Tiger King: Die Geschichte hinter der Netflix-Serie

Tiger und Löwen in Deutschland?

Tiger King: Die Geschichte hinter der Netflix-Serie

Die Netflix-Serie „Tiger King: Großkatzen und ihre Raubtiere“ lockte weltweit Menschen vor die Fernseher. In der Hauptrolle: Der Exzentriker Joe Exotic, selbsternannter „Tiger King“ und Waffennarr, der inzwischen wegen diverser Verbrechen zu einer Haftstrafe von 22 Jahren verurteilt wurde. Sein ehemaliger Zoo wurde von einem Bundesrichter in den Besitz seiner Gegenspielerin, Tierrechtsaktivistin Carole Baskin, übertragen. Doch wer denkt, dass das Thema damit beendet ist, irrt sich. Denn Netflix ist der Meinung, dass wir längst noch nicht alles gesehen haben und hat eine zweite Staffel veröffentlicht.

Die US-Doku-Serie zeigt die grausamen und tierschutzwidrigen Hintergründe zum Handel mit und der Haltung von Großkatzen. Deutlich wird auch, dass Narzissmus eines der Motive des Tiger King und anderer Raubkatzenhalter ist. Misshandlungen der Tiere gehören hier zum Tagesgeschäft, denn Wildtiere sind und bleiben wild und gefährlich, eine artgerechte Unterbringung in privaten Haushalten ist quasi unmöglich. Allein in den USA leben mehr Tiger in Gefangenschaft als in ganz Asien in der freien Natur. Die Schätzungen belaufen sich auf 5.000 bis 10.000 Tiger in den USA, im Vergleich zu noch etwa 4.000 Tigern in der Wildnis.

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Wie bei Tiger King? Raubtiere in deutschen Hinterhöfen

Doch nicht nur in den USA werden Raubtiere als „Haustiere“ missbraucht, auch in Deutschland liegen exotische Wildtiere, dank Instagram und Co., im Trend. Erst 2020 machte der Fall des Löwen Mojo Schlagzeilen, der bei einem privaten Halter in Sachsen-Anhalt lebte. Der Mann hatte den Löwen zwei Jahre zuvor in Tschechien gekauft und nach Deutschland gebracht. Es war nicht das erste Mal.

Bereits 2015 sorgte der selbe Halter für Schlagzeilen. Damals entkamen ihm zwei Löwenjunge, die er kurz zuvor in Tschechien gekauft hatte, aus dem Zimmer, in dem sie gehalten wurden, und wurden auf einem Parkplatz gefunden. Der Besitzer überließ die Tiere freiwillig unserer holländischen Partnerorganisation AAP, die sich bis heute um die Tiere kümmert. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich kurz danach erneut einen Löwen zu kaufen – über das Internet sind Löwen bereits ab 2.000 Euro zu kaufen. Doch seit Sommer 2020 ist der neue Löwe Mojo verschwunden. Nachdem sich das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt mit dem Fall befasste und dem Mann die Haltung von Löwen untersagt, verschwand das Tier spurlos. Seither versuchen die Behörden, vom ehemaligen Halter Informationen zum Verbleib des Tieres zu bekommen, bisher ohne Erfolg.

Puma als Haustier
Puma als Haustier

Kein Einzelfall: In Lahr in Baden-Württemberg wurde Anfang 2019 das Puma-Männchen Tikam beschlagnahmt. Der Besitzer hielt das Tier in einer normalen Mietswohnung und ging mit ihm an einer Hundeleine spazieren. Schlussendlich meldete die Vermieterin das ungewöhnliche „Haustier“. Aufgrund fehlender Papiere und Impfungen wurde der Puma beschlagnahmt und unter Quarantäne gestellt; die Haltung selbst wäre in Baden-Württemberg jedoch nicht verboten gewesen. In Heilbronn wirbt sogar ein Hotel mit dem hauseigenen Geparden Bungee.

Fehlende Gesetze in Deutschland

In Deutschland gibt es bisher kein Gesetz, das die Privathaltung exotischer Wildtiere verbietet. Tiere, die nicht als gefährlich eingestuft sind und die nicht artgeschützt sind, können in ganz Deutschland gehalten werden, ohne das diese überhaupt gemeldet werden müssten. De facto weiß niemand, wie viele exotische Wildtiere in Deutschland gehalten werden. Und die wenigsten sind so auffällig wie ein Tiger, ein Löwe oder ein Puma, ebenso wie die wenigsten Halter*innen so auffällig sind wie der „Tiger King“.

Löwe

Neun Bundesländer haben auf die fehlende Gesetzgebung reagiert und Verordnungen erlassen, die die Haltung von gefährlichen Wildtieren regeln. Welche Tiere hier als gefährlich eingestuft werden, unterscheidet sich allerdings je nach Bundesland stark. Beispielsweise hat Nordrhein-Westfalen ein Gesetz erlassen, dass lediglich die Haltung von Gifttieren regelt. Ungiftige, aber dennoch gefährliche Tiere wie Löwen, Krokodile oder Riesenschlangen können dort jedoch weiterhin ohne Einschränkungen gehalten werden. In den verbleibenden sieben Bundesländern (Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt) ist die Haltung von gefährlichen, exotischen Wildtieren nicht geregelt.

Tiger King auch in Deutschland?

Auch wenn in Deutschland sicherlich weit weniger Raubkatzen gehalten werden als in den USA: Auch in den Gärten und Wohnzimmern der Republik vegetieren Raubkatzen und andere Raubtiere in beengten Käfigen in nicht artgerechter Haltung. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland zum Schutz der Tiere und der Menschen endlich handelt und die Haltung dieser Tiere verbietet.

Das tut Pro Wildlife

Seit seiner Gründung klärt Pro Wildlife Öffentlichkeit und Politiker über fehlenden Gesetze im Wildtierschutz auf und setzt sich für eine bundeseinheitliche Regelung ein. Viele andere Länder machen es inzwischen vor und regeln die Privathaltung exotischer Tiere zum Beispiel über eine Positivliste. Diese legt fest, welche Tiere überhaupt gehalten werden dürfen; nämlich solche, die aus Tier- , Arten- und Naturschutzgründen, aber auch aus Gesundheitsaspekten für eine Privathaltung geeignet sind. Pro Wildlife fordert eine solche Lösung auch für Deutschland. Auch ein Sachkundenachweis sowie deutlich strengere Beschränkungen und Kontrollen der Importe von lebenden Wildtieren sind wichtig, um den Handel und die Haltung von exotischen Wildtieren zu regulieren.

Autorin: Katharina Lameter
Veröffentlicht am: 29. April 2020. Zuletzt aktualisiert am: 23. November 2021

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