CITES-Ausschuss: Löwen sind die neuen Tiger

Studien bestätigen: Mehr als 70 Tonnen Löwenknochen für Medizinprodukte

München, 27. November 2017. Zwei neue wissenschaftliche Studien bestätigen die Bedenken gegen den boomenden Handel mit Löwenknochen: Die Ausfuhr von Löwenknochen aus Afrika nach Asien hat sich demnach in den letzten Jahren Vervierfacht: Wurden zwischen 2008 und 2011 pro Jahr noch durchschnittlich 314 Genehmigungen für die Ausfuhr von Löwenskeletten erteilt, waren es zwischen 2012 und 2015 pro Jahr 1.312 Skelette. Löwenknochen werden in der Traditionellen Asiatischen Medizin seit 2008 als Ersatz für die im Handel verbotenen Tigerknochen eingesetzt. Pro Wildlife sieht in dem boomenden legalen Handel mit den Körperteilen eine Gefahr für die ohnehin bereits stark dezimierten Löwenbestände und andere Raubkatzen. „Dieser Handel ist unverantwortlich, er öffnet der Wilderei Tür und Tor und sollte ein für allemal beendet werden“, so Daniela Freyer. Der Ständige Ausschuss von CITES, der von Montag, den 27.11. bis Freitag, den 1.12 in Genf tagt, wird voraussichtlich am Mittwoch auch über den Handel mit Löwen (und Tigern) beraten. Im Herbst 2016 hatten Regierungsvertreter ein Handelsverbot auf der CITES-Vertragsstaatenkonferenz abgelehnt. Danach stieg die Ausfuhr von Löwenknochen auf ihren bisherigen Rekordwert.

Legaler Handel befeuert illegale Geschäfte

Von 2008 bis 2015 wurden offiziell die Skelette von mehr als 6.000 Löwen mit einem Gesamtgewicht von gut 70 Tonnen nach Asien ausgeführt, Tendenz steigend. Die Löwenknochen kommen zu 99 Prozent aus Südafrika und wurden mit staatlicher Genehmigung legal exportiert. Zudem gab es seit 2013 Exporte aus Namibia und im Jahr 2016 auch aus Uganda. Die Löwen stammen zwar überwiegend aus Zuchtfarmen, doch der lukrative legale Handel ermöglicht es, die Knochen von wilden Löwen und anderen Großkatzen wie Tigern und Leoparden einzuschleusen. „Die Knochen gezüchteter Tiger dürfen schon lange nicht mehr gehandelt werden, gerade weil dadurch der illegale Handel befeuert wird. In der Praxis ist es kaum möglich zu kontrollieren, ob es sich um Tiger oder Löwen handelt oder ob die Knochen von wilden oder gezüchteten Tieren kommen“, erklärt Freyer. Zudem werden Löwen in Südafrika und anderen afrikanischen Ländern, darunter zum Beispiel Mosambik und Simbabwe, zunehmend wegen ihrer Körperteile gewildert. Die Artenschützer befürchten zudem, dass der Handel mit Löwenknochen auch die Nachfrage nach Körperteilen von Tigern und anderen bedrohten Arten für vermeintliche Wunderheilmittel anheizt. Dies unterminiert die Bemühungen, die Nachfrage in Asien zu reduzieren.

Hinzu kommt, dass der Handel mit Löwenknochen dazu beiträgt, Südafrikas umstrittene Löwenfarmen am Leben zu erhalten: Zwischen 6.000 und 8.000 Löwen fristen dort ein trauriges Leben. Jungtiere werden zunächst als Attraktionen für Touristen ausgebeutet, Trophäenjäger töten später die erwachsenen Löwen in umzäunten Gebieten, in denen sie keine Chance auf Entkommen haben. Anschließend werden die Körper für den Handel mit vermeintlichen Wundermitteln ausgeschlachtet.

Nur noch 20.000 wilde Löwen weltweit

Die Löwenbestände in Afrika sind in den letzten 21 Jahren fast um die Hälfte kollabiert, auf weniger als 20.000 Tiere. In West- und Zentralafrika sind sie vom Aussterben bedroht, in bis zu 16 Ländern ist der König der Tiere bereits ausgerottet. Gleichzeitig ist der internationale Handel mit Löwenknochen, Fellen und Trophäen in den letzten Jahren explodiert. Die Haupteinfuhrländer für Löwen-Skeletteile waren Laos, Vietnam und Thailand. Es ist davon auszugehen, dass ein Teil der Löwenknochen bzw. Produkte aus diesen Ländern weiter nach China gehandelt werden.

Hintergrund

Löwen stehen als gefährdete Art auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN. Sie sind durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) international geschützt, jeglicher Handel ist nur erlaubt, wenn das Ausfuhrland bestätigt, dass der Handel legal und „nachhaltig“ ist. Der Handel mit Körperteilen von Löwen ist innerhalb Afrikas weit verbreitet, zudem hat in den letzten Jahren die Ausfuhr von Jagdtrophäen vor allem in die USA und nach Europa und seit 2008 der Export von Skeletteilen nach Asien stark zugenommen. Auf der CITES-Artenschutzkonferenz im Oktober 2016 in Johannesburg forderten neun afrikanische Länder, den Handel mit Löwen und ihren Körperteilen zu verbieten. Sie scheiterten am Widerstand Südafrikas, aber auch der EU. Stattdessen einigte sich die Konferenz auf einen umstrittenen Kompromiss: Es gilt ein prinzipielles Exportverbot für Löwenknochen und einige andere Körperteile – gleichzeitig wurden aber Südafrika Exporte unter der Bedingung zugestanden, dass es eine Ausfuhrquote für Körperteile gezüchteter Tiere festlegt.

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