Handel mit Froschschenkeln ist außer Kontrolle

Viele Wildfänge – Falsche Labels

München, 23. Februar 2017. Eine neue genetische Studie der französischen Universität Sorbonne zeigt, dass 99 Prozent der in die EU eingeführten tiefgefrorenen Froschschenkel unter falschem Artennamen importiert werden. Bereits 2011 hatte Pro Wildlife mit seinem Bericht „Canapés to Extinction“ gezeigt, dass die Europäische Union jährlich 100-200 Millionen Froschschenkel importiert. 2015 kamen 72 Prozent der Lieferungen aus Indonesien, nahezu alles Wildfänge. Die meisten Froschschenkel werden in Frankreich gegessen.

„Indonesiens Froschexporte sind eine Artenschutzkatastrophe. Die Studie zeigt, dass dort Kontrollen des Handels entweder nicht greifen oder nicht stattfinden. Die EU muss nun endlich reagieren und für die meistgehandelten Arten die Notbremse ziehen“, so Sandra Altherr, Biologin bei Pro Wildlife. „Der Handel muss endlich beschränkt werden.“

Ausgequakt: Das Verschwinden der Zahnfrösche

Die in Frankreich als Delikatesse verkauften Froschschenkel aus Indonesien sind als Java-Frösche (Limnonectes macrodon) deklariert. Die neue Studie der Wissenschaftler Annemarie Ohler und Violaine Nicolas aus Paris zeigt, dass weniger als ein Prozent der Tiere tatsächlich zu dieser Art gehören. Stattdessen handelt es sich der Studie zufolge bei über 98 Prozent der untersuchten Froschschenkel um südostasiatische Reisfrösche (Feyervarya cancrivora). Die Wissenschaftler der Universität Sorbonne befürchten, dass das Fehlen der Zahnfrösche im Handel bereits ein Zeichen dafür sein könnte, dass die Art in der Natur kaum noch vorkommt. Inzwischen wird der Zahnfrosch auf der Internationalen Roten Liste bedrohter Arten der IUCN bereits als gefährdet eingestuft. „Bereits vor sechs Jahren haben wir die EU als Hauptabsatzmarkt gewarnt, dass dieser unkontrollierte Massenimport von 100-200 Millionen Fröschen jährlich nicht nachhaltig sein kann“, betont Altherr, die Autorin der Studie „Canapés to Extinction“.

Fakten zu Froschschenkel-Importen der EU

2015 importierte die EU 4.234 Tonnen Froschschenkel, das entspricht etwa 84-200 Millionen Fröschen. Frankreich ist Hauptkonsument – wenngleich ein Großteil der Frösche über Belgien importiert wird. Weitere EU-Absatzmärkte sind die Niederlande und Italien; Deutschland spielt nur eine kleine Rolle. Fast Dreiviertel der Froschschenkel kommen derzeit aus Indonesien (nahezu alles Wildfänge), 22 Prozent aus Vietnam, drei Prozent aus der Türkei und 1,3 Prozent aus Albanien.

Am 29. und 30. April findet in der französischen Kleinstadt Vittel ein „Jahrmarkt der Frösche“ statt – ein Volksfest, bei dem binnen zwei Tagen rund sieben Tonnen Froschschenkel verzehrt werden: als Pastete, in Sahnesauce und als Grill-Snack.

Indien und Bangladesch haben Froschschenkel-Exporte längst gestoppt

Bis zu den 1980er Jahren waren Indien und Bangladesch die Hauptlieferanten für Froschschenkel. Dies führte dazu, dass die Wildbestände des asiatischen Ochsenfrosches (Hoplobatrachus tigerinus) und des Sechszehenfrosches (Euphlyctis hexadactylus) fast ausgerottet wurden, was eine Mückenplage und erhöhten Pestizid-Einsatz zur Folge hatte. Deshalb beschlossen die beiden Länder ein Exportverbot für Froschschenkel und ließen die beiden Froscharten 1985 durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (englisch CITES) schützen. „Seither hat sich der Markt verlagert und Indonesien hat den Spitzenplatz unter den Froschschenkel-Lieferanten eingenommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das ökologische Desaster auch dort wiederholt, denn Frösche sind eine wichtige natürliche Ungeziefer-Kontrolle“, so Altherr.

Pro Wildlife nimmt die neue Studie aus Frankreich zum Anlass, erneut die EU-Kommission aufzufordern, die Importe von Froschschenkeln strenger zu regulieren.

Deutsche Supermarktkette nimmt Froschschenkel aus dem Sortiment

In Deutschland verzichten immer mehr Restaurants und Handelsunternehmen darauf, Froschschenkel zu verkaufen. Die sky-Supermärkte haben am Montag angekündigt, zukünftig keine Froschschenkel mehr zu handeln  – ein positives Signal für den Artenschutz.

Mehr zum Thema