren gnadenlos nachgestellt“, kritisiert Freyer. Jäger haben es zudem auf die größten, kapitalsten Tiere abgesehen, die für die Arterhaltung besonders wichtig sind. Der Abschuss eines männlichen Löwen ist auch das Todesurteil für seinen Nachwuchs: Der Nachfolger im Rudel tötet die Jungtiere, um schneller eigenen Nachwuchs zeugen zu können. Infolge der Jagd wird so gleich noch die kommende Generation ausgelöscht. Besonders perfide ist die Löwenjagd in Südafrika. Die meisten dort geschossenen Tiere werden zunächst als Touristenattraktion von Hand auf Farmen großgezogen. Sind sie erwachsen, werden die halbzahmen Löwen beim sogenannten „canned hunting“ (Gatterjagd) in einem umzäunten Gehege erschossen. Die Veranstalter der Messe betonen zwar, diese Jagdform nicht mehr anbieten zu wollen. Doch nach wie vor haben viele Aussteller aus Südafrika Löwenjagden im Programm. Die Aussteller verschweigen schlichtweg, dass die allermeisten der in Südafrika erlegten Raubkatzen aus Zuchtfarmen stammen.

Auch die Elefantenbestände sind Afrika-weit zurück gegangen. Besonders betroffen von der Wildereikrise ist Tansania: Hier wurden in nur acht Jahren mehr als 60.000 Elefanten gewildert. Trotzdem genehmigen Deutschland und andere EU-Länder Elefantenjägern die Einfuhr von Trophäen aus Tansania, einschließlich aus dem am stärksten von der Wilderei betroffenen Selous-Wildschutzgebiet. Ein 2015 verhängtes Einfuhrverbot wurde vor kurzem wieder aufgehoben.

86 Prozent gegen Jagd auf Elefanten, Nashörner und Löwen

Eine repräsentative Umfrage der Kantar TNS im Auftrag von Pro Wildlife und anderen Verbänden zeigt: Die überwiegende Mehrheit der Deutschen ist gegen die Hobbyjagd auf bedrohte Arten wie Elefanten, Löwen, Giraffen oder Nashörner. Die Einfuhr solcher bedrohter Arten ist nur mit einer behördlichen Genehmigung möglich, die bescheinigt, dass die Jagd die Bestände nicht gefährdet und legal ist. Wegen erheblicher Zweifel hieran fordern viele Tier- und Naturschutzverbände seit langem ein Einfuhrverbot. Doch die Bundesregierung hält weiterhin an der Trophäenjagd fest. Nach deutschem Tierschutzrecht ist die Jagd aus reiner Gier nach Statussymbolen verboten, im Ausland können deutsche Jäger sie trotzdem praktizieren. In vielen Ländern ist kein Jagdschein erforderlich und es kommen Jagdmethoden zum Einsatz, die hierzulande verboten sind, wie beispielsweise die Jagd mit Pfeil und Bogen, der Abschuss von in Gefangenschaft geborenen Tieren in den Jagdgattern Südafrikas oder das Hetzen mit Hunden.

Feigenblatt Artenschutz und Armutsbekämpfung

Das wichtigste Argument der Jagdbefürworter ist der Artenschutz, der angeblich mit dem Geld aus der Jagd betrieben wird. Immerhin kostet der Abschuss eines Löwen 15.000 – 54.000 Euro und eines Elefanten 17.000 – 65.000 Euro. „Von dem Geschäft mit der Jagd profitieren nachweislich vor allem ausländische Jagdreiseveranstalter und reiche Jagdfarmbesitzer. Die Menschen vor Ort erhalten bestenfalls Almosen“, betont Freyer. Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) erhält die lokale Bevölkerung aus dem Jagdtourismus durchschnittlich gerade einmal 0,3 US Dollar pro Person und Jahr, sofern die Einnahmen überhaupt umverteilt werden und nicht in dunklen Kanälen verschwinden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „der Beitrag der Großwildjagd zur sozioökonomischen Entwicklung praktisch null ist. Solche geringen Vorteile motivieren lokale Gemeinschaften nicht. Daher liegt es in ihrem Interesse, die Jagdgebietsgrenzen nicht zu respektieren und zu wildern“. Entsprechend grassiert die Wilderei auch in Jagdgebieten. „Den Menschen vor Ort ist zudem kaum vermittelbar, dass sie Wildtiere nicht jagen und mit deren Fellen, Stoßzähnen und Hörnern handeln dürfen, während dies reichen Jägern aus dem Ausland aus reiner Trophäengier erlaubt wird. Die profitorientierte Jagd auf bedrohte Arten setzt ein fatales Signal und unterläuft internationale Schutzbemühungen“, so Freyer.

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