Alltagshürden für Tierrettungen im Kongo

Alltagshürden für Tierrettungen im Kongo

Anfang 2023 nahm die von uns unterstützte Auffangstation für Affen in der Demokratischen Republik Kongo 20 neue Schützlinge auf. 20 Tiere auf einen Schlag? Das macht schon ein hiesiges Tierheim nervös. Aber wie kann man sich solche Tierrettungen im Kongo vorstellen – mit riesigen Entfernungen und kaum vorhandener Infrastruktur?

Die Demokratische Republik Kongo (DRC) ist mehr als sechsmal so groß wie Deutschland. Immer wieder übernimmt die dort ansässige Auffangstation J.A.C.K. junge, verletzte oder misshandelte Affen aus dem ganzen Land. In letzter Zeit waren es besonders viele Primaten aus Lodja, einer Kleinstadt im Zentrum des Landes, wo ein engagierter Tierschützer Affen in akuter Not und aus katastrophalen Haltungsbedingungen rettet, sie aber nicht dauerhaft versorgen kann. Deshalb müssen immer wieder Transporte von Lodja in die Großstadt Lubumbashi erfolgen, wo J.A.C.K. eine Auffangstation speziell für Affen betreibt und wo die Tiere auch eine Chance auf Wiederauswilderung bekommen.

Tierrettungen im Kongo aus Drahtkäfigen und Verschlägen © APPACOL-PRN
Rettung aus Drahtkäfigen und Verschlägen © APPACOL-PRN

Transporte über Stock und Stein

Lodja und Lubumbashi sind mehr als 1.500 km voneinander entfernt – das wäre schon nach deutschen Maßstäben und bei hiesigen Straßenverhältnissen eine echte Rosskur. Im Kongo gibt es kein gutes Straßennetz; kleinere Orte sind oft nur über Holperpisten erreichbar, die nach Regen mancherorts nur mit Motorrädern zu bewältigen sind. So mussten auch die 20 Äffchen in Transportkisten transportiert werden, angeschnallt auf dem Rücksitz von zwei Motorrädern. Für die 4 Schopfmangaben, 4 Brazza-, 3 Diadem- und 7 Rotschwanz-Meerkatzen sowie je eine Sumpf- und eine Grünmeerkatze begann eine strapaziöse Reise in ein besseres Leben.

Tiertransport © APPACOL-PRN
Tiertransport © APPACOL-PRN
Transportwege © APPACOL-PRN
Ungewöhnliche Transportwege © APPACOL-PRN

Zwischendurch benutzten die Fahrer sogar ein Boot, um den Fluss zu überqueren. Dann ging es weiter zu einer Startbahn, von wo aus die Affen mit einem kleinen Flieger nach Lubumbashi geflogen wurden. Von dort bis zur Station erfolgte ein komfortabler Transport per Auto.

Erstversorgung und liebevolle 24/7-Betreuung

In der Station J.A.C.K. nahmen die Betreiber Roxane und Franck Chanterau die Neuankömmlinge in Empfang. Nach einer kurzen Verschnaufpause mit ausreichend Futter erhielten alle 20 verängstigten und erschöpften Äffchen einem ersten Gesundheitscheck. Tiere mit sichtbaren Verletzungen wurden sofort versorgt. Zweien von ihnen, die ihr „Besitzer“ längere Zeit am Schwanz aneinandergebunden hatte (s. Foto), musste ein Stück des schwer verletzten Schwanzes amputiert werden. Bei zwei Schopfmangaben zeigten die Röntgenuntersuchungen, dass die Hüfte gebrochen war – einer von ihnen hat zudem sein linkes Auge verloren.

An den Schwänzen aneinandergebunden - die Affen werden oft aus katastrophalen Haltungsbedingungen gerettet  © APPACOL-PRN
An den Schwänzen aneinandergebunden - die Affen werden oft aus katastrophalen Haltungsbedingungen gerettet © APPACOL-PRN

Danach folgt eine Quarantänezeit, in der die Äffchen nach all den Strapazen zur Ruhe kommen können. Sie stellt auch sicher, dass die Kleinen keine Krankheiten einschleppen, wenn sie später zu den anderen Affen in die großen Freianlagen dürfen. Die Allerkleinsten von ihnen, zehn an der Zahl, werden von Roxane und Franck 24 Stunden, sieben Tage die Woche überwacht und versorgt – an ausreichend Schlaf ist dabei in der ersten Zeit kaum zu denken…

Erschöpft und verängstigt - einige der Neuankömmlinge der Tierrettungen im Kongo © J.A.C.K.
Erschöpft und verängstigt - einige der Neuankömmlinge © J.A.C.K.

Gleich und gleich gesellt sich gerne?

Wenn die Quarantänezeit gut überstanden ist, folgt die spannende Phase der Eingliederung in die bestehenden Affengruppen. Roxane und Franck wissen nur zu gut, dass man nicht einfach eine Schopfmangabe zu einer Gruppe Weißnasenmeerkatzen setzen kann. Doch auch innerhalb derselben Art muss die Zusammenführung nicht unbedingt funktionieren. Deshalb beobachten Franck und Roxane die Tiere gerade anfangs genau, um herausfinden, ob sie sich vertragen oder ob es unüberbrückbare Animositäten gibt. Wie beim Menschen auch gibt es Einzelgänger, dominante Platzhirsche und Eifersüchteleien. Das bedeutet, dass die Station, die schon im letzten Jahr 28 neue Affen gerettet hat, immer wieder neue Gehege und Ausweichmöglichkeiten schaffen muss.

Weißnasensakis Roxy und Tuba © J.A.C.K.
Die beiden Weißnasensakis Roxy und Tuba © J.A.C.K.

Start des Auswilderungsprogramms

Roxane und Franck können nicht anders: Wann immer sie von Affen in Not erfahren, setzen sie alles daran, den Tieren zu helfen und bei sich aufzunehmen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Doch trotz mehrerer Ausbauphasen kommt die Station allmählich an die Grenze ihrer Aufnahmekapazitäten.

Deshalb – und auch weil beide die Tiere möglichst wieder in Freiheit sehen wollen – wird derzeit die Wiederauswilderung der ersten Affengruppen vorbereitet. Hierzu müssen die Tiere erst in ein Trainingslager – bei uns scherzhaft „Dschungelcamp“ genannt – in dem sie lernen, welche Gefahren sie in der Natur meiden müssen, welches vermeintliche Futter wirklich genießbar ist und wie dünn ein Zweig sein darf, damit er das eigene Körpergewicht noch trägt. Für die Affen, die nie von ihrer eigenen Familie lernen konnten, ist all dies lebensnotwendig, um in der Wildnis dauerhaft überleben zu können. Schon 2024 sollen die ersten Affengruppen in die Natur zurückkehren.

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