Wildtiere auf Social Media

Internet-Videos gefährden Wildtiere

Wildtiere auf Social Media

Content, Likes und Reichweite: Wildtiere sind die unfreiwilligen Stars auf Social Media. „Niiiiedlich“ und „Ich will auch eins!“ sind die wohl häufigsten Reaktionen auf Videos und Fotos mit Wildtieren. Doch hinter den vermeintlich süßen Posts auf Facebook, Instagram, TikTok, YouTube und anderen Plattformen verbirgt sich ein Teufelskreis des Tierleids. Bis heute stammen viele der Tiere noch immer aus der freien Natur. Sie werden eingefangen und weltweit gehandelt, um Menschen zu unterhalten oder als Haustier auf der Couch zu landen.

Facebook, Instagram, TikTok, YouTube & Co.

Wildtiere auf Social Media werden wie Objekte für 30 Sekunden Ruhm in Szene gesetzt. Das Wohl der Tiere steht hierbei nicht im Vordergrund, sondern Likes und Reichweite. Nicht immer ist das Tierleid hinter den Fotos und Videos auf den ersten Blick zu erkennen. Während vielen Menschen bewusst ist, dass Posts von Babyaffen in Windeln oder Tigern an der Leine mit Tierleid verbunden sind, ist dies bei vorgetäuschten Rettungsaktionen oder Videos von Wildtieren, die als Haustiere gehalten werden, nicht immer sofort erkennbar.

Doch hinter solchen Posts verbirgt sich ein Teufelskreis und die Leidtragenden sind die Tiere. Vor allem Videos, die vermeintlich niedliche oder lustige Szenen zeigen, erfreuen sich auf Social Media großer Beliebtheit. Menschen kommentieren, liken und teilen diese Videos und ihre Reichweite wird immer größer. Doch dabei bleibt es nicht, denn häufig wecken diese Videos bei den Betrachtenden den Wunsch ebenfalls ein Wildtier zu kuscheln oder ein exotisches Haustier zu besitzen. Und je mehr solcher Videos in Social Media kursieren, desto „normaler“ wird der Anblick. Plötzlich ist der Koala auf dem Arm, das Selfie mit dem Tiger und der Affe als Haustier ganz normal und das damit verbundene Tierleid schnell vergessen, zu groß ist der Wunsch nach dem eigenen ganz besonderem Erlebnis. Stars und Influencer*innen, die solche Inhalte posten, fördern diese Entwicklung zusätzlich.

Wie Sie auf Social Media helfen können

  1. Seien Sie sich des Tierleids hinter vermeintlich lustigen Videos bewusst.
  2. Melden Sie Videos mit Wildtieren bei der jeweiligen Plattform.
  3. Generieren Sie keine Reichweite für Videos mit fragwürdigem Inhalt, d.h. nicht anschauen, liken, teilen, kommentieren oder Freunde darauf markieren.
  4. Klären Sie Freunde und Verwandte über die tierquälerischen Hintergründe auf.

Ein Bericht, der im November 2022 veröffentlicht wurde und 840 Videos auf Social Media untersucht hat, zeigt, dass 65 % der Wildtiere, die in Videos präsentiert wurden, auf der Roten Liste als bedroht eingestuft sind (Quelle: SMACC). Zusätzlich zeigen Studien, dass Wildtiere, die für Posts auf Social Media benutzt werden, häufig unnatürliche Verhaltensweisen zeigen, verletzt oder krank sind.

Social Media als Bedrohung für Plumploris

Plumploris (engl. slow loris) sind das Paradebeispiel eines Netz-Hypes mit fatalen Folgen. Ihr niedliches Aussehen, das kuschelige Fell und ihr eigenartiges Verhalten werden den kleinen Halbaffen mit den großen Augen zum Verhängnis. Viele Videos zeigen, wie Plumploris die Ärmchen hochreißen, wenn sie am Bauch gekrault werden. Doch was für den Laien niedlich aussehen mag, ist eine Panik- und Abwehrreaktion der kleinen Äffchen. Denn Plumploris sind die einzigen giftigen Primaten der Welt und die Giftdrüsen sitzen in der Ellenbeuge. Wenn sich die Tiere bedroht fühlen, lecken sie an diesen Drüsen und beschichten so ihre spitzen Zähne mit Gift.

Wildtiere auf Social Media: Zwerglori © Jellrancher
Zwerglori © Jellrancher

Weil das jedoch kaum jemand weiß, wurden Videos von Plumploris beim Fressen, in Kostümen oder eben beim Kraulen millionenfach geklickt. Und so steigt die Nachfrage nach Plumploris rasant an. Mit fatalen Folgen, denn die Händler*innen reißen den nachaktiven Plumploris häufig ohne Betäubung die Eckzähne heraus oder kneifen sie mit einer Zange ab, um sie als Haustier besser verkaufen zu können. So wird jedes Fressen zur Qual und die offenen Wunden können schwere Infektionen auslösen. Auch an eine Auswilderung ist nach einer solchen Verstümmelung nicht mehr zu denken.

Ein Händler reißt einem Plumplori die Eckzähne aus © IAR
Ein Händler reißt einem Plumplori die Eckzähne aus © IAR

Die im Handel angebotenen Plumploris sind in der Regel Wildfänge, denn in Gefangenschaft ist die Zucht der sensiblen Tiere äußert kompliziert und nur sehr selten erfolgreich. In den Wäldern Südostasiens eingefangen, werden die Tiere in enge Käfige gesperrt. Viele überleben die Strapazen von Fang und Transport nicht. Auch ihr Verhalten wird den Tieren zum Verhängnis, denn sie lassen sich widerstandslos auf den Arm nehmen und verharren still, wenn sie sich bedroht fühlen. So ist es für Wildernde ein Leichtes, die Tiere jedes Jahr zu Tausenden von den Bäumen zu pflücken und zum nächsten Schwarzmarkt karren. Der Handel mit Plumploris ist illegal. Sie sind seit 2007 durch CITES international geschützt.

Wie Sie offline helfen können

  1. Besuchen Sie keine Einrichtungen, die direkten Kontakt oder Selfies mit Wildtieren anbieten. >> Urlaubstipps für Tierschützer*innen
  2. Beobachten Sie Wildtiere in der freien Natur mit gebotenem Abstand.
  3. Lassen Sie sich nicht verleiten ein Wildtier als exotisches Haustier anzuschaffen.

Wildtierhandel auf Social Media

Doch nicht nur Plumploris werden aus der freien Natur eingefangen. Noch immer stammen viele der Wildtiere, die als Haustiere angeboten werden aus der freien Natur. Jeden Tag werden sie zu Tausenden eingefangen und auf der ganzen Welt als Haustiere angeboten – ein milliardenschweres Geschäft. Viele Tiere sterben beim Fang oder dem Transport und die, die diese Tortur überleben, verbringen den Rest ihres Lebens in Gefangenschaft.

Wird eine bestimmte Tierart im Internet besonders gehypt, führt dies häufig dazu, dass mehr Tiere aus der Natur eingefangen werden, um die Nachfrage zu decken. Den ahnungslosen Betrachtenden wird eine kinderleichte Handhabung der wilden Tiere vorgegaukelt. Dabei stellen Wildtiere besonders hohe Ansprüche an ihre Haltung. Im Gegensatz zu domestizierten Haustieren wie Hund und Katze haben sie sich nicht über tausende von Jahren an die Lebensweise des Menschen angepasst. Die wenigsten Interessent*innen informieren sich jedoch vor dem Kauf ausreichend über die Bedürfnisse oder die Herkunft des neuen Wunschtiers.

Deutschland und die EU gehören weltweit zu den Hauptabsatzmärkten für exotische Heimtiere. Online und auf Tierbörsen kann hier Jede*r nahezu alles kaufen, darunter auch gefährliche oder giftige Tiere sowie geschützte oder bedrohte Arten. Kontrollen und Regelungen gibt es kaum, da die Politik bisher nicht adäquat auf die Vielzahl an Problemen reagiert hat, die mit dem Handel und mit der Privathaltung von Wildtieren einhergehen.

Social Media Plattformen müssen handeln

Die meisten Social Media Plattformen setzen sich in anderen Bereichen wie Kindesmissbrauch, Hassrede und Diskriminierung gegen die Verbreitung von Grausamkeit und illegalen Inhalten ein. Die Inhalte werden entfernt und die entsprechenden Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben. Zwar sind die Mechanismen bei Weitem nicht perfekt, jedoch werden hier deutliche Signale gesendet, dass Probleme erkannt sind und angegangen werden.

Wenn es jedoch um Tierquälerei oder Wildtierhandel geht, ist dies bisher meist nicht der Fall. Ganz im Gegenteil – die Algorithmen fördern die Verbreitung dieser Inhalt. Es ist an der Zeit, dass die Unternehmen Verantwortung übernehmen und Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung von Videos und Fotos einzudämmen und dem unkontrollierten Wildtierhandel auf ihren Plattformen den Riegel vorzuschieben.

Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife setzt sich auf internationalen Konferenzen für den besseren Schutz von Wildtieren ein. 2007 waren wir maßgeblich an der Unterschutzstellung von Plumploris beteiligt. Seither unterstützt Pro Wildlife auch die Plumplori-Auffangstation Ciapus auf Java, um eine Unterbringung beschlagnahmter Tiere bis zu ihrer Wiederauswilderung zu sichern. Darüber hinaus dokumentieren wir das Ausmaß und die Folgen des Handels mit exotischen Haustieren und betreiben Aufklärungsarbeit. Zusätzlich informiert Pro Wildlife Reisende und Reiseveranstalter über die Tier- und Artenschutzprobleme im Wildtiertourismus und gibt Tipps, worauf Sie im Urlaub achten sollten.

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