19. Juli 2019.
CITES 2019: Verlieren wir die Langhälse?
Wird in Schulen die Evolutionstheorie gelehrt, ist meistens die Giraffe der Star der Unterrichtsstunde. Die Giraffe (Giraffa camelopardalis) ist das höchste Landsäugetier unserer Erde. Ihr langer Hals, so weiß jedes Kind, hilft ihr dabei, an ihr Futter zu kommen. Was jedoch kaum jemand weiß: Die Giraffe stirbt leise und fast unbemerkt aus. Werden wir die Tiere bald nicht nur im Biologieheft, sondern auch in den Geschichtsbüchern wiederfinden?

Massai-Giraffe in Kenia
Giraffe ist nicht gleich Giraffe
Giraffen sehen auf den ersten Blick alle ähnlich aus, doch es gibt große Unterschiede zwischen den Tieren. Lange war nicht bekannt, dass es sogar mehrere Unterarten gibt. Heute sind neun Unterarten bekannt, alle leben auf dem afrikanischen Kontinent. Diese Vielzahl macht die Giraffe noch anfälliger, denn nun müssen neun Unterarten überleben, nicht nur eine Art. Doch viele Unterarten sind isoliert und extrem klein. Die Thornicroft-Giraffe (Giraffa camelopardalis thornicrofti), auch Rhodesische oder Luangwa-Giraffe genannt, lebt zum Beispiel in nur einem Nationalpark in Sambia. 550 Tiere haben in der Wildnis überlebt, in Gefangenschaft gibt es keine einzige. Ebenfalls sehr selten sind die Rothschild-Giraffen (Giraffa camelopardalis rothschildi), die nur in Uganda, Kenia und eventuell im Südsudan überlebt haben. Ungefähr 1.600 Tiere existieren noch.

Die Verbreitung der Giraffen-Unterarten
Das leise Aussterben der Giraffe
Vom Aussterben bedroht sind bereits die Kordofan-Giraffe (Giraffa camelopardalis antiquorum) und die Nubische Giraffe (Giraffa camelopardalis camelopardalis). Gerade eben hat außerdem die Weltnaturschutzunion IUCN Alarm geschlagen: Die Massai-Giraffe (Giraffa camelopardalis tippelskirchi), die in Kenia und Tansania vorkommt, gilt nun ebenso wie die Netzgiraffe (Giraffa camelopardalis reticulata) als stark gefährdet. In mindestens fünf afrikanischen Ländern sind die Tiere inzwischen ausgestorben, wahrscheinlich ist Mali das sechste Land, das seine Giraffen verloren hat. In den vergangenen 30 Jahren ist die Anzahl der wilden Giraffen um bis zu 40 Prozent zurückgegangen. Insgesamt wird angenommen, dass heute weniger als 100.000 Giraffen in Afrika leben. Somit gibt es inzwischen deutlich weniger Giraffen als beispielsweise Elefanten.

Thornicroft Giraffe in Sambia
Was ist das Problem?
Giraffen werden zu tausenden geschossen, ihre Teile international gehandelt. Bisher sind die Giraffen nicht ausreichend geschützt und der Handel weitestgehend unkontrolliert. Es werden fast alle Teile der Tiere ge- und verkauft: Knochen, Fell, Haare, Füße und vieles mehr. Sie werden als Trophäen gehandelt, aus den Fellen werden Kissenbezüge und andere Dekoartikel gemacht, die Knochen sind als Messergriffe und Schnitzereien begehrt. Alleine die USA haben zwischen 2006 und 2015 mindestens 39.516 Teile von Giraffen importiert. 99,7 Prozent von ihnen stammen von Tieren aus der Wildnis.

Giraffentrophäe in Namibia © Martin Harvey
Für die bereits isolierten Populationen, die immer weniger Lebensraum finden, stellt die kaum eingeschränkte Jagd ein großes Problem dar. Die Giraffen werden aus der Wildnis geschossen, landen als Deko-Artikel in der EU und in den USA und jahrelang hat bis auf die Forscher niemand Alarm geschlagen. Giraffen bekommen nur wenig Nachwuchs und jedes Tier, das in der Wildnis geschossen wird, fehlt.

Giraffe in Südafrika
Mehr Schutz für Giraffen
Der Handel ist eine der Hauptbedrohungen für Giraffen und wir müssen ihn unbedingt einschränken. Viele West-, Zentral und Ostafrikanische Länder sind besorgt, dass der internationale Handel ihre Giraffenpopulationen weitere verringert. Pro Wildlife setzt sich im Rahmen von CITES, der einzigen wirksamen internationalen Konvention, die den Handel mit Wildtieren reguliert, für den besseren Schutz der Giraffen ein. Dort haben sechs afrikanische Staaten beantragt, den Handel mit lebenden Giraffen und Giraffenteilen erstmals zu regulieren. Dem gegenüber stehen die mächtigen Interessen von Trophäenjägern und Ländern wie Südafrika und Simbabwe, die ihre Wildnis zu Geld machen wollen.

Rothschild Giraffe in Kenia
Zum Glück gibt es zahlreiche Verbündete: Die Mehrzahl der afrikanischen Staaten unterstützt die Unterschutzstellung der Giraffe und auch die EU signalisiert Zustimmung. Mitte August 2019 findet die nächste CITES-Konferenz in Genf statt. Wir sitzen mit am Verhandlungstisch, damit Giraffen und viele andere Tierarten endlich besser geschützt werden. (Edit: Wir haben es tatsächlich geschafft! Die Giraffen wurden auf der CITES-Artenschutzkonferenz besser geschützt. Der Handel mit ihnen wird in Zukunft überwacht und kontrolliert).
Autorin: Sandra Henoch
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