
Weißer Löwe Mojo als Haustier gehalten
6. März 2021. Ein Löwe als Haustier? Der weiße Löwe Mojo (auch „Moyo“ geschrieben) machte bereits im Februar 2020 bundesweit Schlagzeilen: Damals wurden die Behörden erstmals auf die privat gehaltene Großkatze in Zielitz (Sachsen-Anhalt) aufmerksam. Seitdem wurde der Löwe zwischen verschiedenen Einrichtungen hin und her geschoben – unter anderem war Mojo kurzzeitig im Bergzoo Halle untergebracht. Nun setzt das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt diesem Treiben endgültig ein Ende. Das Urteil: Der Halter darf den weißen Löwen Mojo nicht mehr halten, damit ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg bestätigt. Seit letztem Jahr machen wir bei den Behörden Druck und setzen uns mit unseren Partnern für die Unterbringung von Mojo in einer Auffangstation ein, wo er dann auch endlich unter Artgenossen leben kann. Aber der Krimi zieht in eine neue Runde: Nach dem Gerichtsurteil hat der Halter den Löwen versteckt, um ihn dem Zugriff der Behörden zu entziehen… Weiße Löwen sind selten – und deshalb begehrt (Symbolfoto) Besitzer ist ein Wiederholungstäter Doch Löwe Mojo ist kein Einzelfall – und genau das ist das Erschreckende. Derselbe Besitzer hatte sich bereits 2015 über das Internet die zwei Löwenbabys Elsa und Marley angeschafft. Über einschlägige Internetforen sind Löwen bereits ab 2.000 Euro erhältlich; es handelt sich dabei oft um Zuchten aus Osteuropa, die im Internet verhökert werden! Die beiden Löwenbabys sorgten damals für große Aufregung, als sie aus dem Haus des Besitzers entkamen und auf einem Parkplatz gefunden wurden. Damals überließ der Besitzer Elsa und Marley freiwillig unseren niederländischen Partnern von AAP, die sich bis heute um die Tiere kümmern und für die hohen Versorgungskosten aufkommen. Dies hielt den Besitzer jedoch nicht davon ab, sich kurz darauf still und heimlich erneut einen Löwen zu kaufen. Und nach aktueller Rechtslage kann er das auch künftig wieder tun. Doch zunächst muss Mojo erst einmal wieder auftauchen, bevor ihn die Behörden einziehen können. Derzeit versucht das Veterinäramt, per Zwangsgeld das Versteck des Löwen zu ermitteln… Löwe an der Leine: Gesetzeslage in Deutschland Bisher gibt es in Deutschland kein Gesetz, welches die Privathaltung von Wildtieren verbietet. Für international geschützte Tierarten besteht lediglich eine Meldepflicht. Wie viele exotische Wildtiere in Deutschland als „Haustiere“ gehalten werden ist, daher völlig unklar. Neun der 16 Bundesländer haben daher selbst Verordnungen erlassen, die die Haltung von gefährlichen bzw. giftigen Tierarten regeln. Welche Arten als gefährlich eingestuft werden, unterscheidet sich allerdings je nach Bundesland stark. Beispielsweise hat Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2021 ein Gesetz erlassen, das die Haltung von Gifttieren regelt. Und tatsächlich trifft das Wort „regeln“ zu: Ungiftige, aber dennoch gefährliche Tiere, wie Löwen, Krokodile oder Riesenschlangen, können hier weiterhin ohne Einschränkungen gehalten werden. In den verbleibenden Bundesländern (Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt) können exotische Wildtiere bisher sogar uneingeschränkt gehalten werden. Somit hätte der Besitzer von Mojo den weißen Löwen aus rechtlicher Sicht weiterhin halten dürfen. Lediglich die nicht tierschutzgerechte Unterbringung (bitte nicht mit „artgerecht“ verwechseln!) auf dem Grundstück des Halters führt zu dem Haltungsverbot. Löwen sind Rudeltiere Gefährlicher Trend für Mensch und Tier Dank Instagram & Co. liegen exotische Haustiere voll im Trend. Daher führen fehlende Gesetze immer wieder dazu, dass sich Privatpersonen exotische Wildtiere anschaffen, meist ohne über die Konsequenzen für das Tier oder sich selbst nachzudenken. Denn die Tiere werden häufig gekauft, wenn sie noch süße, kleine Babys sind. Doch schnell werden aus den niedlichen Jungtieren ausgewachsene Wildtiere, die im Gegensatz zu Hund und Katze keinen Domestizierungsprozess durchlaufen haben. Das heißt, sie haben sich nicht über Jahrhunderte hinweg an den Menschen angepasst, sondern sind und bleiben gefährliche und unberechenbare Wildtiere. Das tut Pro WildlifePro Wildlife setzt sich bereits seit seiner Gründung für bundeseinheitliche Gesetze ein, die die Haltung von und den Handel mit exotischen Wildtieren massiv einschränken. Eine sogenannte Positivliste, wie es sie bereits in anderen Ländern wie Luxemburg, Belgien und den Niederlanden gibt, wäre hierfür ein wichtiges Werkzeug. Eine Positivliste legt fest, welche Tiere sich unter Berücksichtigung von Tier-, Arten- und Naturschutz sowie Gesundheits- und Sicherheitsaspekten dazu eignen, in Privathaushalten gehalten zu werden. Autorin: Katharina Lameter (Originaltext vom 26.2.21, Update vom 6.3.21) Mehr Informationen Totenkopfäffchen Wildtiere sind als exotische Haustiere der letzte Schrei, der Handel mit lebenden exotischen Tieren boomt: » Exotische Haustiere Gesetzeslage NRW Kobra & Co.: NRW verabschiedet endlich ein Gesetz, das giftige Tiere als Haustiere verbietet» Haltungsverbot für Kobra und Co Tiger King: Die Haltung von Großkatzen „Tiger King: Großkatzen und ihre Raubtiere“ lockt weltweit Menschen vor die Fernseher. Die Geschichte hinter der Netflix-Serie » Raubkatzen als Haustiere

Affe als Haustier
28. Dezember 2020. Affen gehören nicht ins Wohnzimmer! Haben der Kapuzineraffe von Justin Bieber, der Schimpanse von Michael Jackson oder das Äffchen von Chris Brown so viele Menschen dazu inspiriert, sich ein ganz spezielles Accessoire für Zuhause anzuschaffen? Und jetzt auch noch Prinz Marcus von Anhalt, ein vorbestrafter Bordellbesitzer und adoptierter Adliger, der sich und seiner Tochter zu Weihnachten 2020 mit einem zwei Monate alten Affenbaby beschenkt… Meerschweinchen sind out, der Affe als Haustier ist In! Beeinflusst durch Promis und Internet-Filmchen stellen sich manche Leute das neue Haustier als gut dressierten Schmuseaffen vor. Auch Schimpanse, Totenkopfaffe und Co. als tierische Hauptdarsteller in Film, TV und Werbung gaukeln uns das ideale Haustier vor – ein Irrglaube! Affe als Haustier: Keine gute Idee Affen sind und bleiben Wildtiere Süß, harmlos und niedlich sehen die kleinen Babyäffchen aus, fast wie kleine behaarte Menschen. Als unsere nächsten Verwandten sind uns Affen in Aussehen und Verhalten teils sehr ähnlich. Kein Wunder, dass besonders Jungtiere schnell ins Herz geschlossen werden. Auch im Zoo zählen Primaten zu den Besucherlieblingen schlechthin. So manch ein Affen-Fan hätte deshalb gerne selbst so einen zu Hause. Doch als Haustiere sind Affen nicht geeignet. Zwar sind kleine Affenbabys noch süß und unselbstständig. Je älter sie jedoch werden, desto problematischer wird der Umgang mit den wilden Hausgenossen. Im Gegensatz zu Hund und Katze sind Wildtiere wie Affen nicht über Jahrtausende an ein Leben mit uns Menschen angepasst. Spätestens während der Pubertät verwandeln sich die kleinen süßen Affenbabys in mitunter gefährliche, aggressive Zeitgenossen. Stubenrein werden sie nie… Ein Affe wird als Haustier gehalten Gesellige Tierchen leiden in Gefangenschaft Fast alle Affenarten zeigen ein komplexes Sozialverhalten, denn sie leben in der Natur in großen Gruppen zusammen. Für die Privathaltung werden die Babyäffchen ihrer Mutter oft bereits unmittelbar nach der Geburt entrissen, um sie an die Menschen zu gewöhnen. Mit der Flasche aufgezogen und allein oder paarweise gehalten, ist es jedoch kaum verwunderlich, dass viele von ihnen an Verhaltensstörungen leiden und mitunter depressiv werden. Denn ein Mensch kann den Äffchen niemals einen Artgenossen ersetzen. Der Affe als Haustier bedeutet also immer großes Leid für die Mütter und ihre Babys. Kapuzineraffen sind beliebte Haustiere Affe als Haustier ist nicht artgerecht Nach kürzester Zeit bereuen viele Halter ihren Wunsch nach Wildnis im Wohnzimmer: Der Affe ist zu groß, zu aggressiv, zu laut oder macht zu viel Dreck. Viele Käufer unterschätzen auch die immensen Kosten für eine einigermaßen passable Unterbringung. Da Affen nie alleine, sondern in der Gruppe gehalten werden müssen, sind die Platzanforderungen immens. Durch beengte Gehege treten schnell Gruppenkonflikte auf. Für Tiere können die Streitereien tödlich enden, da sie sich nicht ausreichend aus dem Weg gehen können. Die hohen Platzanforderungen und eine artgerechte Ausstattung sind von Privathaltern nicht realisierbar. In der Natur legen Affen täglich große Strecken zurück, gerade die Kleinen nutzen jede Gelegenheit zum Springen, Klettern und Herumtoben. Nichts ist vor den verspielten, neugierigen Kerlchen sicher. In der Wohnung machen sie die Einrichtung kaputt und pinkeln und koten überall hin. So hinterlassen Affen permanent beschädigte Möbel und beißen auch mal kräftig zu. Je nach Affenart kann das sogar lebensgefährlich werden, denn viele Wunden entzünden sich. Bei Berberaffen, Mandrills und allen Menschenaffen können Angriffe auch tödlich enden. Berberaffen können gefährlich werden Gefährlicher Trend exotische Tiere in der Wohnung In den USA ist der Trend zum exotischen „Haustier“ schon seit vielen Jahren gang und gäbe. In Asien sind vor allem Menschenaffen sehr beliebt. Sie werden privat gehalten, aber auch für Zirkus-Shows und Touristenattraktionen trainiert, in denen sie Tricks und Kunststücke zeigen. Im Jahr des Affen 2017 stieg der Handel weiter rasant an, denn viele Asiaten wünschen sich neuerdings einen dieser kleinen, anfangs nicht mehr als einen Finger großen Weißbüschelaffen. Diese kosten online gerade einmal 125 Euro. Mittlerweile boomt der Handel mit Exoten aber auch in Europa und immer mehr Wildtiere halten Einzug in deutsche Wohnzimmer. Hunde und Katzen waren gestern. Heute gilt: Je spezieller und seltener, desto beeindruckender das Haustier. Exoten sind zum Statussymbol geworden. Kein Wunder, denn mittlerweile lässt sich auch das seltenste Tier innerhalb weniger Mausklicks bestellen und mit dem nötigen Kleingeld bis vor die Haustür liefern. Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgegebenen „Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“ werden in der Praxis nur sporadisch, wenn überhaupt, überprüft. Viele der geschützten Tiere werden gar nicht erst bei den Behörden gemeldet. Und wenn doch, dann sind bei Kontrollen die Mindestanforderungen nicht einmal rechtsverbindlich, sondern nur eine Empfehlung, so dass es im Ermessen des Amtstierarztes liegt, ob und wann er durchgreift… Weißbüschelaffen sind bei Privathaltern beliebt Exotenhaltung gefährdet die Wildbestände Obwohl Primaten durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützt sind und viele Affenarten in Gefangenschaft gezüchtet werden, werden noch immer Tiere illegal als Nachzucht deklariert und ins Ausland geschmuggelt. Wildtierhandel zählt zu einem der lukrativsten Geschäftszweige auf dem Schwarzmarkt. Mehr als 2.400 Affen aus 54 Arten wurden zwischen 2010 und 2014 allein auf den beiden größten deutschen Internetplattformen angeboten. Sie gehören somit zu den meist gehandelten Säugerarten. Top-Seller waren Weißbüschelaffe, Lisztaffe, Goldkopf-Löwenäffchen, Zwergseidenäffchen und Katta. Auch geschützte Arten wie Plumploris und Menschenaffen werden online zum Kauf angeboten. Und das ist nur der Markt in Deutschland – die Nachfrage in anderen Ländern kommt ja noch on top. So ist es kein Wunder, dass vor allem der illegale und nicht nachhaltige Handel und die Zerstörung ihres Lebensraums viele Affenarten bedrohen. Gerade bei Primaten, die in ihrem Leben oft nur wenige Nachkommen zeugen und vergleichsweise lange für diese sorgen, sind die Folgen der Wilderei verheerend. Und das alles nur für den extravaganten Trend, sich gegen jeden Verstand die Wildnis ins Wohnzimmer holen zu wollen. Der Affe als Haustier ist ein absolutes No Go! Plumplori © IAR Das tut Pro WildlifeAffen (und viele andere Exoten) gehören nicht ins Wohnzimmer! Pro Wildlife fordert strengere Gesetze und Kontrollen in der Exotenhaltung und ein generelles Wildtierimportverbot. Eine Positivliste, wie sie in Belgien und den Niederlanden bereits existiert, wäre auch in Deutschland der beste Weg um den Handel und die Haltung von Wildtieren auf für den Arten- und Tierschutz unbedenkliche Arten zu beschränken. Pro Wildlife dokumentiert außerdem Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Tieren und konnte für dutzende Arten, deren Bestand durch den Heimtierhandel bedroht wird, bereits Handelsverbote und Beschränkungen erwirken. Autorin: Verena Weber, 16. Oktober 2018 (Update am 28.12.2020) Mehr Informationen Exotische Haustiere Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Affen Affen sind unsere nächsten Verwandten – vom Schimpansen unterscheidet uns Menschen nur 1,7 Prozent unserer Gene. » Affen Wildkatzen auf der Couch Kreuzungen aus Haus- und Wildkatze sind der neueste Schrei. » Wildkatzen auf der Couch

Tiger King: Die Geschichte hinter der Netflix-Serie
09. Juli 2020. Tiger und Löwen in Deutschland? Die Netflix-Serie „Tiger King: Großkatzen und ihre Raubtiere“ lockt weltweit Menschen vor die Fernseher. In der Hauptrolle: Der Exzentriker Joe Exotic, selbsternannter „Tiger King“ und Waffennarr, der inzwischen wegen diverser Verbrechen zu einer Haftstrafe von 22 Jahren verurteilt ist. Nun hat ein Bundesrichter entschieden, dass der ehemalige Zoo von Joe Exotic in den Besitz seiner Gegenspielerin, Tierrechtsaktivistin Carole Baskin, übergeht. Der aktuelle Besitzer des Zoos, Großkatzenzüchter Jeff Lowe, hat nun 120 Tage Zeit die Einrichtung zu räumen und für seine ca. 200 Tiere, die aktuell in dem Zoo leben, eine neue Unterkunft zu finden. Die US-Doku-Serie zeigt die grausamen und tierschutzwidrigen Hintergründe hinter dem Handel mit und der Haltung von Großkatzen. Deutlich wird auch, dass Narzissmus eines der Motive des Tiger King und anderer Raubkatzenhalter ist. Misshandlungen der Tiere gehören hier zum Tagesgeschäft, denn Wildtiere sind und bleiben wild und gefährlich, eine artgerechte Unterbringung in privaten Haushalten ist quasi unmöglich. Allein in den USA leben mehr Tiger in Gefangenschaft als auf der ganzen Welt in der freien Natur. Die Schätzungen belaufen sich auf 5.000 bis 10.000 Tigern in den USA, im Vergleich zu noch etwa 4.000 Tigern in der Wildnis. Wie bei Tiger King? Raubtiere in deutschen Hinterhöfen Doch nicht nur in den USA werden Raubtiere als „Haustiere“ missbraucht, auch in Deutschland liegen exotische Wildtiere, dank Instagram und Co., im Trend. Erst kürzlich machte der Fall des Löwen Mojos Schlagzeilen, der bei einem privaten Halter in Sachsen-Anhalt lebt. Der Mann hatte den Löwen zwei Jahre zuvor in Tschechien gekauft und nach Deutschland gebracht. Es war nicht das ersten Mal. Bereits 2015 sorgte der selbe Halter für Schlagzeilen. Damals entkamen ihm zwei Löwenjunge, die er kurz zuvor in Tschechien gekauft hatte, aus dem Zimmer, in dem sie gehalten wurden. Er überließ die Tiere freiwillig unserer holländischen Partnerorganisation AAP, die sich bis heute um die Tiere kümmert. Das hielt ihn nicht davon ab, sich kurz danach erneut einen Löwen zu kaufen – über das Internet sind Löwen bereits ab 2.000 Euro zu kaufen. Den neuen Löwen Mojo hat der Halter nun zeitweise an den Zoo Halle abgegeben, doch sein weiteres Schicksal ist bisher unklar. Da Sachsen-Anhalt die Haltung von exotischen Wildtieren nicht verbietet, dürfte der Mann Mojo aus rechtlicher Sicht weiterhin halten. Ob er das Tier überhaupt zurückhaben möchte, ist noch nicht klar. Doch wer kümmert sich zukünftig um den Löwen und kommt für die hohen Kosten für Unterbringung und Futter auf? Kein Einzelfall: In Lahr in Baden-Württemberg wurde Anfang 2019 das Puma-Männchen Tikam beschlagnahmt. Der Besitzer hielt das Tier in einer normalen Mietswohnung und ging mit ihm an einer Hundeleine spazieren. Schlussendlich meldete die Vermieterin das ungewöhnliche „Haustier“. Aufgrund fehlender Papiere und Impfungen wurde der Puma beschlagnahmt und unter Quarantäne gestellt, die Haltung selbst wäre in Baden-Württemberg jedoch nicht verboten gewesen. In Heilbronn wirbt sogar ein Hotel mit dem hauseigenen Geparden Bungee. Fehlende Gesetze in Deutschland In Deutschland gibt es bisher kein Gesetz, das die Privathaltung exotischer Wildtiere verbietet. Tiere, die nicht als gefährlich eingestuft sind und die nicht artgeschützt sind, können in ganz Deutschland gehalten werden, ohne das der Halter diese überhaupt melden müsste. De facto weiß niemand, wie viele exotische Wildtiere in Deutschland gehalten werden. Und die wenigsten sind so auffällig wie ein Tiger, ein Löwe oder ein Puma ebenso wie die wenigsten Halter so auffällig sind wie der „Tiger King“. Neun Bundesländer haben auf die fehlende Gesetzgebung reagiert und Verordnungen erlassen, die die Haltung von gefährlichen Wildtieren regeln. Welche Tiere hier als gefährlich eingestuft werden, unterscheidet sich allerdings je nach Bundesland stark. Vor kurzem hat auch Nordrhein-Westfalen ein Gesetz erlassen, dass die Haltung von Gifttieren regelt. Ungiftige aber dennoch gefährliche Tiere, wie Löwen, Krokodile oder Riesenschlangen können hier jedoch weiterhin ohne Einschränkungen gehalten werden. In den verbleibenden sechs Bundesländern (Baden-Württemberg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt) ist die Haltung von gefährlichen, exotischen Wildtieren nicht geregelt. Tiger King auch in Deutschland? Auch wenn in Deutschland sicherlich weit weniger Raubkatzen gehalten werden als in den USA: Auch in den Gärten und Wohnzimmern der Republik vegetieren Raubkatzen und andere Raubtiere in beengten Käfigen in nicht artgerechter Haltung. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland zum Schutz der Tiere und der Menschen endlich handelt und die Haltung dieser Tiere verbietet. Das tut Pro WildlifeSeit seiner Gründung klärt Pro Wildlife Öffentlichkeit und Politiker über fehlenden Gesetze im Wildtierschutz auf und setzt sich für eine bundeseinheitliche Regelung ein. Viele andere Länder machen es inzwischen vor und regeln die Privathaltung exotischer Tiere zum Beispiel mit Hilfe einer Positivliste, die festlegt, welche Tiere überhaupt gehalten werden dürfen; nämlich solche, die aus Tier- , Arten- und Naturschutzgründen, aber auch aus Gesundheitsaspekten für eine Privathaltung geeignet sind. Pro Wildlife fordert eine solche Lösung auch für Deutschland. Auch ein Sachkundenachweis sowie deutlich strengere Beschränkungen und Kontrollen der Importe von lebenden Wildtieren sind wichtig, um den Handel und die Haltung von exotischen Wildtieren zu regulieren. Dieser Artikel wurde zuerst am 29. April 2020 veröffentlicht und am 9. Juli 2020 aktualisiert. Autorin: Katharina Lameter Mehr Informationen Endstation Wohnzimmer Der Bericht dokumentiert die Anzahl und Vielfalt nicht-domestizierter Säugetiere, die auf deutschen Internetbörsen zum Kauf angeboten wurden » Bericht „Endstation Wohnzimmer: Exotische Säugetiere als Haustiere“ (pdf) Exotische Haustiere In vielen deutschen Bundesländern ist es nicht verboten, einen Geparden im Garten zu halten. Ohne Weiteres kann man sich einen Affen als Haustier kaufen. » Endstation Wohnzimmer: Exotische Haustiere Verbändeforderung Diese Vielfalt an angebotenen Tieren (vom Leguan bis zum Löwen) und die Privathaltung von exotischen Wildtieren in Deutschland bringt eine Vielzahl an Problemen mit sich. » Gemeinsame Forderung von 16 Verbänden nach strengeren Regelungen im Wildtierhandel Massenverkauf von Reptilien auf Börsen Hunderte größere Tierbörsen gibt es allein in Deutschland – verkauft wird alles: vom Guppy bis zur Giftschlange » Tierbörsen: Wildtiere vom Wühltisch » Verbände-Forderungen zum Wildtierhandel 2014

Haltungsverbot für Kobra und Co
25. Juni 2020. NRW verbietet giftige Tiere als Haustier – endlich! In einer der letzten Sitzungen vor der Sommerpause, zudem spät in der Nacht, hat die Landesregierung in NRW am 24. Juni 2020 ihr Gifttiergesetz verabschiedet. Damit reagierte sie auf das Entkommen einer Kobra im August 2019, was die Evakuierung mehrerer Wohnungen und einen tagelangen Großeinsatz der Feuerwehr zur Folge hatte. Pro Wildlife und acht weitere Verbände hatten damals an die Umwelt- und Verbraucherschutzministerin von NRW geschrieben und ein Gefahrtiergesetz gefordert. Wenige Monate später legte die Ministerin ihren Entwurf vor. Mit seinem Gifttiergesetz wird NRW das neunte Bundesland, das die Haltung giftiger Tiere als Haustier einschränkt. Die Gelbflecken-Palmlanzenotter (Bothriechis aurifer) ist eine Giftschlange Kobra & Co: Ein bundesweiter Flickenteppich an Regelungen Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen haben bereits Regelungen zur Haltung gefährlicher Tiere als Haustier – diese weichen jedoch stark voneinander ab: Während Giftschlangen in all diesen Bundesländern unter die Regelungen fallen, gelten Berberaffen und Gibbons beispielsweise in Bayern als gefährlich, fehlen aber auf der Liste in Hamburg. Und auch die Strenge der Regelungen variiert stark: Von einer Zuverlässigkeitsprüfung (wie in Berlin) über strenge Auflagen (z.B. in Bayern) bis zum strikten Haltungsverbot in Hessen ist alles dabei. NRW hat sich für einen Mittelweg entschieden – zwar ein Haltungsverbot, allerdings nur für stark giftige Tiere. In sieben Bundesländern gibt es weiterhin keinerlei Auflagen. Was bedeutet das Gesetz für die Privathaltung gefährlicher Tiere in NRW? Nun reiht sich in die Liste derer, die die Gefahrtierhaltung reglementieren, also NRW ein – das Bundesland, in dem (außer in Corona-Zeiten) in der Stadt Hamm viermal jährlich die Terraristika, eine der weltweit größten Reptilienbörsen, stattfindet. Dort kann jedermann im Gifttierraum von der Klapperschlange für 30 Euro bis zum Inland-Taipan für 1.000 Euro quasi alles an Giftschlangen kaufen, was in der Natur so kreucht und fleucht. Außerhalb des Gifttierraums gibt es dann das Who-is-Who der giftigsten Spinnen und Skorpione im praktischen To-Go-Plastikbecher: Schwarze Witwe, gelber Mittelmeer-Skorpion oder Kammspinne werden für wenige Euro als Haustier mit Nervenkitzel angeboten. Der Verkauf solcher Tiere bleibt in NRW leider erlaubt. Der Politik fehlte bisher der Mut, auch den Handel einzuschränken. Für Privathalter gilt künftig jedoch: Sie müssen innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes vorhandene Gifttiere melden (es gilt Bestandsschutz), dürfen aber weder ihre Tiere an andere Privatpersonen abgeben, noch neue giftige Tiere halten. Die Privathaltung von nicht-giftigen, aber dennoch für den Menschen sehr gefährlichen Tieren wie Krokodil, Löwe oder Anakonda bleibt jedoch erlaubt. Die Logik dahinter erschließt sich uns nicht, aber das Gifttierverbot ist zumindest ein Anfang. Die Schwarze Witwe (Latrodectus tredecimguttatus) ist laut Gifttiergesetz künftig für Privathalter in NRW verboten Das Monokelkobra-Déjà-vu Bereits vor ein paar Jahren hatte die damals noch rot-grüne Landesregierung in NRW ein Gefahrtiergesetz geplant – ebenfalls ausgelöst durch eine 2010 entkommene Monokelkobra, die ein 19-Jähriger wenige Tage zuvor auf der Terraristika in Hamm gekauft hatte. Damals wurde die Schlange über drei Wochen gesucht, dabei eine Straße gesperrt, ein Mehrfamilienhaus evakuiert und eine Wohnung entkernt. Auf den Gesamtkosten von 100.000 Euro blieb die Stadt sitzen – bei dem arbeitslosen Schlangenhalter war nichts zu holen. Warum setzt sich Pro Wildlife für Gefahrtiergesetze ein? Der Grund, warum sich Pro Wildlife gegen die Haltung von Krokodil, Kobra & Co. als Haustier ausspricht, ist, dass die Haltung vieler exotischer Tiere im Wohnzimmer ohnehin kaum oder nur mit hohem Aufwand und großer Expertise tierschutzkonform funktionieren kann. Sind solche Tiere dann auch noch gefährlich, ist ihre Versorgung nochmals schwieriger: Ein regelmäßiger Umgang mit den Tieren, um den Gesundheitszustand zu checken oder mal eben das Terrarium bzw. das Gehege zu säubern? Nicht praktikabel. Der Besuch beim nächstgelegenen Tierarzt um die Ecke, im Falle einer Verletzung oder Erkrankung? Mit Krokodil, Puma oder Kobra wohl kaum möglich. Für Tierheime und Auffangstationen sind die Versorgung und Vermittlung gefährlicher Tiere zudem weit schwieriger als für „normale“ Haustiere. Nilkrokodile (Crocodylus niloticus) bleiben in NRW als Haustier erlaubt Wie beurteilt Pro Wildlife das Gifttiergesetz in NRW? NRW-Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser begründete ihren Gesetzesentwurf im November 2019: „Giftige Tiere gehören grundsätzlich nicht in private Hände“. Der Meinung sind wir auch – aber das gilt nicht nur für Giftschlangen. Was ist mit anderen gefährlichen Tieren wie z.B. Krokodile, Großkatzen, großwüchsige Warane und Würgeschlangen? In unserer Stellungnahme, die wir im Januar 2020 an die Ministerin und den NRW-Landtag schickten, begrüßten wir ausdrücklich, dass NRW ein Verbot der Privathaltung stark giftiger Tiere plant. Gleichzeitig forderten wir eine Ausweitung der Liste verbotener Arten. Tatsächlich sind in den letzten Tagen noch einzelne Nachbesserungen erfolgt; so wurden nun u.a. auch weitere Skorpione sowie Mausspinnen in die Liste der verbotenen Tierarten aufgenommen. Aber es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum das Gesetz nur bis zum 31.12.2025 gelten soll und warum auf ein Zuchtverbot für Gifttiere ausdrücklich verzichtet wurde. Auch tritt das neue Gesetz erst zum 1. Januar 2021 in Kraft (statt ursprünglich geplant mit sofortiger Wirkung) – was den Freunden giftiger Haustiere die Möglichkeit gibt, bis zum Jahresende nochmal einzukaufen… Löwen (Panthera leo) sind gefährlich und nicht als Haustier geeignet Die Gefahrtierregelungen der Bundesländer bleiben damit uneinheitlich und unvollständig – und trotzdem sind sie wichtig, solange nicht die Bundesregierung den Handel mit und die Privathaltung von Wildtieren endlich begrenzt. Und zwar auf solche Arten, die aus Sicht des Artenschutzes, Tierschutzes, Naturschutzes und der Gesundheit überhaupt geeignet sind. Autorin: Dr. Sandra Altherr Weitere Informationen Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel: Handel ohne Grenzen » Hintergrund: Reptilienschmuggel Löwe als Haustier Löwe im Bergzoo Halle soll zurück in Privathaltung. Tierschützer fordern strengere Gesetze » Pressemitteilung vom 3. März 2020

Coronaviren und der Tierhandel
19. Mai 2020. Der globale Wildtierhandel als tickende Zeitbombe. Derzeit dominiert ein neues Coronavirus die internationalen Schlagzeilen, denn trotz des Abriegelns von Millionenstädten in China, von Grenzen in Europa und Ausgangssperren in zahlreichen Ländern weltweit breitet sich das Virus rasant aus. Ein chinesischer Wildtiermarkt in Wuhan, auf dem unter anderem Schlangen- und Schuppentierfleisch zum Verzehr angeboten wurde, diente vermutlich als Brandherd für die rasante Ausbreitung des Virus. Der genaue Übertragungsweg ist bisher nicht geklärt. Fakt ist jedoch, dass das Virus nicht künstlich in einem Labor hergestellt wurde, sondern ursprünglich von einem Wildtier stammt, wie die WHO und diverse Wissenschaftler bestätigen. Es wurde zunächst angenommen, eine zum Verzehr angebotene Schlangen hätte sich über das Fressen eines Fledertieres infiziert. Danach vermuteten Forscher, dass Schuppentiere den Erreger übertragen haben könnten. Schlangen auf dem Markt in Jiangmen Auf Wildtiermärkten in Asien verschwindet die Artenvielfalt Wildtiere werden millionenfach auf Märkten in China verkauft, oft lebend oder aber zerlegt, geräuchert oder in Flüssigkeiten eingelegt. Schuppentiere, Ginsterkatzen, Affen, Ratten, Schlangen, Flughunde, Wasserschildkröten: Angeboten wird nahezu alles, was die Natur hergibt. Da Chinas Wälder und Flüsse vielerorts leergefangen sind, kommen große Wildtierlieferungen mittlerweile aus Ländern in aller Welt. Markt in Mong La, Myanmar, an der Grenze zu China © Alex Hofford Der Sog chinesischer Wildtiermärkte gilt als schwarzes Loch für die Artenvielfalt. Die Bedingungen auf den Märkten sind zudem katastrophal, sowohl was die Hygiene angeht, als auch den Tierschutz: Viele Tiere werden noch lebend angeboten, um Frische zu garantieren. Sie sind ohne Wasser und Futter in winzige Käfige eingepfercht oder gestapelt in Bottichen, Boxen oder Netzen. Sonnendachse in winzigen Käfigen auf einem Markt in Jiangmen Arten- und Tierschützer kämpfen schon lange gegen diese Missstände, bislang vergebens. Ausgelöst durch die Coronaviren-Epidemie hat die chinesische Regierung landesweit den Handel mit den meisten Wildtieren zumindest für den Verzehr massiv beschränkt. Die Maßnahme ist drastisch, aber keineswegs hysterisch. Bereits die SARS-Epidemie, der 2002-2003 mehr als 770 Menschen zum Opfer fielen, hatte ihren Ursprung ebenfalls auf einem chinesischen Tiermarkt; Infektionsquelle damals waren wohl Larvenroller (Verwandte der Schleichkatzen). Schuppentiere und Schlangen auf einem Markt © Soggydan Benenovitch Allerdings hat das durch Corona ausgelöste chinesische Tierhandelsverbot bislang noch massive Lücken: Es gilt bisher nur für den Handel mit Wildtieren als „Lebensmittel“, für andere Zwecke wie „Medizin“, als oder für Pelze ist der Wildtierhandel weiterhin erlaubt. Außerdem sind bestimmte Tiergruppen, wie etwa gezüchtete Reptilien und Amphibien oder manche wilde Säugetierarten, die kurzerhand zu „Nutztieren“ umdeklariert wurden, vom Verbot ausgenommen. Wissenschaftler haben schon 2007 gewarnt: Mehr als 70 Prozent der weltweiten Zoonosen – also Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen oder andere Tiere übertragen werden – stammen von Wildtieren. Der globale Handel mit exotischen Haustieren spielt hierbei eine erhebliche Rolle. Orientalische Rattenschlange © Avijan Saha Zoonosen: Vom Wildtier auf den Menschen Wer weiß schon, dass China der größte Lieferant der EU für lebende Reptilien ist? Von den 5,6 Millionen Schlangen, Echsen und Schildkröten, die die EU in den letzten fünf Jahren lebend für hiesige Terrarien importierte, stammten mehr als zwei Millionen Tiere aus China! Für alle anderen Tiergruppen, darunter Säuger, Amphibien oder Fische, wird die Einfuhr nicht einmal erfasst, es sei denn, es handelt sich um international geschützte Arten, was nur einen Bruchteil der Importe ausmacht. Natürlich sind nicht alle diese Wildtiere brandgefährlich. Aber das Risiko der Entwicklung und Übertragung von Krankheiten durch den Handel mit Wildtieren, auch für den Heimtiermarkt, sollte nicht verharmlost werden: – 2003 erkrankten in den USA mehr als 70 Menschen, die Präriehunde als Haustiere hielten, an Affenpocken. Das Virus war zuvor offenbar in Tierhandlungen von importierten afrikanischen Nagern und Hörnchen auf die Präriehunde übertragen worden. Die EU erließ daraufhin einen partiellen Importstopp für Präriehunde, allerdings nur aus den USA, sowie für Nager nur aus Subsahara-Afrika. Präriehunde können Affenpocken übertragen – Mindestens zwei Influenza-Viren lösten Vogelgrippe-Wellen aus, die auch auf den Menschen übersprangen, nämlich H5N1 (mit weltweiter Ausbreitung ab 2004) und H7N9 (Erkrankungen beim Menschen vor allem seit 2013, seit 2017 gilt der Erreger als hochpathogen). H5N1 kam über Zugvögel nach Europa, wurde aber auch im Tierhandel bei importierten Papageien nachgewiesen. 2005 beschloss die EU deshalb ein vorläufiges Einfuhrverbot für Vögel wildlebender Arten, das 2007 in ein dauerhaftes umgewandelt wurde. Einfuhren sind für Wildfänge seither verboten, auch Nachzuchten dürfen nur aus registrierten Zuchtbetrieben einiger weniger Länder in die EU importiert werden. – 2012 bis 2013 starben in Sachsen-Anhalt drei Züchter asiatischer Schönhörnchen. Sie hatten sich laut Friedrich-Löffler-Institut bei ihren Tieren mit Bornaviren infiziert und starben an schweren Hirnhautentzündungen. Auch der Tod einer Tierpflegerin, die ebenfalls mit Schönhörnchen in Kontakt war, wird auf das Virus zurückgeführt. Weitere Bornaviren wurden unter anderem in Pythons, Papageien und Prachtfinken nachgewiesen. Schönhörnchen können Bornaviren übertragen – Nicht für den Menschen gefährlich, aber fatal für die heimischen Amphibienbestände, erwies sich ein über den Tierhandel eingeschleppter Hautpilz: Der sogenannte „Salamanderfresser“ (Batrachochytrium salamandrivorans) verursachte seit 2008 ein Massensterben unter Salamandern in Belgien, den Niederlanden und der Eifel. Der Pilz stammt offenbar von asiatischen Schwanzlurchen, die als exotische Haustiere importiert wurden. Einfuhren in die EU sind noch immer möglich; seit Februar 2018 gelten lediglich temporäre Quarantäne-Auflagen für die Einfuhr lebender Salamander, die im November 2019 bis zum 20. April 2021 verlängert wurden. Der Salamanderfresser bedroht heimische Feuersalamander Wildtierhandel: Gefahr für die Gesundheit Die EU reagiert bislang nur mit großer Verzögerung und sehr punktuell auf drohende Zoonosen. Die aktuelle Aufregung um das Coronavirus sollte als Anlass dienen, jetzt endlich den Wissenschaftlern Gehör zu schenken, die bereits seit den 2000er Jahren immer wieder in Studien warnen, dass der Wildtierhandel das größte Risiko bei der Verbreitung von Zoonosen darstellt. Vielleicht wacht Brüssel nun ja auf, Importverbote wären aus vielen Gründen zu empfehlen: Denn neben der Gesundheit der Bevölkerung und dem Schutz der in ihren Heimatländern geplünderten Arten würde auch die hiesige Natur profitieren: Der EU-Importstopp für Wildvögel seit 2005 hat gezeigt, dass die Gefahr durch invasive Vögel stark zurückgegangen ist. Und ein Salamanderfresser hätte nicht so tödlich unter Europas Amphibien wüten können… Dieser Artikel wurde zuerst am 29. Januar 2020 veröffentlicht und am 19. Mai 2020 aktualisiert. Autorin: Dr. Sandra Altherr Weitere Informationen Coronakrise: Naturschutz ist Pandemieschutz! Lebensraumzerstörung, Wildtierhandel und Artensterben fördern die weltweite Verbreitung von Krankheitserregern. Doch eins ist ganz klar: Nicht die Tiere sind schuld, sondern wir selbst! » Coronakrise: Naturschutz ist Pandemieschutz! Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Viele Tiere sind in ihrer Heimat geschützt, aber in der EU vogelfrei. Eine Gesetzeslücke macht es möglich. » Hintergrund: Reptilienschmuggel Lebensraumverlust und Krankheiten Ökosysteme erhalten zum Schutz vor Krankheiten. » Lebensraumverlust und Krankheiten Appell Wildtiermärkte zu schließen NGO Brief mit Aufforderung, Wildtiermärkte zu schließen. » Öffentlicher Brief

Corona-Krise: Krankheitsherd legaler Tierhandel
19. Mai 2020. Regelungen für den Wildtierhandel auch in der EU sind überfällig. Seit Monaten bestimmt die COVID-19-Krise alle öffentlichen Debatten, Nachrichten berichten über kaum ein anderes Thema mehr. Dass bei der Übertragung des Corona-Virus auf den Menschen der Wildtierhandel in China eine erhebliche Rolle gespielt hat, ist nicht wirklich überraschend. Gleichzeitig ist die Krise mehr als berechtigter Anlass für eine internationale Debatte darüber, ob ein „Weiter so“ bei unserem rücksichtslosen Umgang mit der Natur, der Zerstörung der letzten Regenwälder und dem unkontrollierten Handel mit Wildtieren aus allen Erdteilen sein darf. Schuppentiere und Schlangen auf einem asiatischen Markt © Soggydan Benenovitch Den „illegalen Tierhandel“ beenden? Dass das Öffnen und Zerstören selbst entlegener Lebensräume in Kombination mit dem Zusammenpferchen von Wildtieren aus diversen Regionen die Ausbreitung des Coronavirus erst ermöglicht haben, wird inzwischen weitgehend anerkannt. Von verschiedensten Seiten ist nun auch die Forderung zu hören, der ILLEGALE Tierhandel müsse eingeschränkt werden. Dies verlangen nicht nur Kollegen des WWF und manch anderer Organisationen, sondern auch die Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Leiter des Robert-Koch-Institutes, Prof. Dr. Lothar Wieler. Das klingt nach einem entschlossenen Kampf gegen das Böse, so als würden die Händler auf Wildtiermärkten per se etwas Illegales tun, was unbestechliche Kontrollbeamte verhindern könnten. Doch dem ist nicht so: Sonnendachse auf dem Markt in Jiangmen, China. Krankheitserreger unterscheiden nicht zwischen legalem und illegalem Handel Ein Großteil des Wildtierhandels auf chinesischen, indonesischen oder anderen asiatischen Tiermärkten ist zwar aus Tier- und Artenschutzsicht unerträglich und inakzeptabel, aber eben nicht per se illegal. Dasselbe gilt für den Handel mit Wildtieren hier in Deutschland und Europa. Die allermeisten gehandelten Tiere unterliegen weder nationalen noch internationalen Schutz-Bestimmungen – und selbst für geschützte Arten gibt es Ausnahmen, zum Beispiel wenn sie aus „Zuchtfarmen“ kommen. Ein wichtiger Faktor, der die Ausbreitung von Erregern und die Empfänglichkeit für Krankheiten beeinflusst, sind die problematischen Bedingungen im Tierhandel: Hier werden Wildtiere aus verschiedensten Regionen und Ländern, die sich in der Natur nie begegnen würden, auf engstem Raum und häufig unter unhygienischen Bedingungen zusammengepfercht. Die Tiere sind gestresst durch Fang, lange Transporte und Zwischenlagerung im Lauf einer oft langen Lieferkette. Viele von ihnen sind verletzt, ihr Immunsystem geschwächt; Bedingungen, wie sie übrigens nicht nur auf asiatischen Wochenmärkten, sondern auch im internationalen Heimtierhandel anzutreffen sind. Und der allergrößte Teil dieses Tierhandels ist bis heute LEGAL. Zibetkatzen auf Tiermarkt in Jakarta, Indonesien © Krotz CC BY-SA 3.0 Die EU als Importland für Millionen Wildtiere Fakt ist: Nicht nur Asien ist ein großer Absatzmarkt für lebende und tote Wildtiere. Auch die EU importiert allein für den Handel mit exotischen Heimtieren Millionen Tiere. Aufgrund mangelnder Erfassung dieser Handelsströme ist das genaue Ausmaß unbekannt. Von den in Deutschland verkauften Wildtieren hat ein erheblicher Teil eine Odyssee vom Fang in der Natur, über mehrfache Transporte im In- und Ausland zu Zwischenhändlern, Ex- und Importeuren bis hin zum Endkunden hinter sich. Dieser Handel ist oftmals grausam und bringt (je nach Länge der Lieferkette und Empfindlichkeit der lebenden Ware) teils große Verlustraten mit sich, die sich jedoch größtenteils im Verborgenen abspielen. Beileibe nicht alle Tiere, die hierzulande online, auf Tierbörsen oder im Zoogeschäft gekauft werden können, sind Nachzuchten aus Deutschland oder Europa. Schildkröten auf Tiermarkt in Jakarta, Indonesien © Sandra Henoch / Pro Wildlife Welche Wildtiere können Zoonosen übertragen? Bei der aktuellen Diskussion um COVID-19 stehen zu Recht Säugetiere im Vordergrund. Der Corona-Virus stammt ursprünglich von Wildtieren. Aktuell gehen Wissenschaftler davon aus, dass der Virus von Fledertieren über einen Zwischenwirt auf den Menschen übertragen wurde. Bei der SARS-Epidemie 2002-2003 dienten Larvenroller (Schleichkatzen) und Marderhunde als Zwischenwirte. Hier konnte nachgewiesen werden, dass die Erstinfektion eines Menschen auf einem chinesischen Markt erfolgte. Doch Erreger verbreiten sich nicht nur über Tiermärkte in Fernost: 2003 erkrankten in den USA dutzende Menschen an Affenpocken, die offenbar von als Heimtieren gehaltenen Präriehunden übertragen wurden – diese wiederum waren davor im Zoohandel im Kontakt mit aus Afrika importierten Nagetieren gewesen. Die EU erließ zeitnah ein Importverbot für Präriehunde und afrikanische Nager. 2012-2013 starben in Deutschland drei Züchter und eine Tierpflegerin an einer Bornaviren-Infektion, mit aus Zentralamerika stammenden Bunthörnchen als Erregerquelle. Bunthörnchen können Bornaviren auf den Menschen übertragen Was ebenfalls unterschätzt wird: Nicht nur Säugetiere kommen als Krankheitsüberträger auf den Menschen in Betracht: Die „Vogelgrippe“ tötete ab 2003 hunderte Menschen – der dafür verantwortliche H5N1-Virus wurde nicht nur in Geflügelzuchtbetrieben, sondern auch bei importierten Papageien nachgewiesen. Dies führte 2005 zu einem EU-Importverbot für Wildvögel. Der Handel mit anderen Tiergruppen ist jedoch nach wie vor weitgehend unkontrolliert. Interessanterweise ist die anfängliche Kritik am Wildvogel-Importverbot aus den Reihen der Tierhändler mittlerweile weitgehend verstummt – während Wissenschaftler und Tierschützer die Vorteile des Importstopps belegen: Er hat nicht nur die Gesundheitsrisiken eingedämmt, sondern auch den Fang von abermillionen Wildvögeln verhindert und die Einschleppung invasiver Vogelarten eingedämmt. Allerdings ist die Einfuhr anderer Tiergruppen, auch aus freier Natur, in der EU weiterhin legal, darunter Fische, Reptilien, Amphibien und Säugetiere. Zoonosen können z.B. auch von Reptilien auf den Menschen übertragen werden, mit teils schweren Krankheitsverläufen. So starben laut Robert-Koch-Institut in Europa bereits mehrere Kleinkinder an Reptilien-assoziierten Salmonellosen. Immer mehr Studien zeigen, dass Zecken und Milben, die über importierte Reptilien eingeschleppt werden, auch den Menschen befallen können. Massenhandel auf einer Tierbörse in München Die Corona-Krise als Chance für einen präventiven Artenschutz Es gab schon vor der Corona-Krise sehr gute Gründe, strenge Gesetze für Einfuhr und Handel von Wildtieren zu fordern – wie Tier- und Artenschutz, Lebensraumerhalt im Herkunftsland, Eindämmung invasiver Arten und Krankheiten, die heimische Arten befallen, aber auch Gesundheitsschutz. Mit der Corona-Krise haben die Gesundheitsaspekte und die massiven wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Folgen von Zoonosen weitere Aufmerksamkeit bekommen. Wir hoffen eindringlich, dass die Politik nun endlich auch Handel und Privathaltung exotischer Haustiere regelt. Bitte anpacken! Jetzt! Dieser Artikel wurde zuerst am 5. Mai 2020 veröffentlicht und am 19. Mai 2020 aktualisiert. Autorin: Dr. Sandra Altherr Weitere Informationen Coronakrise: Naturschutz ist Pandemieschutz! Lebensraumzerstörung, Wildtierhandel und Artensterben fördern die weltweite Verbreitung von Krankheitserregern. Doch eins ist ganz klar: Nicht die Tiere sind schuld, sondern wir selbst! » Coronakrise: Naturschutz ist Pandemieschutz! Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Viele Tiere sind in ihrer Heimat geschützt, aber in der EU vogelfrei. Eine Gesetzeslücke macht es möglich. » Hintergrund: Reptilienschmuggel Lebensraumverlust und Krankheiten Ökosysteme erhalten zum Schutz vor Krankheiten. » Lebensraumverlust und Krankheiten Coronaviren und der Tierhandel Der globale Wildtierhandel ist eine tickende Zeitbombe. » Coronaviren und der Tierhandel

Aus der Wildnis gestohlen
8. August 2019. Die CITES-Weltartenschutzkonferenz und die Rolle der EU. Im Mai 2019 schockierte der Bericht des Weltbiodiversitätsrates IPBES die Welt: Eine Million Arten könnten in den kommenden Jahrzehnten von der Erde verschwinden. Die Ausbeutung von Wildbeständen ist als eine der fünf Ursachen des großen Artensterbens klar benannt. Bei solch eindringlichen Warnungen ist es kaum zu glauben, dass es immer noch einen Riesen-Kraftakt bedeutet, das Handelsverbot für Elfenbein und Rhino-Horn aufrechtzuerhalten. Auch werden noch immer zahllose Tiere hunderter, wenn nicht gar tausender bedrohter, dennoch international noch immer ungeschützter Reptilien-, Amphibien- und Fischarten völlig unkontrolliert aus der Wildnis genommen. Cochranella euknemos, ein Glasfrosch aus Costa Rica © Brian Gratwicke CC BY 2.0 Vom 17. bis 28. August 2019 kommen mehrere tausend Experten und Interessensvertreter in Genf zusammen, um miteinander zu streiten, welche Wildtiere und Pflanzen international stärker geschützt werden. Die Weltartenschutzkonferenz (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, kurz CITES) findet nur alle drei Jahre statt und ist die wichtigste Veranstaltung, wenn es um den Handel mit bedrohten Arten geht. Ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt schnell, dass die Konferenz kein gemütliches Treffen unter Freunden ist, sondern ein knallharter Kampf zwischen Kommerz und Schutz: Elfenbein- und Nashorn-Händler, Trophäenjäger, die Reptilleder-Industrie und die Tierhändler stehen auf der einen Seite, unterstützt von Regierungen wie Südafrika oder Botswana sowie einer finanzkräftigen Industrie, die weiter ihren Reibach mit bedrohten Wildtieren und Pflanzen sichern will. Ihnen gegenüber stehen Tier- und Artenschutzverbände sowie einige Länder, die alles daran setzen, den Handel mit bedrohten Tieren zu stoppen. Ein ungleicher Kampf, bei dem die Europäische Union eine sehr ambivalente Rolle einnimmt: Für Graupapageien gilt erst seit 2016 ein weltweites Handelsverbot für Wildfänge Einerseits hat die EU 2016 ihren „Wildlife Action Plan“ verabschiedet, der den illegalen und nicht naturverträglichen Handel mit Wildtieren und -Pflanzen bekämpfen soll. Auch ist die EU vergleichsweise aktiv, wenn es darum geht, für die CITES-Konferenzen Schutzanträge für bedrohte Arten auszuarbeiten, diplomatisch zu begleiten und letztlich erfolgreich durchzusetzen. Bei der CITES-Konferenz 2016 war die EU Haupt- oder Mitantragsteller von 14 Schutzanträgen, darunter für Berberaffe, Graupapagei, Fuchshaie sowie zahlreiche Echsen. Auch für die kommende 18. CITES-Konferenz liegen zwölf Schutzanträge als Initiativen der EU auf dem Tisch. Neben diversen Rochen, Seegurken und einem Schmetterling gibt es erneut wieder fünf Anträge für Arten, die als exotische Haustiere gehandelt werden. Ein Schwarzleguan aus Lateinamerika, Ctenosaura sp. Diese aktuelle Bereitschaft der EU, sich für so viele Reptilien- und Amphibien-Arten einzusetzen, kommt nicht von ungefähr. Die EU ist einer der größten Absatzmärkte, auch und vor allem für exotische Haustiere. Mit Ausnahme ihres Engagements bei CITES zeigt die EU derzeit jedoch leider wenig Bereitschaft, den zügellosen Plünderungen von Wildbeständen weltweit grundsätzlichen Einhalt zu gebieten. In der Europäischen Union ist sogar der Handel mit solchen Tieren noch immer erlaubt, die in ihrem Heimatland streng geschützt sind, dort illegal eingefangen und außer Landes geschmuggelt wurden. Hier in Europa werden solche lebenden Raritäten dann zu Höchstpreisen verkauft: Sammler zahlen bis zu 5.000 Euro pro Tier – in dem Wissen, dass es nicht aus legalen Quellen stammt, aber die Behörden bei der aktuellen Gesetzeslage in Europa weder gegen den Verkauf noch den Besitz vorgehen können. Auf der weltgrößten Reptilienbörse Terraristika, einer Art Flohmarkt für exotische Haustiere, die viermal jährlich im deutschen Provinzstädtchen Hamm stattfindet, geben einige Händler sogar offen zu, dass das Tier illegal eingefangen wurde. Hier in Deutschland sei es ja nicht illegal – so der lapidare Kommentar. Bedrohter Oaxacan-Schwarzleguan auf Reptilienbörse in Deutschland Pro Wildlife fordert schon seit Jahren ein Gesetz auf EU-Ebene, das zumindest den Handel mit solchen im Heimatland gestohlenen Tieren verbietet. Die USA hat als einziges Land bereits ein solches Gesetz, den „US Lacey Act“. Die EU hingegen sträubt sich bislang und verharmlost die Auswirkungen dieser Form von Wildtierkriminalität auf die Biodiversität – und das, obwohl die EU sowohl als Umschlagplatz als auch Absatzmarkt eine führende Rolle hat und viele der Tierschmuggler zum Beispiel aus Deutschland, Tschechien oder Spanien kommen. Drei Beispiele, die auch auf der kommenden CITES-Konferenz zur Abstimmung stehen, zeigen die unrühmliche Rolle der EU: Hornagame aus Sri Lanka © Calynn CC BY-SA 4.0 • Der Union-Island-Gecko (Gonatodes daudini), mit einem geschätzten tatsächlichen Verbreitungsgebiet von 0,5 km², ist eine bildhübsch gezeichnete kleine Echse, die erst 2005 überhaupt entdeckt wurde. Die Regierung von St. Vincent & die Grenadinen genehmigt weder den Fang noch den kommerziellen Export dieser akut vom Aussterben bedrohten Art, dennoch tauchen die Tiere immer wieder im internationalen Handel auf. Die meisten Anbieter kommen dabei bemerkenswerterweise aus Deutschland, Holland und Österreich. Union Island Gecko • Sri Lanka hat CITES-Anträge für insgesamt zehn Echsen-Arten eingereicht, die allesamt nur auf Sri Lanka vorkommen und dort seit Jahrzehnten nicht mehr legal exportiert werden dürfen. Dennoch tauchen diese Tiere seit ein paar Jahren regelmäßig im europäischen Tierhandel auf. Raritäten-Sammler zahlen Preise von bis zu 2.200 Euro pro Paar. Eine von ihnen, die Pethioyagodai-Schönechse (Calotes pethiyagodai), wurde erst 2014 als neue Art beschrieben, auch sie ist bereits im hiesigen Handel und somit eindeutig illegal eingefangen. Leierkopfagame (Lyriocephalus scutatus) aus Sri Lanka © Milivoje Krvavac • Im August 2014 fanden wir das Online-Inserat eines deutschen Händlers für eine Reihe ungewöhnlicher Glasfrösche aus Lateinamerika, angeboten für die Terraristika zwei Wochen später. Nur wenige Tage vor der Börse wurde der Geschäftspartner des besagten Händlers am Flughafen in Costa Rica mit 184 Fröschen, 203 Kaulquappen und 51 Reptilien im Gepäck erwischt. Just diese Arten waren zuvor per Internet zum Bestellen inseriert worden, darunter sehr viele Glasfrösche. Einige Monate später inserierte ein Schwede Glasfrösche aus angeblichen Farmen in Costa Rica. Unsere Nachfrage bei den dortigen Behörden ergab, dass es solche Zuchtfarmen nicht gibt. Ausgelöst durch diese beiden Fälle beantragt Costa Rica eine CITES-Unterschutzstellung für 104-Glasfrosch-Arten; wohlwissend, dass nicht alle diese Arten bereits im Handel sind, aber dass ein Zöllner am Flughafen eben auch kaum Glasfrosch X von Glasfrosch Y unterscheiden kann. Durchsichtige Bauchseite eines Glasfroschs © Wikimedia/Matanya CC BY 2.0 Trotz der eindeutigen Verwicklung von EU-Bürgern beim Schmuggel und oder als skrupellose Käufer dieser Tiere unterstützt die EU in ihren vorab veröffentlichten Positionen nur einen Teil dieser Anträge, einige lehnt sie offiziell ab. Artenschutzverbände wie Pro Wildlife werden deshalb alles daran setzen, um auf der CITES-Konferenz zu erreichen, dass die EU den Schutz all dieser Tiere doch noch unterstützt. Und wir werden auch weiterhin einen EU Lacey Act fordern. Es darf nicht sein, das die EU die Artenschutzbemühungen der Herkunftsländer torpediert und dieses kriminelle Geschäftsmodell europäischer Tierschmuggler duldet. Wie einigt sich die EU?Die Position der EU für die CITES-Konferenz wird in zwei EU-Artenschutzgremien vorbereitet, der wissenschaftlichen Prüfgruppe („Scientific Review Group“, bestehend aus Vertretern der CITES-Wissenschaftsbehörden der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten) und dem Ausschuss zum Handel mit Wildtieren und -Pflanzen („Committee on Trade in Wild Fauna and Flora“, zusammengesetzt aus den CITES-Management-Behörden der EU-Mitgliedsstaaten). Einen Vorschlag der EU-Kommission für eine gemeinsame Position beraten dann verschiedene Arbeitsgruppen des EU-Rats. Die finale Position wird dann nochmals im EU-Rat bestätigt. Das EU-Parlament ist hierbei nicht eingebunden. Autorin: Dr. Sandra Altherr Mehr Informationen CITES Washingtoner Artenschutzübereinkommen: Schutz für bedrohte Arten. » CITES CITES 2019 Die wichtigsten CITES-Anträge 2019. »CITES 2019 Reptilienschmuggel Viele Arten sind stark bedroht und dennoch nur in ihrem Ursprungsland geschützt. » Reptilienschmuggel Exotische Haustiere Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen, für 500 Euro einen vom Aussterben bedrohten Gecko. Im Wildtierhandel gibt es kaum Grenzen. » Exotische Haustiere

Deutschland als Drehscheibe für Tierschmuggel in der Kritik
06. Mai 2019 Wissenschaftler monieren Plünderung Sri Lankas für Heimtierhandel Autsch, wie peinlich! In der aktuellen Ausgabe des Artenschutz-Fachmagazins TRAFFIC Bulletin wurde ein Artikel veröffentlicht, der für die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung ein Schlag ins Gesicht ist: Die Autoren Jordi Janssen (Kanada) und Prof. Dr. Anslem de Silva (Sri Lanka) zeigen einen umfassenden Handel mit Reptilien aus Sri Lanka und bemängeln, dass die Europäische Union bislang bei ihrem Ziel versagt, den Wildtierschmuggel zu bekämpfen. Denn Sri Lanka hat seine heimische und einzigartige Artenvielfalt unter strengen Schutz gestellt: Wildtiere dürfen weder eingefangen noch exportiert werden – und dennoch sind sie hierzulande regelmäßig im Angebot. Gerade wegen ihrer Seltenheit sind sie bei zahlungskräftigen Raritäten-Sammlern in Europa sehr begehrt. Preise von bis zu 2.500 € pro Paar sind keine Seltenheit. Hornagame (Ceratophora stoddartii) © Calynn CC BY-SA 4.0 Deutschland als Drehscheibe des illegalen Reptilienhandels benannt Janssen und de Silva finden in ihrer Studie deutliche Worte: „Deutschland steht im Zentrum des illegalen Handels mit Reptilien aus Sri Lanka… Die deutschen Behörden sollten sich der Rolle bewusst sein, die Deutschland im internationalen Handel mit Reptilien aus Sri Lanka spielt und dass dies gegen die nationale Gesetzgebung im Herkunftsland verstößt.“ Außerdem kritisieren die Autoren, wie sehr Anspruch und Praxis der EU beim Kampf gegen Wilderei und Tierschmuggel auseinanderklaffen: „Während die EU bestätigt, dass der EU-Markt nicht die Nachfrage nach Arten beschleunigen sollte, die illegal oder nicht-nachhaltig gefangen wurden, macht das Fehlen von Schutzbestimmungen für solche Arten die EU zu einem zentralen Akteur im illegalen Handel mit solchen Arten.“ Leierkopfagame (Lyriocephalus scutatus) © Kalyanvarma CC BY-SA 3.0 Warum steht gerade Deutschland in der Kritik? Zum einen sind es vornehmlich deutsche Händler, die Sri Lankas lebende Raritäten im Internet auf einschlägigen Plattformen oder in geschlossenen Facebook-Gruppen anbietet. Zum anderen werden die Deals zwischen Anbieter und Käufer zwar online verabredet, aber die tatsächliche Übergabe der Tiere erfolgt dann meist in Hamm, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, wo sich die internationale Szene viermal jährlich auf der Reptilienbörse „Terraristika“ trifft. Ein Flohmarkt für Wildtiere: Etwa 600 offizielle Verkäufer stapeln tausende Tiere auf engen Tischreihen, zahllose Besucher schieben sich durch die Gänge und suchen nach Schnäppchen. Neben der preiswerten „Massenware“ gibt es eben auch viele Seltenheiten, darunter Schwarzleguane aus Guatemala, Zwergpuffottern aus der Wüste Namib oder Stachelschwanzskinke aus Australien. Massenhandel auf einer deutschen Tierbörse Reptilien aus Sri Lanka? Das Problem ist weitaus größer Bereits 2014 hatte Pro Wildlife seinen Bericht „Stolen Wildlife“ veröffentlicht. Der Bericht zeigte erstmals, wie sich skrupellose Tierschmuggler ein neues Geschäftsmodell aufgebaut haben: Den illegalen Fang und Export seltener und bedrohter Tiere, die bislang nur in ihrem Heimatland geschützt sind. Erst einmal erfolgreich außer Landes geschmuggelt, können solche Tiere hier in Europa straffrei und völlig offen verkauft werden; zu Rekordpreisen bei gleichzeitig geringem Risiko. Betroffen ist nicht nur Sri Lanka, sondern alle Länder, die ihre heimische Artenvielfalt national schützen wollen und in denen attraktive kleinwüchsige Arten vorkommen, die in ein Terrarium passen… Schwarzleguan © Pixabay Die EU braucht strengere Artenschutzgesetze Dabei wäre es so einfach, gegen diese Plünderung bedrohter und gestohlener Tiere vorzugehen. Die USA macht es vor: Sie hat bereits seit 1900 ein Gesetz, das schlichtweg besagt: Was im Herkunftsland illegal eingefangen bzw. exportiert wurde, darf auch in den USA nicht verkauft werden. So einfach ist das. Dieser „US Lacey Act“ wäre ohne weiteres auch für die EU zu empfehlen, doch bislang lehnt die EU-Kommission eine solche Verordnung ab. Aktuell jedoch steigt der Druck auf die EU, zum einen durch die neue Studie, die die EU und Deutschland an den Pranger stellt. Zum anderen liegen für die große CITES-Artenschutzkonferenz Schutzanträge für mehr als 200 Arten auf dem Tisch, die durch den Exotenhandel bedroht sind. Ob Glasfrösche aus Lateinamerika, Geckos aus der Karibik oder Vipern aus dem Iran: Sie alle haben gemein, dass sie im Heimatland geschützt sind und dass Deutschland und die EU am Ausverkauf dieser Arten erhebliche Mitverantwortung tragen. Glasfrosch © Brian Gratwicke CC BY 2.0 Deutschland bräuchte dringend strengere Regeln, um den Wildwuchs auf Tierbörsen zu beenden. Die EU bräuchte den Mut, endlich einen EU Lacey Act anzupacken. Dann, und nur dann, kann Tierschmugglern auch hier in Europa das Handwerk gelegt werden… Autorin: Dr. Sandra Altherr Weitere Informationen Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Viele Tiere sind in ihrer Heimat geschützt, aber in der EU vogelfrei. Eine Gesetzeslücke macht es möglich. » Hintergrund: Reptilienschmuggel Studie von Janssen & de Silva Studie von Janssen & de Silva zur Rolle der EU im Handel mit Reptilien aus Sri Lanka. » Studie Artenschutzkonferenz 2019 Für bedrohte Arten am Verhandlungstisch. » Artenschutzkonferenz 2019 Rechtsgutachten Rechtsgutachten zur Machbarkeit eines EU Lacey Acts. » Gutachten

Tag des Artenschutzes: Schutz nur für die großen Fische?
27. Februar 2019. Kleinere Arten fallen bei internationalen Schutzinitiativen oft durch das Raster. Am 3. März 1973 wurde das Washingtoner Artenschutzübereinkommens (engl. CITES) ins Leben gerufen. Dieser Tag ist inzwischen zum Internationalen Tag des Artenschutzes ausgerufen, 2019 ist er erstmals den Meerestieren gewidmet. Anlass für uns, Resümee zu ziehen und zu analysieren, wie es um den Schutz der tierischen Ozeanbewohner bestellt ist. Etwa 200.000 Tier- und Pflanzenarten der verschiedenen marinen Ökosysteme sind bislang beschrieben, doch gerade inklusive der wenig untersuchten artenreichen Tiefsee gibt es wohl eher mehrere Millionen. Nur ein Bruchteil von ihnen genießt bislang den Schutz durch CITES. Size matters – auch beim Schutz von Meerestieren Unter Wasser sieht es nicht anders aus als an Land: Es sind meist die großen Arten, die bekannt sind; im Englischen nennt man sie „sexy species“, sie sind die Stars von TV-Dokumentationen und stehen im Fokus der Öffentlichkeit. Entsprechend leichter ist es, auf ihre Bedrohung hinzuweisen und Unterstützer für Schutzmaßnahmen zu gewinnen. Blauwale, Buckelwale, Finnwale – die Großwale gehörten zu Recht zu den ersten Tieren, für die nach dem Inkrafttreten von CITES ein weltweites kommerzielles Handelsverbot beschlossen wurde (durch Listung in CITES Anhang I). Den meisten Delfinen und Kleinwalen bleibt dieser strenge Schutz allerdings bislang verwehrt; der internationale Handel mit ihnen ist nicht verboten, sondern nur reguliert – was bis heute beispielsweise den Verkauf für Delfinarien möglich macht. Haie und Rochen: Eine Erfolgsgeschichte für die Riesen 2003 gelang erstmals der große Coup: Walhaie (mit bis 13 Metern die größten Fische der Welt) und Riesenhaie (bis zehn Meter) wurden in CITES Anhang II aufgenommen – jedoch erst im zweiten Anlauf und gegen den erbitterten Widerstand der Fischereinationen. 2005 folgte der Große Weiße Hai (bis sieben Meter), 2007 die imposanten Sägefische (mehr als fünf Meter möglich). 2014 wurden Heringshai, Weißspitzen-Hochseehai (bis 3,9 Meter), drei Hammerhai-Arten (bis sechs Meter) und die riesigen Mantarochen (Spannweite bis sieben Meter) gelistet; 2017 dann Fuchs- und Seidenhaie (bis 7,5 beziehungsweise 3,3 Meter) sowie die Teufelsrochen (Spannweite bis 3,7 Meter). Auf der bevorstehenden CITES-Konferenz 2019 stehen nun Makohaie (bis vier Meter) und Geigenrochen (von denen nur die wenigsten drei Meter erreichen) zur Abstimmung. All diese Arten sind zweifellos bedroht und haben den CITES-Schutz verdient – gar keine Frage. Aber die CITES-Konferenz findet nur alle zwei bis drei Jahre statt und wenn mit dem aktuellen Tempo weiterhin jedes Mal nur einzelne der mehr als 150 bedrohten Hai- und Rochenarten geschützt werden und der Fokus auf den großen Arten bleibt, könnte es gerade für die kleineren, wenig bekannten Arten eng werden… Kleine Fische sind die Verlierer Noch schlechter sieht es für wirklich kleine Fische aus, nämlich solche, die in ein Aquarium in der heimischen Wohnzimmerwand passen. Mondsichel-Junker, Harlekin-Süßlippe, Sternfleckenmuräne – sie alle werden durch den Fang für den internationalen Zierfischhandel bedroht, wie eine aktuelle Studie von Anfang 2019 zeigt. Doch der Ruf einer breiten Öffentlichkeit nach Schutzmaßnahmen für diese Tiere fehlt. Oder haben Sie schon mal von einer Petition für den Koran-Kaiserfisch gehört? Oder von einer Demonstration zugunsten des Banggai-Kardinalbarsches? Eben. Diese Tiere sind wohl nur speziellen Zoofachhändlern und Besitzern von Meerwasser-Aquarien ein Begriff. 2016 scheiterte ein CITES-Antrag der EU für den Banggai-Kardinalbarsch am Widerstand des einzigen Herkunftslandes Indonesien, das jedoch ein „besseres Management“ für diese Art versprach. 2019 gibt es nun immerhin ein Arbeitsdokument, das die Gefährdung von Fischen durch den Exotenhandel aufzeigt und einen Workshop einfordert, um konkrete Handelszahlen zu bekommen. Die Großen ins Töpfchen, die Kleinen ins Kröpfchen Natürlich ist nicht allein die öffentliche Beliebtheit der ausschlaggebende Faktor für eine CITES-Listung, sondern vor allem die Bedrohung durch intensive Nutzung. Große Arten stehen oft besonders im Fokus von Harpunen, Langleinen und Netzen, denn sie bieten rein mengenmäßig die beste Ausbeute. Die Wissenschaft nennt dieses Vorgehen der Industriefischerei als „entlang der Nahrungskette abfischen“ (fishing down the food web), beginnend mit den großen Arten und wenn diese dezimiert sind, zu der nächstkleineren Stufe wechselnd. Der massenhafte Fang kleiner Meeresfische für den Aquaristikhandel verläuft hingegen weitgehend unbemerkt. Eine breite Öffentlichkeit lässt sich nun mal mehr für die großen, charismatischen Arten begeistern und davon lassen sich auch politische Entscheidungsträger beeinflussen. Blauwale sind beliebter als Paddelbarsche, Hammerhaie für die meisten Menschen faszinierender als der Pazifische Segelflossen-Doktorfisch. Es braucht auch die Kleinen… Wir könnten es uns leicht machen, ebenfalls nur auf die charismatischen Arten setzen und finanzielle und politische Unterstützer für Schutzmaßnahmen gewinnen. Doch das reicht uns nicht. In gesunden Ökosystemen braucht es die großen und die kleinen Arten; jede Stufe in einer natürlichen, stabilen Nahrungskette muss besetzt sein. Gerade erst hat eine neue Studie kritisiert, dass eine Unterschutzstellung bedrohter Arten bei CITES oft viel zu spät kommt. Das können wir gerade für kleine Arten nur bestätigen: Schlappe zehn Jahre hat es uns gekostet, bis 2016 endlich die Perlboote in CITES Anhang II aufgenommen wurden. Die Gehäuse dieser schönen Kopffüßer sind als Deko-Schnickschnack begehrt. Am Internationalen Tag des Artenschutzes 2019 wollen wir deshalb besonders auf die kleineren Meeresbewohner verweisen, auf die Zierfische. Für ihren Schutz muss noch viel getan werden, packen wir es an! Autorin: Dr. Sandra Altherr Weitere Informationen Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Malawi-Buntbarsche im Aquarium Wildfänge und bedrohte Arten in deutschen Aquarien. » Malawi-Buntbarsche im Aquarium Korallensterben Korallenriffe weltweit sterben. Zurück bleibt nur eine Unterwasserwüste. » Korallenbleiche und Korallensterben

Wildtiere auf Youtube
18. Februar 2019. Internet-Videos gefährden Wildtiere. „Niiiiedlich“ ist die wohl häufigste Reaktion auf virale Youtube-Videos und Filme über putzige Wildtiere. Doch für die Tiere ist das überhaupt kein Vergnügen. Ob Flughörnchen, Eule, Katta oder Plumplori, alle haben sie das gleiche Schicksal. Videos und Fotos auf zahlreichen Internetkanälen und Plattformen steigern die Beliebtheit der niedlichen Tierchen. Etliche Kommentare lauten: Ich will auch so eins! Viele Menschen erfüllen sich dann auch den Traum eines exotischen Mitbewohners mit fatalen Folgen: Die teils sehr seltenen Arten werden aus ihrem natürlichen Lebensraum gefangen und in den Heimtierhandel geschleust. Schneeeule So erging es beispielsweise Clown- und Doktorfischen nach dem Start der Filme „Findet Nemo“ oder „Findet Dori“. Sie wurden zu unfreiwilligen Stars in europäischen Aquarien. Nachdem die Harry Potter-Filmreihe erschien, stieg etwa in Russland die Nachfrage nach Eulen als Haustier rasant an. Der Internet-Hype bedeutet häufig auch eine stark steigende Anzahl an Wildfängen. Den ahnungslosen Betrachtern wird eine kinderleichte Handhabung der wilden Tiere vorgegaukelt, die wenigsten informieren sich vor dem Kauf ausreichend über das neue Wunschtier oder dessen Herkunft. Anemonenfisch Auch Urlaubsfotos, auf denen Menschen auf Elefanten reiten, Löwenbabys kraulen, Affen füttern oder mit Delfinen schwimmen, lösen diesen „Das will ich auch“-Reflex aus. Auch hier sind die Clips und Bilder eine Gefahr für Wildtierpopulationen, denn um die wachsende Zahl an Wildtierattraktionen für die Tourismus-Branche zu beliefern, wird immer wieder Nachschub aus der Natur eingefangen. Virale Hits sind massive Bedrohung für Plumploris Plumploris (engl. slow loris) sind das Paradebeispiel eines Netz-Hypes mit fatalen Folgen. Ihr niedliches Aussehen, das kuschelige Fell und ihr eigenartiges Verhalten werden den kleinen Halbaffen mit den großen Augen zum Verhängnis. Plumploris reißen die Ärmchen hoch, wenn sie am Bauch gekrault werden. Kein Wunder, dass sich viele Menschen nun auch einen solchen niedlich anmutenden Spielkameraden wünschen. Doch was für den Unbedarften niedlich aussehen mag, ist eine Panik- und Abwehrreaktion der kleinen Äffchen. Weil das jedoch kaum jemand weiß, wurden Videos von Plumploris beim Fressen, in Kostümen oder eben beim Kraulen millionenfach geklickt. Und so steigt die Nachfrage nach den Exoten rasant an. Doch Plumploris sind aus vielerlei Gründen absolut nicht als Haustiere geeignet. Zwerglori © Jellrancher Qualen für die Heimtierhaltung Die im Handel angebotenen Plumploris sind allesamt Wildfänge, denn in Gefangenschaft ist die Zucht der sensiblen Tiere äußert kompliziert und nur sehr selten erfolgreich. In den Wäldern Südostasiens eingefangen, werden die Tiere in enge Käfige gesperrt und auf den nächsten Schwarzmarkt gekarrt. Der Handel ist im Fall der Plumploris illegal, da sie unter Schutz stehen. Da Plumploris auf neue Umgebungen sehr stressempfindlich reagieren, überleben viele die Strapazen von Fang und Transport nicht. Auch ihr Verhalten wird den Tieren zum Verhängnis, denn sie lassen sich widerstandslos auf den Arm nehmen und verharren still, wenn sie sich bedroht fühlen. Es ist für Wilderer also auch ein Leichtes, die Tiere von den Bäumen zu pflücken. Plumploris sind niedlich, aber giftig Ein Händler reißt einem Plumplori die Eckzähne aus © IAR Plumploris sind klein, süß und scheu, aber vor allem sind sie giftig. In freier Wildbahn nutzen sie den giftigen Speichel aus einer Ellenbogendrüse zum Benetzen ihres Felles und um sich sowie ihre Jungtiere vor Feinden zu schützen. Die Händler reißen den Plumploris häufig ohne Betäubung die Eckzähne heraus oder kneifen sie mit einer Zange ab, um sie als Haustier besser verkaufen zu können. Das hat fatale Folgen: Jedes Fressen wird zur Qual und die offenen Wunden können schwere Infektionen auslösen. Auch an eine Auswilderung ist nach einer solchen Verstümmelung nicht mehr zu denken. Während die Tiere in freier Wildbahn vor allem Früchte und Insekten fressen und sich pro Nacht mehrere Kilometer fortbewegen, bekommen sie in Gefangenschaft das falsche Futter und zu wenig Bewegung. Übergewicht, Diabetes, Karies sowie Nierenversagen führen zum vorzeitigen Tod. Auch werden die nachtaktiven Plumploris in Gefangenschaft meist tagsüber wachgehalten und in ihrem natürlichen Schlafrhythmus gestört. Plumplori © Marcel Stawinoga Gefahr für Wildpopulationen Alle acht Plumplori-Arten sind als gefährdet bis stark gefährdet eingestuft. Trotzdem werden sie vor allem in Südostasien, aber auch im Internet haufenweise illegal als Haustiere verkauft. Sie sind beispielsweise in China und Japan sehr begehrt, wo ein Exemplar zwischen 1.500 und 4.500 US-Dollar kostet. Das Schicksal der Plumploris ist nur eines von vielen. Eine Studie von Anfang 2019 zeigt, dass ein einziges Facebook-Video mit einem schmusenden Katta binnen einer Woche 20 mal angeschaut wurde – und viele der User kommentierten, sie wollten auch so einen niedlichen Lemuren als Haustier. Zahllose Arten sind ohnehin durch den Verlust von Lebensraum, den illegalen Wildtierhandel für Fleisch und die Wilderei für die traditionelle Medizin vom Aussterben bedroht. Der steigende Exotenhandel und der damit einhergehende Ausverkauf der Wildtierpopulationen bringen viele von ihnen an den Rand der Ausrottung. Um die Bestände in der Natur zu schützen, müssen dringend strengere Gesetze und Kontrollen in der Exotenhaltung her. Das tut Pro WildlifePro Wildlife dokumentiert Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Tieren und konnte für dutzende Arten, deren Bestand durch den Heimtierhandel bedroht wird, bereits Handelsverbote und Beschränkungen erwirken. Pro Wildlife war maßgeblich daran beteiligt, dass Plumploris seit 2007 einem internationalen Handelsverbot unterliegen. Seither unterstützt Pro Wildlife auch die Plumplori-Auffangstation Ciapus auf Java, um eine Unterbringung beschlagnahmter Tiere bis zu ihrer Wiederauswilderung zu sichern. Auch klären wir die Öffentlichkeit über die fatalen Folgen des Wildtiertourismus auf, damit keine Affen, Elefanten und andere Wildtiere für Urlaubs-Selfies leiden müssen. Autorin: Verena Weber Mehr Informationen Exotische Haustiere Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Wildtiere vor der Kamera Qual fernab des Rampenlichts. » Wildtiere vor der Kamera Plumplori © IAR Plumploris sind echte Lebenskünstler, aber leider auch bedroht. » Plumploris

Anträge für CITES-Konferenz veröffentlicht
09. Januar 2019. Artenschutzkonferenz: Die Katze ist aus dem Sack! Der 4. Januar war für uns wie ein zweites Weihnachten, inklusive einer weitgehend schönen Bescherung: Die Anträge, die es auf die Agenda der 18. Konferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES CoP18) geschafft haben, wurden veröffentlicht. Und die allermeisten davon sind in unserem Sinne. Doch auch diesmal gibt es leider wieder einige Anträge, die den Ausverkauf bedrohter Tier- und Pflanzenarten noch vorantreiben würden. Auch wenn die endgültigen Entscheidungen erst Ende Mai auf der CoP18 in Sri Lanka fallen werden, war doch die Veröffentlichung der eingereichten Anträge für unsere Nerven der reinste Krimi. Denn an diversen Schutzinitiativen waren wir maßgeblich beteiligt – und bis zuletzt war offen, wer es überhaupt auf die offizielle Agenda schafft. Giraffen sollen endlich besser geschützt werden © Pixabay Um welche Arten geht es auf der nächsten CITES-Konferenz? Insgesamt 57 Anträge liegen nun auf dem Tisch – darunter für Arten, die in Fischtheken (Geigenrochen, Mako-Haie), als Dekoartikel (Giraffen, Schmetterlinge) oder Holzprodukte (z.B. Afrikanisches Teakholz, Zeder) enden. Wie bereits auf der letzten Konferenz 2016 gibt es wieder auffallend viele Anträge zu Arten, die durch den Heimtierhandel bedroht sind. Darunter diesmal mehrere Agamen aus Sri Lanka, Glasfrösche aus Lateinamerika, Geckos aus Madagaskar sowie Molche aus Südostasien. Auch einige Schildkröten sollen zukünftig noch besser geschützt werden; für mehrere Arten wurde ei absolutes Handelsverbot beantragt. Das Horn eines Nashorns erzielt Höchstpreise auf dem Schwarzmarkt All diesen Schutzanträgen stehen einige bedenkliche Anträge gegenüber: Tajikistan will den strengen Schutzstatus des Markhor-Schafes, einer begehrten Jagdtrophäe, lockern. Sambia, Simbabwe, Namibia und Botswana künftig Elfenbein und Eswatini (ehemals Swasiland) Rhino-Horn verkaufen dürfen. Namibia beantragt zudem den Verkauf von Nashörnern als Jagdtrophäen und lebende Tiere. All das wollen wir verhindern. Ein Schutzantrag für Mammuts? Wie schwer es ist, das geltende Elfenbeinhandelsverbot lückenlos umzusetzen, zeigt der Antrag Israels, den Handel mit Mammut-Stoßzähnen einzuschränken. Auf den ersten Blick scheint es ein kurioser Vorschlag, das Mammut in die Liste geschützter Arten aufzunehmen. Denn schließlich ist es seit 4.000 Jahren ausgestorben. Aber da der Handel mit Mammut-Stoßzähnen bisher uneingeschränkt möglich ist, kann hierüber illegales Elefanten-Elfenbein in den Markt eingeschleust werden. Vor wenigen Tagen erst wurde in Kambodscha Elfenbein beschlagnahmt, das teils von Mammuts teils von Elefanten stammt. Dieses gefährliche Schlupfloch soll jetzt geschlossen werden. Es wäre ein absolutes Novum, denn noch nie wurde eine bereits ausgestorbene Art in die CITES Liste aufgenommen. Der Handel mit Mammut-Stoßzähnen heizt den Elfenbeinmarkt an Wie funktioniert eine CITES-Listung? Die Konferenz selbst findet alle drei Jahre statt, aber „nach der Konferenz ist vor der Konferenz“. Soll heißen: Direkt nach der letzten CITES-Tagung 2016 begannen unsere Recherchen zum Handel weiterer bedrohter Arten, für die wir eine Listung auf der nächsten CITES-Konferenz erreichen wollen. Unserer monatelangen Recherche folgt dann der Dialog mit Herkunftsländern, deren Natur geplündert wird, um den internationalen Markt zu versorgen. Denn Artenschutzorganisationen können zwar Ländern zuarbeiten – Schutzanträge einreichen können aber nur Regierungen. Im Idealfall ist die Bedrohung ausreichend gut dokumentiert und ein Herkunftsland erklärt sich bereit, den Antrag einzureichen und zu verteidigen. Damit ist die erste große Hürde auf dem langen Weg zu einer internationalen Unterschutzstellung genommen. Die nächsten viereinhalb Monate bis zur Artenschutzkonferenz bedeuten nun für uns: Eine detaillierte Analyse der Anträge und Ausarbeiten von Argumenten, um möglichst viele Länder davon zu überzeugen, für oder auch gegen Anträge zu stimmen. Denn damit ein Antrag Erfolg hat ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Bei einigen Arten lässt sich bereits Wochen vor der Konferenz die Stimmung abschätzen. Doch bei anderen wird wortwörtlich bis zur letzten Minute verhandelt und gestritten. Glasfrosch Hyalinobatrachium colymbiphyllum © Brian Gratwicke Was bedeutet der Schutz durch CITES? CITES hat drei Schutzstufen (Anhänge) für bedrohte Arten, von denen die ersten beiden die wirksamsten sind: Anhang I bedeutet ein internationales Verbot des kommerziellen Handels mit Tieren aus freier Natur (für nachweisliche Nachzuchten bleibt der Handel erlaubt). Für Arten, die in Anhang II aufgeführt sind, ist ein internationaler kommerzieller Handel nur dann legal, wenn das Ausfuhrland bescheinigt, dass er nicht die Wildbestände der betroffenen Art bedroht. Eine Listung in Anhang I oder II muss auf den CITES-Konferenzen mit mindestens einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Plumploris sind dank Pro Wildlife seit 2007 international streng geschützt © IAR Seit der Gründung von Pro Wildlife vor fast zwanzig Jahren konnten wir bereits zur Unterschutzstellung von über 100 Tierarten (darunter diverse Papageien, Schildkröten, Chamäleons, Frösche und Plumploris) beitragen. Dabei hilft uns die sehr gute Vernetzung mit Tier- und Artenschutzverbänden aus aller Welt. Mindestens genauso wichtig: Für viele Arten konnten wir verhindern, dass ihr Schutzstatus aufgehoben oder gelockert wird. Dank der Arbeit von Pro Wildlife und anderen Verbänden ist beispielsweise das Elfenbeinhandelsverbot trotz aller Gegenversuche noch immer in Kraft, der Handel mit Wanderfalken und Zwergwalen bleibt auch weiterhin verboten. Zur CoP18 fahren wir wieder mit großen Zielen, um das Maximale für den Schutz von Wildtieren zu erreichen. Autorin: Dr. Sandra Altherr Mehr Informationen Immer mehr Haie werden bei CITES geschützt Das wichtigste internationale Abkommen, um die Plünderung bedrohter Arten zu stoppen, ist das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES). » Hintergründe CITES Wilderer bedrohen Elefanten Etwa 20.000 Elefanten werden jedes Jahr für den Elfenbeinhandel gewildert. » Hintergründe Elfenbeinhandel Reptilien und Amphibien © Thomas Brown Einsatz auch für weniger beachtete Arten. » Artenschutz im Verborgenen

Schildkröten in Not
23. Oktober 2018. Handel, Lebensraumsverlust, Umweltverschmutzung. Drei Fünftel aller Schildkrötenarten weltweit stehen kurz davor, auszusterben oder sind bereits stark bedroht. Laut einer US-amerikanischen Studie in der Fachzeitschrift BioScience sind Schildkröten damit die am meisten gefährdeten Wirbeltiere weltweit und stehen vor Säugetieren, Vögeln, Fischen oder Amphibien. Galapagos-Riesenschildkröte Schildkröten wichtig für das Ökosystem Bereits seit über 200 Millionen Jahren bevölkern Schildkröten die Erde. Aktuell sind mehr als 340 Arten wissenschaftlich beschrieben, unterteilt werden sie in Landschildkröten, Sumpfschildkröten und Meeresschildkröten. Allen gemein ist der charakteristische Panzer. Sie sind sehr anpassungsfähig und können erstaunlich alt werden: Die Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea) wird beispielsweise bis zu 256 Jahre alt. Kleinere Schildkrötenarten erreichen im Schnitt ein Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Landschildkröten sind bei Privathaltern beliebt Doch die Menschen machen den Schildkröten das Überleben schwer. Den Tieren setzt der Klimawandel zu, die Zerstörung ihres Lebensraumes, der übermäßige Handel mit lebenden Tieren, der Verkauf ihres Fleisches und ihrer Panzer sowie die Umweltverschmutzung. So schätzten australische Wissenschaftler, dass mittlerweile jede fünfte Meeresschildkröte an zu viel gefressenen Plastikteilchen stirbt. Bei 14 verschluckten Plastikteilchen steigt das Sterberisiko auf 50 Prozent. Ab 200 verschluckten Teilen ist die Meeresschildkröte nicht mehr lebensfähig. Die Plastikteile bleiben stecken oder verursachen innere Verletzungen. Es wäre fatal, wenn diese faszinierenden Panzertiere aussterben. Nicht nur um ihrer selbst willen, sie tragen auch wesentlich zu einem gesunden Ökosystem bei. Die Pflanzen-, Fleisch- oder Allesfresser sind zugleich Jäger, Schädlingsbekämpfer und Nahrungsquelle für andere Tiere. Die aasfressenden Arten sorgen etwa für eine saubere Umwelt und die pflanzenfressenden Schildkröten leisten einen wichtigen Beitrag, Pflanzensamen zu verbreiten. Gefahren gehen vor allem vom Menschen aus Schildkröten haben je nach Art und Größe verschiedene natürliche Fressfeinde. Krabben und Vögel fressen Baby-Schildkröten und Schildkröteneier. Ausgewachsene Schildkröten haben wenige natürliche Feinde, darunter Alligatoren oder Panzerechsen, die den Panzer aufbrechen können. Auf dem Weg ins Meer lauern viele Fressfeinde Die größte Bedrohung für Schildkröten ist und bleibt jedoch der Mensch. In einigen Regionen der Welt gelten Schildkröten als Delikatesse, weltweit werden sie als exotische Haustiere gehalten. Das Fleisch größerer Arten landet etwa auf Märkten in Asien, Afrika und Lateinamerika, kleinere Arten werden international vor allem als Haustiere gehandelt. Der Schildkrötenpanzer endet in pulverisierter Form in Pillen und Pasten der Traditionellen Asiatischen Medizin (u.a. TCM). Einige Arten, denen eine besondere medizinische Wirkung nachgesagt wird, wie die Dreistreifen-Scharnierschildkröte (Cuora trifasciata) erzielen dabei Preise von mehreren tausend US-Dollar pro Tier. Sogar in Europa können Schildkröten immer noch Bestandteile von TCM-Rezepturen sein. Bauchpanzer (unten rechts) auf einem Markt für traditionelle Medizin in China © V. Berger Schildkröten im Artenschutzübereinkommen gelistet Bis heute werden viele Land- und Sumpfschildkröten für den internationalen Heimtierhandel gefangen und die Bestände in der Natur geplündert. Viele Schildkrötenarten sind jedoch im Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) gelistet. Das internationale Abkommen soll den nachhaltigen Handel oder ein Handelsverbot für stark bedrohte Arten gewährleisten. So lange wildlebende Tiere und Pflanzen nicht explizit durch CITES geschützt sind, dürfen sie international gehandelt und die Wildbestände geplündert werden. Nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen ist der internationale Handel mit allen Meeresschildkröten sowie einer Reihe von Land- und Sumpfschildkröten und deren Produkte für Vertragsstaaten verboten: Sie sind im Anhang I (die höchste Schutzstufe von insgesamt drei) gelistet. Schmuckschildkröten werden häufig ausgesetzt Im Anhang II sind bereits seit den 1970er Jahren alle Landschildkröten aufgeführt, die nicht dem höchsten CITES-Status unterliegen. Damit verpflichten sich die Exportländer, den Handel mit ihnen zu kontrollieren und zu beschränken. Seither wurden nach und nach auch immer mehr Sumpfschildkröten in Anhang II gelistet. Der Handel muss legal sein und darf die Tierart und deren Rolle im Ökosystem nicht beeinträchtigen. Ferner hat etwa die USA Höckerschildkröten, die in Flüssen der östlichen USA leben, im Anhang III von CITES gelistet. Auch China hat eine Reihe seiner Sumpfschildkrötenarten für diesen Schutzstatus gemeldet. Anhang III enthält Arten, die lediglich von einzelnen Vertragsstaaten für ihren Hoheitsbereich unter Schutz gestellt werden – für Exemplare aus allen anderen Ländern reicht ein Herkunftszertifikat. Händler verkaufen Raritäten für 10.000 Euro Der Handel mit Schildkröten ist lukrativ, deshalb werden sie immer wieder gefangen, obwohl viele von ihnen in ihrer Heimat eigentlich geschützt sind. Im April 2018 wurden etwa mehr als 10.000 streng geschützte Strahlenschildkröten (Astrochelys radiata) auf Madagaskar beschlagnahmt. Und Anfang Oktober wurden gar 123 junge Galapagos-Riesenschildkröten aus einer Zuchtstation auf den Galapagos-Inseln gestohlen. Auf den Inseln leben zwölf verschiedene Arten der Riesenschildkröten. Laut dem Umweltministerium gehören die vermissten Babys zu den Arten Chelonoidis vicina und Chelonoidis guntheri, die beide als gefährdet eingestuft sind. Die Diebe wurden bislang nicht gefasst. In europäischen Online-Foren bieten Händler Schildkrötenarten an, die als akut vom Aussterben bedroht gelten. Sammler bezahlen für Raritäten bis zu 10.000 Euro pro ausgewachsenem Tier. Goldkopf-Scharnierschildkröte © Doug Hendrie Deutschland ist ein großer Absatzmarkt Alleine im Jahr 2016 importierten Händler nach Deutschland fast 60.000 lebende Schildkröten, ergaben eigene Recherchen von Pro Wildlife. Exportiert wurden sie vor allem aus China, Usbekistan und Mazedonien. Und das ist nur der legale Markt für CITES-geschützte Arten – die Importe ungeschützter Arten wird nicht einmal erfasst. Bedrohte Schildkröten gehören nicht auf den Teller oder ins Wohnzimmer. Pro Wildlife kämpft für den Schutz der Panzertiere und fordert härtere Gesetze und Strafen beim Handel mit exotischen Tieren. Basierend auf unserer Arbeit wurden Dutzende bislang ungeschützte asiatische Sumpfschildkrötenarten in CITES Anhang II aufgenommen, für die seltenen Flachrücken- und Spinnenschildkröten aus Madagaskar konnten wir sogar eine Anhang I-Listung erreichen. Auch die oben gezeigte Goldkopf-Scharnierschildkröte ist dank Pro Wildlife bei CITES geschützt. Echte Karettschildkröten sind vom Aussterben bedroht Exkurs: Meeresschildkröten Alle Meeresschildkröten sind heute vom Aussterben bedroht. Die Meeresschildkröten stellen eine Familie innerhalb der Schildkröten dar. Insgesamt gibt es acht Arten, die eine Reihe gemeinsamer Merkmale aufweisen. Die Beine sind etwa zu großen Paddeln umgestaltet, der Panzer ist deutlich stromlinienförmig und abgeflacht. Dadurch können sie beispielsweise ihren Kopf bei Gefahr nicht einziehen. Meeresschildkröten verbringen ihr gesamtes Leben im Meer und orientieren sich an Strömungen und am Mond. Die Weibchen kehren alle drei Jahre an ihren Geburtsstrand zurück, um zwischen 50 und 200 Eier abzulegen. Das Ausbrüten übernimmt der warme Strand. Das Geschlecht der Jungtiere ist abhängig von der Temperatur während der Brutzeit: Weibliche Tiere entwickeln sich bei höherer Temperatur als männliche Tiere. Die Entwicklungstemperatur ist abhängig von der Art und liegt zwischen 28 Grad und 32 Grad Celsius. Deshalb ist die weltweite Klimaerwärmung für das Fortbestehen der Art ein großes Problem, da die Balance zwischen den Geschlechtern nicht mehr gewährleistet ist. Viele Fressfeinde Statistisch gesehen erreicht von 1.000 Jungtieren nur ein einziges die Geschlechtsreife. Die meisten fallen bereits auf dem Weg ins Meer Fressfeinden zum Opfer. Gelangen sie ins Wasser, werden die Jungtiere, die noch keinen festen Panzer besitzen, von Fischen und Krabben gefressen. Eigentlich trägt die Natur diesem Missverhältnis durch die hohe Menge an abgelegten Eiern Rechnung. Da es aber immer weniger geeignete Eiablageplätze gibt und ihr Lebensraum zerstört wird, ist das natürliche Gleichgewicht verloren gegangen. Die Niststrände der Meeresschildkröten sind in den letzten 20 Jahren um rund 90 Prozent zurückgegangen. Autorin: Johanna Greuter Mehr Informationen Reptilien und Amphibien Sie kommen bis auf die Polkappen überall auf der Welt vor. » Reptilien und Amphibien Rekord-Beschlagnahmung von Wildtieren © TSA Fast 11.000 stark gefährdete Strahlenschildkröten wurden in Madagaskar beschlagnahmt und aus furchtbaren Zuständen gerettet. » Rekord-Beschlagnahmung von Wildtieren Der Kampf um Aufmerksamkeit Viele Arten bekommen zu wenig Aufmerksamkeit, sind aber dennoch bedroht. » Der Kampf um Aufmerksamkeit CITES Washingtoner Artenschutzübereinkommen: Schutz für bedrohte Arten. » CITES

Wildkatzen auf der Couch
8. August 2018. Kreuzungen aus Haus- und Wildkatze sind der neueste Schrei. Die Katze ist der Deutschen liebstes Haustier. Auf 13,7 Millionen schätzt der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe die Anzahl der in Deutschland gehaltenen Katzen inzwischen. Die allermeisten Menschen begnügen sich bei ihrem Stubentiger mit einer Europäisch Kurzhaar (oft ein wilder Dorfmix), manche wollen partout eine der vielen Rassekatzen (von der Perserkatze bis zur Russisch Blau) – und so einige hätten unbedingt gerne etwas ganz Besonderes. Eine Kreuzung aus Haus- und Wildkatze soll es sein. Weil diese Mixe so schön sind und weil ohnehin bei Haustieren die Nachfrage nach Exoten boomt. Hauskatze Die Zucht von Hybridkatzen als Wild- und Haustierform begann in den 1970er Jahren im Rahmen wissenschaftlicher Experimente: Wilde Bengalkatzen aus Asien wurden mit Hauskatzen gekreuzt, weil man Resistenzen gegen die feline Leukämie untersuchen und Impfstoffe entwickeln wollte. Einige dieser Kreuzungen wurden später an Privatleute abgegeben, um „kleine Leoparden“ mit der hübschen Fleckung der Bengalkatze zu züchten. Der Bann war gebrochen, die Nachfrage nach exotischeren Katzen stieg, immer neue Kreuzungsversuche nahmen seither ihren Lauf: Die Savannah-Katze ist eine Kreuzung aus dem afrikanischen Serval mit einer Hauskatze, die mit ihrer Geparden-ähnlichen Fleckung Preise von bis zu 6.000 € pro Jungtier erzielt. Mit einer Schulterhöhe von 45 Zentimeter und einer Länge von 1,2 Meter (inkl. Schwanz) ist sie die größte aller Hauskatzenrassen. Die Chausie ist eine Kreuzung aus Rohrkatze und Hauskatze. Der Name Chausie leitet sich vom wissenschaftlichen Namen der Rohrkatze (Felis chaus) ab. Das Haustiermagazin preist diese Kreuzung wie folgt an: „Die Chausie erfüllt den Wunsch nach Wildnis im Wohnzimmer. Die kurzhaarige Rasse trägt zur Hälfte Wildblut in sich und gehört somit zu den Hybridrassen.“ Rohrkatzen sind nicht auffällig gezeichnet, aber ihre Haarpuschel an den Ohren, ähnlich denen des Luchses, machen sie attraktiv. Weitere Kreationen aus Wild- und Hauskatze der vergangenen Jahre sind die Karakal-Katze oder „Caracat“ (Karakal x Hauskatze), Hybride aus Fischkatze mit der langhaarigen Rassekatze Maine Coon, „Vivveral“ (Fischkatze x Hauskatze), „Safari“ (Kleinfleckkatze x Hauskatze) sowie Bristol (Langschwanzkatze/Margay x Hauskatze). Savannah-Katze Gefährliche Liebschaften Bei der Zucht von Wild- und Hauskatze ist fast immer der Kater der Wilde, die Kätzin die domestizierte Form. Welche Wildkätzin würde sich schon mit einem langweiligen Hauskater paaren? Für die Hauskatze sind die Paarung und Trächtigkeit nicht ungefährlich: Ein Karakal- oder Serval-Kater ist größer, der Nackenbiss bei der Paarung entsprechend kräftiger. Die Tragezeit beim Karakal ist circa 73 Tage, zehn Tage länger als bei der Hauskatze. Früh-, Fehl- und Totgeburten sind beim größeren Mix-Nachwuchs nicht selten. Ein Karakal ist eine gefährliche Raubkatze, kein Stubentiger Kein Wunder also, dass die Zuchten in Europa nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken: Noch immer werden reine Karakale, Servale, Bengal-, Rohr- und Fischkatzen nach Tschechien, Deutschland und England importiert – ganz offiziell für den kommerziellen Handel bestimmt. Die ersten vier Generationen der (artgeschützten) Wildkatzenart mit einer Hauskatze werden bei der Zucht und von den Behörden noch als Wildformen behandelt, doch bereits ab Generation fünf gelten die Tiere als ungeschützt und gezähmt. Die Züchterszene preist die Hybride an als Tiere mit „dem Aussehen einer Wildkatze, aber mit der Persönlichkeit einer Hauskatze“. Unsere Hauskatzen sind das Ergebnisse eines Jahrtausende währenden Domestizierungsprozesses und bei solchen Hybriden sollen die Verhaltensmuster der Wildkatzen nach drei Generationen ausgemerzt sein, die gewünschte Optik hingegen nicht? Klingt seltsam, ist es auch: Bengalkatzen sind geschützt Wildkatzen zeigen ihre Krallen Nach einer ersten Phase der Begeisterung über ihr schönes neues „Haustier“ berichten Halter von Hybridkatzen häufig, dass sich die Katze kaum streicheln lässt, ein sehr aggressives Verhalten zeigt und andere Haustiere attackiert. Und nicht nur die Aggressionen sind eine Herausforderung: Denn wie reine Wildkatzen markieren auch Hybridkatzen ihr Revier, notgedrungen in der Wohnung: Statt ins Katzenklo urinieren sie in Ecken und entlang der Wände, wie sie auch in der Natur entlang ihrer Wege markieren würden. Zudem setzen sie ihre Krallen ein: Wildkatzenhybride hinterlassen an Möbeln und Wänden tiefe Kratzspuren. Zwar klagen auch manche Halter klassischer Hauskatzen über solch unliebsames Verhalten, aber in der Regel handelt es sich dabei eher um Verhaltensstörungen oder um kurzfristigen Protest der Katze auf unangenehme Veränderungen (zum Beispiel neuer Partner des Halters, Umzug). Hybride sind also zwar bildschön, aber sie sind immer noch wild. Vor allem aus den USA, wo Hybridkatzen schon länger in Mode sind, berichten Tierheime und Auffangstationen, dass sie immer häufiger solche Tiere aufnehmen müssen. Weil die früheren Halter überfordert sind oder schlichtweg im Alltag eben doch lieber ein stubenreines Schmusekätzchen wollen. Fischkatzen sind große Räuber Und die Moral von der Geschichte? Bei allem Verständnis dafür, dass Katzenfreunde diese neuen wilden Zuchtkreationen bildschön finden – und das sind sie zweifelsohne, mit ihren außergewöhnlichen Musterungen, ihren großen Ohren und ihrem stattlichen Körperbau: Der Domestizierungsprozess unserer Hauskatzen hat nicht umsonst mehrere tausend Jahre gedauert. Wer sich eine Katze anschaffen möchte, sollte sich über Eines im Klaren sein: Man tut sich, seiner Familie, seiner Wohnung und seinen Möbeln einen großen Gefallen, wenn man sich für die gute alte Hauskatze entscheidet und nicht dem neuesten, ziemlich unsinnigen Trend folgt. In den Tierheimen gibt es wahrlich genug Katzen, die ein neues Zuhause suchen. Katze im Tierheim Mehr Informationen Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind der letzte Schrei. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Händler nutzen Gesetzeslücken, um mit teils bedrohten Tierarten den großen Reibach zu machen. » Reptilienschmuggel Affe als Haustier Affen gehören nicht ins Wohnzimmer. Sie werden nie stubenrein. In der Wohnung machen sie die Einrichtung kaputt und pinkeln und koten überall hin » Affe als Haustier

Malawisee-Buntbarsche im Aquarium
24. Juli 2018. Wildfänge in deutschen Wohnzimmern. Aquarium Gottes, See der Wunder, Lake of Stars: Der Malawisee (auch Njassasee) hat viele Spitznamen. Er ist 560 Kilometer lang, bis zu 80 Kilometer breit, bis zu 704 Meter tief und somit der neuntgrößte See der Welt. Außerdem ist er Heimat von seltenen Fischen, die der Handel für Aquarien ernsthaft bedroht. Cape MacLear im UNESCO-Weltnaturerbe Malawisee-Nationalpark © Henoch / Pro Wildlife Bereits seit mehr als einer Millionen Jahre ruht der tiefe See im Ostafrikanischen Grabenbruch und beherbergt geschätzt 700 bis 800 Arten an Buntbarschen (Cichliden). Genau weiß es niemand, denn der Artenreichtum ist so groß, dass er kaum zählbar ist. So einzigartig ist diese Wasserwelt, dass ein Teil des Sees zum UNESCO Weltnaturerbe erhoben wurde. Einbaum auf dem Malawisee © Henoch / Pro Wildlife Die Buntbarsche des Malawisees sind zum Teil quietschbunt und nahezu alle gehören zu den Maulbrütern. Ihr Aussehen und ihre skurrile Brutpflege macht sie bei Aquarianern und Sammlern begehrt, die neben den bunten Fischen das fast außerirdische Aussehen der Gesteinsformationen im Malawisee nachzubauen versuchen. Wer viel Fantasie besitzt, könnte ganze Städte in die umgestürzten Felsformationen im See hineininterpretieren, um die die bunten Fische flitzen. Kunstvoll geformte Steine zieren auch Tausende Malawisee-Aquarien in deutschen Wohnzimmer, viele bestückt mit Wildfängen direkt aus Afrika. Giraffen-Buntbarsch (Nimbochromis venustus) in einem Malawisee-Aquarium An jedem Steinhaufen eine andere Art Hunderte Arten und Unterarten der Buntbarsche sind sogenannte Endemiten, sie kommen nur im Malawisee vor. Viele sind sogar Punktendemiten und besiedeln zum Teil ein Gebiet nur so groß wie ein Fußballfeld. Die kleinen Steininseln im See sind Heimat für jeweils unterschiedliche Arten mit anderen Farben. Einige Arten sind sehr selten und viele noch gar nicht beschrieben; die Auswirkungen des übermäßigen Fangs sind kaum vorhersehbar. Und genau das ist das Problem: Händler weltweit bestellen bunte Arten und Unterarten, die die Menschen in Malawi aus dem See holen und international verkaufen. Regeln gibt es kaum. In der „Zeit“ gab der Besitzer einer der Farmen am See 2016 an, dass er allein 35.000 bis 40.000 Buntbarsche pro Jahr exportiert. Strand bei Nkhata Bay © Henoch / Pro Wildlife Malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Erde, der Großteil der Menschen ist direkt oder indirekt auf den See angewiesen, aus dem sie auch Speisefisch als wertvolle Proteinquelle beziehen. Der Handel mit den Buntbarschen ist ein erträgliches Einkommen für die Menschen an den Ufern des Sees und so ist es nicht verwunderlich, dass das Geschäft floriert. Die Regierung hat bereits in den 70er Jahren erkannt, dass die Fischbestände für den internationalen Markt geplündert werden und errichtete daraufhin einen Nationalpark, der den Süden des Sees umfasst. Der Fang konzentrierte sich fortan auf die anderen Bereiche des Sees. Viele Menschen in Malawi leben vom See – hier werden Speisefische getrocknet © Henoch / Pro Wildlife Am Schlauch in die Tiefe des Malawisees Die Fischtaucher gehen einer gefährlichen Arbeit nach. Ihre Schatzjagd erledigen sie an Schläuchen, Kompressoren pumpen Atemluft nach unten. Modernes Tauch-Equipment? Fehlanzeige. Gemeinsam treiben die Taucher die Fische in ihre Netze und bringen sie dann an Bord der kleinen Boote. Von dort geht es in die Verpackungshallen und mit dem Flugzeug in die Aquarien weltweit. Wie viele Fische bei diesen Strapazen genau sterben, ist kaum abzuschätzen. Im Jahr 2000 veröffentlichte ein Zeuge in der Zeitschrift der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz einen Bericht über den Fang. Er schilderte, wie von 64 in seinem Beisein gefangenen Fischen nur sechs Tiere Fang und Transport in die Verpackungshallen überlebten. Goldener Buntbarsch in einem Malawisee-Aquarium Wie nachhaltig kann dieses Geschäft für die Fischbestände sein, wenn es von einigen Arten und Unterarten womöglich nur einige tausend Exemplare gibt und wenn niemand genau weiß, wie viele Arten und Unterarten es überhaupt gibt? Nachzuchten sind die natürliche Alternative, doch häufig stellen sie Aquarianer vor einigen Mehraufwand. Sie müssen sich mit Gleichgesinnten austauschen, um regelmäßig frisches Blut in die Zucht zu bekommen. Außerdem müssen sie für optimale Haltungsbedingungen sorgen. Viele Züchter werben mit Nachzuchten, andere bieten noch immer stolz Wildfänge an, die als farbenreicher gelten und deshalb begehrt sind. Bedrohte Arten in europäischen Glastanks An Farbenpracht und Vielfalt können es die Malawi-Buntbarsche fast mit den Korallenfischen aufnehmen; sie kommen leuchtend blau oder gelb-lila gestreift, rot mit weißen Punkten oder im schwarz-weißen Leopardenmuster daher. Dass für ihre Haltung jedoch wesentlich weniger Technik benötigt wird und sie deshalb viel günstiger ist als die Haltung von Meerwasserfischen, erklärt die immense Beliebtheit der Tiere im Handel. Der Heimtierhandel macht kein Hehl daraus, dass die seltenen Tiere Wildfänge sind: „Farbenprächtige Buntbarsche aus dem Malawisee in Afrika“ heißt es auf der Website eines deutschen Händlers. Farbenfroher Buntbarsch in einem Malawisee-Aquarium Allein dieser eine Händler bietet mehr als hundert verschiedene Arten an, die wenigsten sind als Nachzucht deklariert. Die billigsten Arten sind bei diesem Händler schon ab 9,95 € zu haben, die selteneren Exemplare kosten bis zu 30 Euro pro Tier. Zu den teureren Arten gehören der königsblaue Aulonocara hansbaenschi und der türkis-gelbe Aulonocara steveni – kein Wunder: Beide sind in der Roten Liste als gefährdet (vulnerable) aufgeführt. Der erste, auch Kaiserbuntbarsch genannt, ist nur von vier Stellen im See bekannt, der zweite gar von nur einer Stelle, nämlich von der Mini-Insel Kande Island. Diese extrem kleinen Verbreitungsgebiete machen beide hoch anfällig für eine Übernutzung. Andere Händler verscherbeln selbst die gefährdeten Arten wie den Kaiserbuntbarsch oder den Demasons Maulbrüter (Chindongo demasoni) schon ab fünf Euro pro Tier. Die Folgen der Naturplünderung sind bereits deutlich: Seit Mitte der 1980er Jahre ist die Anzahl der Fischernetze auf das 50-Fache angestiegen, während die Fisch-Ausbeute deutlich zurückging. Bereits in den 1990er Jahren waren einige Bestände kollabiert, doch statt den Fang zu reduzieren, wichen die Fischer auf neue Mikro-Populationen aus. Handel als Entwicklungshilfe? Schnorcheln im Malawisee © Henoch / Pro Wildlife Die Menschen in Malawi sind arm und so ist es nicht verwunderlich, dass der Handel mit Fischen und anderen Tieren als Beitrag zur Armutsbekämpfung diskutiert wird. Allerdings hat sich eine nachhaltigere Alternative etabliert, die den Artenreichtum des Landes nicht plündert, sondern ihn schätzt: Der Tourismus. Rund um den See haben sich Tauchbasen etabliert, die internationalen Gästen die Schönheit der Unterwasserwelt des Sees näher bringen. Der Blick von einer Lodge auf Chizumulu Island © Henoch / Pro Wildlife Auch über Wasser gibt es genug zu entdecken und das Land versucht im Moment, seine leer gewilderten Nationalparks wieder zu beleben. 2016 kamen fast 850.000 Urlauber ins Land, Tendenz insgesamt steigend. Natürlich gibt es auch hier Herausforderungen, der erhöhte Wasserverbrauch beispielsweise und die allgemein unzureichend ausgebaute Infrastruktur. Doch nachhaltig betrieben kann der Tourismus als Alternative dienen und der Welt die Schönheit des Aquariums Gottes zeigen, ohne sie zu zerstören. Weitere Informationen Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Viele Tiere sind in ihrer Heimat geschützt, aber in der EU vogelfrei. Eine Gesetzeslücke macht es möglich. » Hintergrund: Reptilienschmuggel

Invasive Arten in Deutschland
20. Juli 2018. Hilfe, die Aliens kommen. Viele Tierarten wandern, um sich erfolgreich fortzupflanzen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Daher ist es ganz normal, dass Tiere und Pflanzen neue Lebensräume besiedeln. Diese Fähigkeit wird auch angesichts des Klimawandels zur Erhaltung von Arten immer wichtiger werden. Organismen wandern allerdings normalerweise lokal, meist über kurze Distanzen in Gebiete mit ähnlichen Bedingungen, wobei Meere und Gebirge seit jeher natürliche Barrieren bilden. Diese sind für die meisten Arten unüberwindbar und grenzen verschiedene Lebensräume voneinander ab – wäre da nicht der Mensch. Er hilft vielen Tierarten bewusst oder unbewusst beim wandern und bringt sogenannte invasive Arten in neue Lebensräume. Vor allem seit dem Boom von Schifffahrt und Flugverkehr und seit damit große Distanzen in kurzer Zeit spielerisch überwunden werden können, werden Tier- und Pflanzenarten aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet an weit entfernte Orte gebracht, in die sie eigentlich von selbst gar nicht gelangen könnten. Dies geschieht manchmal unbewusst, oft werden sie aber aktiv durch den Mensch transportiert. Grauhörnchen verdrängen heimische Eichhörnchen Einige dieser Arten bereichern das Ökosystem und vermehren die Artenvielfalt, viele haben allerdings unerwünschte Auswirkungen auf ihren neuen Lebensraum sowie die dort heimischen Arten und breiten sich rasant und massenhaft aus. Sie werden als invasive Arten oder auch „alien species“ bezeichnet, die die biologische Vielfalt und die heimischen Ökosysteme gefährden und weltweit Schäden in Milliardenhöhe verursachen. So beziffert die EU-Kommission allein den ökonomischen Schaden auf rund 12 Milliarden Euro pro Jahr. Woher kommen invasive Arten? Schon vor tausenden Jahren sind Nutztiere von Asien nach Europa gebracht worden. Die Römer lieferten uns viele Kulturpflanzen wie Apfel, Birne und Pflaume, Getreidearten wie Weizen und Gerste sowie Heilpflanzen und Blumen. Die Wikinger brachten mit ihren Schiffen Arten wie die Sandklaffmuschel an die Küsten Nordeuropas. Die Römer brachten den Weizen nach Deutschland Erst seit der Kolonialzeit und der Entdeckung Amerikas 1492 etablierten sich jedoch global immer mehr Handelsrouten und viele Organismen wurden in der Welt verstreut. So wurden vor allem Kulturtiere wie Ziegen, Schafe und Rinder aus Europa und Asien in den Rest der Welt verfrachtet, um als Nahrungsquelle zu dienen. Europa siedelte beispielsweise Fasan und Mufflon für die Jagd an; Regenbogenforelle, pazifische Auster und Königskrabbe wurden zu Speisefisch; Bisam, Nutria, Nerz, Marderhund und Waschbär wurden als Pelzlieferanten eingeführt. Als Pelze zwischenzeitlich aus der Mode kamen, wurden diese Tiere einfach in die Natur entlassen und sorgen dort wie andere eingeführte Arten durch ihre Lebensweise oft für großen Schaden. Mufflons wurden für die Jagd in Deutschland angesiedelt Andere Arten wurden ausgesetzt, um als natürliche Waffe die Landwirtschaft zu optimieren oder die Natur nach den Wünschen des Menschen zu verändern. Ein Beispiel ist der asiatische Marienkäfer, der als effizienter Blattlausvertilger dienen sollte – oder der Graskarpfen, der zur Bekämpfung von Wasserpflanzen eingeführt wurde. Auch der Trend im Garten- und Waldbau, lieber ausländische exotische Zier- und Teichpflanzen anzusiedeln, ist ein großer Eingriff in unsere Natur. So gelten das indische Springkraut, die Robinie oder der Riesen-Bärenklau als besonders invasive Pflanzenarten Deutschlands. Bärenklau ist sehr invasiv Exotenhandel schleust immer neue Arten ein Da seit Jahren der exotische Heimtierhandel boomt, werden auch hierüber vermehrt gebietsfremde Arten in Umlauf gebracht. Viele der Exotenhalter sind schnell mit dem neuen Haustier überfordert, haben die Kosten oder die Haltungsanforderungen unterschätzt und setzen die erworbenen Tiere einfach im nächsten Wald oder Teich wieder aus; andere Tiere entkommen. Schildkröten, Kaimane und andere Exoten sind deshalb in unserer Natur zu finden. Reptilien im sechsstelligen Bereich werden jedes Jahr nach Deutschland importiert, da ist es kaum verwunderlich, dass viele dieser Exoten in unserer Natur landen. Haufenweise ausgesetzte Schmuckschildkröten vertilgen heimische Amphibien- und Insektenlarven. Rotwangen-Schmuckschildkröten am See Durch asiatische Molche gelangte auch ein sehr aggressiver Hautpilz nach Deutschland, der Salamanderfresser (Batrachochytrium dendrobatidis). Dieser Pilz sorgte bei unseren Nachbarn in Belgien und Holland bereits für einen regelrechten Kollaps der Feuersalamander-Bestände. Generell kann der Pilz sogar sämtliche Schwanzlurcharten befallen und stellt eine große Bedrohung für die heimische Amphibien-Fauna dar. Heutzutage nimmt durch den anwachsenden globalen Handel und Tourismus die unbewusste Verbreitung immer weiter zu. Im Stauraum zwischen der Handelsware gelangen viele Arten durch den Flugverkehr in andere Gebiete. Die Hauptrolle im internationalen Güterhandel spielt allerdings die Schifffahrt, denn etwa 90 Prozent aller internationalen Handelsgüter werden mit dem Schiff transportiert. Daher sind gerade auch aquatische Lebensräume durch die Einfuhr invasive Arten gefährdet. Organismen reisen am Schiffsrumpf oder im Ballastwasser der großen Tanks als blinde Passagiere mit. Frachtschiffe sind Eldorados für viele invasive Arten, darunter auch Krankheitserreger Mehr als zehn Milliarden Tonnen Wasser werden jährlich um die Welt geschifft und so reisen täglich etwa 7.000 Arten um den Globus. Neben Algen, wirbellosen Tieren und Fischen gelangen so auch Viren und Bakterien in fremde Gewässer. Der Bau von Kanälen sorgt für zusätzliche Verbreitung. Chinesische Wollhandkrabbe, amerikanische Rippenqualle und giftiges Plankton gelangten so nach Europa und verdrängen und vernichten dort viele Arten. Warum sind „Aliens“ eine Gefahr für einheimische Tiere? Wer durch Europas Städte, Wälder und Landschaften wandert, dem fällt es schwer, noch sicher zu sagen, welche nun eigentlich einheimische Arten sind. So werden manche einheimische Arten gar fälschlicherweise als gebietsfremd abgestempelt: wie das Eichhörnchen, das dem kanadischen Grauhörnchen sehr ähnlich sehen kann. Das europäische Eichhörnchen In Europa gelten etwa 1.150 Tier- und 12.000 Pflanzenarten als nicht-heimisch. Die meisten der Arten können sich in Deutschland allerdings nicht fortpflanzen oder langfristig etablieren, so sind nur 260 eingeschleppte Tier- und 600 Pflanzenarten als etabliert dokumentiert (vermutlich sind es weitaus mehr, aber der Nachweis fehlt noch). Sie waren fähig, im neuen Lebensraum seit mehr als 100 Jahren zu überleben. Besonders gut gelingt dies dort, wo Menschen die natürlichen Ökosysteme verändert und durch ihr Eingreifen geschwächt haben. Viele invasive Arten finden hier ähnliche Lebensbedingungen wie in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet vor. Allerdings fehlen hier natürliche Regulatoren wie Pathogene, Parasiten und Fressfeinde und so können sich invasive Arten ungehindert vermehren. Sie konkurrieren mit einheimischen Arten um ohnehin immer knapper werdende Ressourcen und Lebensraum, sind oft gut angepasst und widerstandsfähig und verdrängen deshalb viele einheimische Arten. So fraßen eingeschleppte Nutztiere ganze Inseln leer und beraubten die einheimischen Arten ihrer Lebensgrundlage. Krankheiten wandern mit Wanderratten hatten im Mittelalter den Pestfloh im Gepäck Einige eingebrachte Arten stellen als Fressfeinde eine Bedrohung für einheimische Arten dar. Sie bringen nicht selten Krankheiten und Parasiten mit, gegen die sie selbst, nicht aber einheimische Arten, immun sind. So sorgten Ratten, die mit den Schiffen auf entlegenen Inseln kamen, für den Verlust von am Boden brütenden Vogelarten; Katzen vertilgen jährlich zahllose bedrohte Reptilien in Australien. Der Asiatische Marienkäfer dezimierte durch einen eingeschleppten Parasiten den europäischen Marienkäfer stark und der nordamerikanische Flusskrebs war aufgrund eines eingeschleppten Pilzes Schuld am Rückgang der einheimischen Art. Auch für uns Menschen können invasive Arten eine gesundheitliche Gefahr darstellen. Ein Beispiel ist die Wanderratte, die mit Pestfloh und Pestbakterium im Schlepptau nach Europa kam und dort für Millionen von Toten sorgte. Vor kurzem landete die Tigermücke in den Schlagzeilen, die Überträger des gefährlichen Zika- und Dengue- Virus ist. Die asiatische Tigermücke kann gefährliche Krankheiten übertragen Einkreuzungen der Gene gebietsfremder Arten können zu schleichenden genetischen Veränderungen und dem Verlust genetischer Vielfalt einer Art führen. Negative Auswirkungen auf Ökosysteme können auch Veränderungen in Wasserhaushalt, Vegetationsstruktur oder Nährstoffdynamik sein. Neben Ökologischen Auswirkungen und Gefahren für den Menschen richten invasive Arten auch massive ökonomische Schäden an. So führen zum Beispiel eingeschleppte Schädlinge wie der Maiswurzelbohrer, die Kastanienminiermotte oder die Schiffsbohrmuschel zu hohen wirtschaftlichen Einbußen. Maßnahmen gegen invasive Arten Nicht alle eingebrachten Tiere sind eine Bedrohung für unser Ökosystem. Laut Bundesamt für Naturschutz sorgen nur etwa zehn bis 15 Prozent der gebietsfremden etablierten Tier- und Pflanzenarten in Deutschland für Probleme bei einheimischen Tieren und Pflanzen. Findet eine Art jedoch einen geeigneten Lebensraum vor und etabliert sich dort, ist es oft zu spät und sehr teuer, eine Invasion zu verhindern. Schnelles Handeln ist wichtig, denn jede Art hat andere Auswirkungen auf das Ökosystem und diese sind schlecht vorhersehbar. Deshalb sollte die Einfuhr und Einschleppung gebietsfremder Arten möglichst früh verhindert werden, um die heimischen Ökosysteme und deren Arten zu schützen. Waschbären gelten als invasive Art Bei ökologisch, ökonomisch und für den Mensch gefährlichen Arten soll regulativ eingegriffen werden. Hierbei werden leider oftmals auch letale Maßnahmen ergriffen. Pläne, gebietsfremde Tiere wieder auszurotten und aktiv zu bejagen, stoßen bei Anwohnern oft auf großen Widerstand. So sind Waschbär und Grauhörnchen tabu, während die Tigermücke und den als „Killershrimp“ bezeichnete Höckerflohkrebs wohl kaum jemand vermissen würde. UV-Bestrahlung statt strengerer Gesetze? Da viele Arten mittlerweile unbewusst verbreitet werden, sind Konventionen wie die zum Erhalt der biologischen Vielfalt nicht mehr ausreichend. Mittlerweile gibt es auch internationale Bemühungen und Maßnahmenkataloge, um invasive Arten besser zu erkennen und zu bekämpfen. Die Einfuhr vieler Meeresbewohner soll künftig durch die Reinigung der Ballastwassertanks mit Filtersystemen, Chemikalien und UV-Strahlung verhindert werden. Leider sträuben sich viele Länder noch gegen die teure Aufrüstung der Schiffe. Meere sind besonders von invasiven Arten betroffen Die EU hat 2016 eine Unionsliste invasiver Arten zum Schutz der biologischen Artenvielfalt veröffentlicht, auf der erstmals 37 zu bekämpfende invasive Tier- und Pflanzenarten stehen, welche nicht absichtlich eingebracht, gehalten, gezüchtet oder befördert werden dürfen. 2017 kamen zwölf weitere Arten dazu, doch viele andere fehlen noch. Wirklich wirksame Präventivmaßnahmen, wie zum Beispiel ein Einschränken des Handels mit exotischen „Heimtieren“ und Zierpflanzen, wurden von den Regierungen bisher leider versäumt… Weitere Informationen Exotische Haustiere Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs » Exotische Haustiere Schildkröten in Not Viele Schildkrötenarten sind durch Handel und Lebensraumverlust vom Aussterben bedroht » Schildkröten in Not Der Exotenboom Affen, Löwen, Giftschlangen oder Stinktiere im Wohnzimmer? Kaum zu glauben, aber das ist erlaubt – je nachdem in welchem Bundesland man wohnt. Jeder kann sich ohne Vorkenntnisse Wildtiere kaufen » Der Exotenboom: Folgen für Tiere, Arten und Natur

Artensterben menschgemacht
10. Juli 2018. Bulldozer contra Tierhandel: Wer sind die größten Übeltäter? Im Artenschutz erlebt man teils bizarre Diskussionen: Wenn wir beispielsweise für eine seltene Echse aus den Regenwäldern Malaysias einen internationalen Handelsstopp aushandeln wollen, hören wir von Haltern exotischer Tiere, diese Echse hätte nur in ihrem Terrarium eine Überlebenschance. Private Exotenhaltung als Arche Noah – echt jetzt?? Gerne wird auch argumentiert, das Waldstück, in dem die Echse lebt, würde nur erhalten, wenn sich die Echse zu Geld machen lässt – ach ja?? Regierungen, die ihre letzten intakten Waldgebiete zerstören und in Plantagen verwandeln lassen, behaupten, dies sei ein Beitrag gegen Armut und Hunger – soso… Auch Trophäenjäger begründen ihr blutiges Hobby gerne damit, dass sie quasi Entwicklungshilfe betrieben – na klar!! Anlass für uns, einmal mit solchen Alibi-Argumenten aufzuräumen. Nicht umsonst benennt die Weltnaturschutzunion IUCN die Agrarindustrie und den Fang von Wildtieren als größte Gefahren für die Biodiversität. Bulldozer oder Tierhandel: Wer ist der größere Übeltäter? Bulldozer in Kamerun Plantagen gegen den Welthunger? Rosenanbau in Äthiopien, Soja-Plantagen in Paraguay und die berüchtigten Ölpalmen-Wüsten in Indonesien: Landgrabbing ist der Fachbegriff dafür, wenn westliche Konzerne in Afrika, Lateinamerika oder Asien riesige Flächen kaufen oder pachten, um profitable Monokulturen anzulegen. Die lokale Bevölkerung hat in den allermeisten Fällen wenig davon (von ein paar schlecht bezahlten saisonalen Arbeitsplätzen abgesehen) – im Gegenteil: Oft werden Indigene und Kleinbauern von ihren angestammten Äckern und Dörfern vertrieben und damit ihrer Nahrungsgrundlage beraubt. Gewinner sind globale Konzerne wie Cargill oder Wilmar, die die großen Player im Welthandel mit Palmöl sind. Klicken Sie für mehr Informationen auf das + Kamerun: Landgrabbing im Regenwald Palmölplantage Der US-Konzern Herakles hielt uns auf Trab, als er 2011 in Kamerun 70.000 ha pachtete, um inmitten mehrerer Schutzgebiete Palmöl-Monokulturen anzulegen. Von den katastrophalen Folgen für Waldelefanten, Schimpansen und andere bedrohte Tiere einmal abgesehen: Die lokale Bevölkerung, der die Vertreibung drohte, kämpfte damals gemeinsam mit Pro Wildlife und anderen Verbänden gegen diesen Landraub. In dem Fall mit Erfolg: Nach drei Jahren Widerstand gab Herakles auf – doch ihre Bulldozer hatten bereits erheblichen Schaden angerichtet. In vielen anderen Ländern scheitert der lokale Widerstand gegen die finanzstarken Konzerne – oft mit Unterstützung korrupter Regierungen, die auf schnelles Geld (auch für die eigenen Taschen) hoffen, riesige Gebiete verpachten und dabei die Lebensgrundlage ihrer Bevölkerung aufs Spiel setzen. Äthiopien: Ein Rosenkrieg der anderen Art In Äthiopien werden Rosen angebaut Äthiopien, das immer wieder mit großer Hungersnot zu kämpfen hat, wird von internationalen Konzernen ausgebeutet und ausgeblutet: • Ein Unternehmen aus Indien baut auf 300.000 ha Rosen für den Export an, verbraucht dabei immense Wassermengen und belastet mit Düngern und Pestiziden die fragile Umwelt. • Investoren aus Saudi-Arabien produzieren auf 500.000 ha Reis und Ölpflanzen für den Export – Nahrungsmittel, die in Äthiopien fehlen. • Sogar Schutzgebiete werden nicht geschont: 2008 begann die deutsche Firma Flora Ecopower, im Elefantenwald Babile Jatropha-Plantagen anzulegen – und konnte erst nach intensiven Protesten von Pro Wildlife und anderen Verbänden gestoppt werden. Die Firma ist inzwischen insolvent; doch andere Konzerne stehen längst zur Landübernahme bereit. Ein Kampf gegen Windmühlen, den die lokale Bevölkerung hier führt. Nicht nur in Äthiopien, sondern auch in Mali, Südafrika, Brasilien, Kolumbien, Peru, Indien und vielen anderen Ländern. Soja-Ernte Exotenhandel als Beitrag zum Artenschutz? Lange Zeit wurde der internationale Handel mit exotischen Tieren damit gerechtfertigt, dass vor allem Entwicklungsländer hierdurch eine Einnahmequelle hätten und eine nachhaltige Nutzung die Artenvielfalt nicht bedrohen würde. Das klingt in der Theorie verlockend und überzeugend – doch die Praxis sieht leider anders aus: Tierfänger bedienen eine riesige Nachfrage vor allem in Europa, USA und Japan. Was bunt, hübsch gemustert und klein genug ist, um in einen Glastank zu passen, wird eingesammelt. Wenn die Bestände in der Natur selten werden (oder wir endlich Handelsverbote für einige Arten erwirken können), weicht der Markt auf den nächsten farbigen Frosch und den wild-getupften Gecko aus. Und die Rote Liste bedrohter Arten wächst weiter… Pantherchamäleon aus Madagaskar Die Mär vom Tierhandel als Entwicklungshilfe Das große Geld verdient nicht die lokale Bevölkerung, deren Natur ausverkauft wird, sondern die Händler exotischer Haustiere in den Industrieländern. In Laos beispielsweise erhält ein Tierfänger 10-20 Cent pro seltenem Molch, der dann in Europa für 200 Euro verkauft wird. In Vietnam werden lokale Fänger ebenfalls mit Centbeträgen pro seltenem Gecko abgespeist, während die Tiere hier in Europa vierstellige Beträge erzielen. Eine neue Studie zeigt, wie sich in abgelegenen Regionen Madagaskars zwar jeder Zwanzigste ein Zubrot durch das Einfangen von Reptilien und Amphibien verdient, aber der Job gilt als gefährlich und meist unrentabel. Entsprechend gering ist auch der Anreiz, den Lebensraum dieser Tiere zu schützen. Ein weiteres Argument der Exotenhalter, der Handel mit Wildfängen würde helfen, den Lebensraum zu erhalten, ist damit ebenfalls widerlegt. Sogar das Gegenteil ist häufig der Fall. Tierfänger zerstören Lebensraum Die allermeisten Korallenfische im Handel sind noch immer Wildfänge Immer mehr begehrte Arten landen auf der Roten Liste – bedroht durch Lebensraumzerstörung UND den Tierhandel. Und auch die Kollateralschäden für die Umwelt können beträchtlich sein, wenn beim Fangen der Tiere ihr vormals intaktes Micro-Habitat gleich mit zerstört wird: So werden Schildkröten und Taranteln aus ihren Erdlöchern gegraben, kleine Felsspalten aufgebrochen, um darin versteckte Echsen einzusammeln, und sogar Bäume gefällt, um darauf sitzende bunte Geckos abzusammeln. Farbenfrohe Korallenfische werden in Asien, trotz Verbot, noch immer mit dem Nervengift Natriumcyanid eingefangen – was nicht nur den gewünschten Fisch betäubt, sondern gleich mal eben großflächig alle anderen Riffbewohner mit vergiftet. Raubbau bleibt Raubbau Kein Wunder also, wenn immer mehr Wissenschaftlicher warnen, dass der Lebendtierhandel für bestimmte Arten längst zur Hauptgefahr geworden ist. Und auch bei Trophäenjägern, die nicht einmal vor dem Abschuss von Löwen des Krüger-Nationalparks oder den letzten Wüstenelefanten Namibias Halt machen, wird schnell deutlich, dass hier wohl kaum ein Beitrag zum Artenschutz geleistet wird. Auch wenn Kettensägen und Bulldozer den flächenmäßig größeren Schaden anrichten als Fallen und Gewehre: Die Kombination der Gefährdungsfaktoren verschärft die Situation. Grüne Baumschleiche, Abronia graminea © Derek Remsey Wir hoffen jedenfalls, dass sich Politiker und andere Entscheidungsträger nicht länger von den fadenscheinigen Argumenten des Handels blenden lassen: Ob Tierhandel oder Plantagenwüsten, Raubbau bleibt Raubbau. Mehr Informationen Lebensraumverlust © Aidenvironment 7 Millionen Hektar Wald werden jährlich gerodet, die Hälfte aller Tropenwälder ist bereits verschwunden. » Raum für Wildtiere Exotische Haustiere Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere IUCN Studie zum Artensterben Die Auswirkungen von Bulldozern, Netzen und Waffen » IUCN-Studie 2016 zu den Ursachen des Artensterbens Die Folgen des Wildtierhandels Zu Tode geliebt: » Artikel zu den Folgen des Exotenhandels (Conniff 2017, Scientific American) Tierfänger in Madagaskar Tierhandel in Madagaskar » Studie zu Tierfängern in Madagaskar (Robinson et al. 2018)

Wo sind all die Geparde hin?
28. Juni 2018. Ein Räuber vor dem Aussterben. Stellen Sie sich vor, sie fahren mit dem Auto auf der Landstraße und werden von einer Katze überholt. Das schnellste an Land lebende Tier der Welt erreicht im Sprint bis zu 120 km/h. Von 0 auf 100 beschleunigen Geparde in nur drei Sekunden – dagegen hat selbst ein Ferrari das Nachsehen. Ein Spezialist der Evolution, dem leider die Puste ausgeht. Denn es gibt nur noch gut 7.000 Geparde, Tendenz sinkend. Geparde sind hervorragende Sprinter Spezialist ohne Platz Geparden sind die Sprinter unter den Sportlern im Tierreich. Sie erlegen Beutetiere auf kurze Distanz, indem sie schlicht und ergreifend schneller sind als sie. Im Vergleich zu anderen Raubkatzen sind sie hervorragende Jäger mit einer hohen Erfolgsquote. Ihre Krallen dienen ihnen bei der Jagd als Spikes, ihr Schwanz als Ruder, damit sie bei den hohen Geschwindigkeiten nicht aus der Bahn geraten. Das Problem ist jedoch, dass die Tiere für ihren Jagderfolg die richtige Umgebung benötigen. Ideal sind Savannen mit hohem Gras, in dem sie sich verstecken können. Leider werden diese Savannen immer weniger und sie sind begehrtes Weideland für Viehzüchter und Hirten. Zudem brauchen Geparden viel Platz. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Geparde Territorien von 10.000 Quadratkilometern besetzen. Geparde brauchen Platz, doch der wird immer weniger Einst in weiten Teilen Afrikas und Asiens beheimatet, bleibt den Tieren in Afrika nur noch zehn Prozent des ursprünglichen Raums, in Asien sind nur noch weniger als 100 Tiere im Iran übrig geblieben. Und der menschliche Einfluss wächst. Die Räuber und ihre Beutetiere werden immer weiter verdrängt und als Spezialist ist der Gepard nur schwer in der Lage, sich an neue Lebensumstände anzupassen. Schrumpfen die unberührten Savannen, schrumpft auch der Lebensraum der eleganten Räuber. Bereits jetzt leben etwa Dreiviertel der Geparde außerhalb von Schutzzonen. Immerhin ist es ihnen gelungen, sich soweit an die von Menschen veränderte Landschaft anzupassen, dass sie dort überleben können. Isolation Geparde wurden nach und nach aus 90 Prozent ihres Lebensraums verdrängt. Zurück blieben kleine Populationen in voneinander isolierten Regionen im südlichen und östlichen Afrika sowie wenige Tiere im Iran. Dadurch, dass sich die Populationen nicht mehr treffen, kommt es zu genetischer Verarmung. Inzucht, Missbildungen und Unfruchtbarkeit können die Folge sein. Für die sowieso bereits stark dezimierten Bestände eine Katastrophe, insbesondere, da es fünf Unterarten gibt. Die verbliebenen Geparde-Populationen sind voneinander isoliert Forscher gehen außerdem davon aus, dass Geparde an und für sich bereits labil sind. Sie sind besonders anfällig für Infektionskrankheiten und weisen eine hohe Sterblichkeitsrate bei Jungtieren auf. Schuld hieran könnte in diesem Falle nicht der Mensch, sondern die letzte Eiszeit sein. Die Wissenschaft glaubt, dass Geparde während der letzten Eiszeit über die Behringstraße aus Amerika nach Asien und Afrika wanderten, was nur wenige Tiere schafften. Die nun lebenden Geparde könnten also der kleine Rest dieser Raubkatzenpopulation sein, die durch einen sogenannten „genetischen Flaschenhals“ gingen, was sie besonders labil macht. Geparde sind also besonders anfällig und die Isolation der einzelnen Populationen schadet den Tieren zusätzlich. Zum Erhalt der Art kommt es auf jedes einzelne Tier an. Gepardenjunges © Martin Harvey Geparde sind keine Kuscheltiere Geparde gelten als elegant und weniger gefährlich als andere Raubkatzen. Deshalb sind sie als Haustiere beliebt. Besonders in den Arabischen Emiraten gab es jahrelang einen unregulierten Markt für die Tiere, die dort als Prestige-Haustiere gehalten wurden. Besonders fatal ist dabei, dass viele der Raubkatzen als Jungtiere aus der Natur geklaut wurden. 2017 führten die Arabischen Emirate nach jahrelangen Protesten von Tierschutzorganisationen schließlich ein Gesetz ein, das die Haltung von wilden Tieren verbietet. Ein wichtiger Schritt, denn Hunderte geschmuggelte Geparden-, Leoparden- und Löwenbabys wurden in die Golfstaaten gebracht und endeten dort als Prestigeobjekte ihrer neuen Besitzer. Leider werden noch immer hunderte Geparden illegal über das Horn von Afrika gehandelt. Geparde sind keine Haustiere Auch in Deutschland gibt es Menschen, die Geparden als Haustiere halten. Ein gefährlicher Trend, auch für die Halter der Tiere. Denn Geparden sind keineswegs Streichelkatzen für die Couch. Sie sind hocheffiziente, unberechenbare Jäger mit viel Kraft und haben in Privathaushalten nichts zu suchen. Mit der Flinte gegen Geparde Das schöne Fell der Geparde macht sie auch zu begehrten Trophäen bei Jägern. Obwohl es nur noch einige Tausend Tiere gibt, dürfen Jäger im südlichen Afrika noch immer Tiere legal schießen und ihre Trophäen in die EU einführen. Die Trophäenjagd ist für die Unternehmen ein einträgliches Geschäft und Quoten werden meist nach wirtschaftlichen, nicht nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten festgelegt. Bei so geringen Populationsgrößen wie denen der Geparde sind zusätzliche Abschüsse in jedem Fall eine große Belastung für die gesamte Art. Dazu kommen illegale Wilderei und der Handel mit den Fellen und mit anderen Körperteilen der Tiere. Häufig werden Geparde von Bauern geschossen Und noch immer werden Geparde von Menschen als Konkurrenten angesehen. Da der Mensch immer weiter in Geparden-Territorien vordringt, kommt es vor, dass Geparde Nutzvieh töten. Die Konflikte mit den Viehzüchtern und Bauern nehmen überhand und da viele der Tiere nicht in Schutzzonen leben, sind sie allen möglichen Gefahren ausgesetzt. Nicht selten werden sie vergiftet, erschossen, in Gruben entsorgt. Außerdem verenden Geparde in Fallen, ihr Fleisch wird auch gegessen. Blutlöwen – Blutgeparde? In Südafrika werden Löwen gezüchtet, um sie als Touristenattraktion, Jagdtrophäen und für die Traditionelle Asiatische Medizin zu vermarkten. Neben den Löwenfarmen sprießen mittlerweile auch Gepardenfarmen aus dem Boden – 80 Stück mit insgesamt etwa 600 Tieren gibt es 2018. Touristen können die Jungtiere füttern, mit ihnen spazieren gehen und Fotos mit ihnen machen. Diese Farmen sind wie Streichelzoos mit Raubkatzen und Tausende Urlauber nutzen die Chance, ein Selfie mit einer Raubkatze zu machen. Zum Arterhalt tragen dies Farmen nicht bei, denn die Tiere werden ganz überwiegend nicht ausgewildert. Diese Zuchtfarmen dürfen Geparde sogar zu kommerziellen Zwecken handeln und es besteht der Verdacht, dass dieses Schlupfloch auch für den Handel mit gewilderten Tieren genutzt wird. Geparde werden für den Tourismus gezüchtet Was mit zu groß gewordenen, aggressiven, getöteten und verstorbenen Tieren passiert, ist offiziell nicht bekannt. Es drängt sich jedoch ein Verdacht auf: Knochen von großen Raubkatzen sind in der Traditionellen Asiatischen Medizin sehr begehrt. Da der legale Export von Raubkatzenknochen in Asien die Nachfrage nach den angeblichen Wundermitteln anheizt, entsteht ein lukrativer Markt für den Schmuggel von Raubkatzenknochen. Den Knochen sieht man es schließlich nicht an, von welchem Tier sie stammen. So können Knochen von gewilderten und illegal erlegten Geparden, Leoparden, Löwen, Tigern und Jaguaren untergemischt und nach Asien verkauft werden. Touristenjeeps bedrängen Geparde beim jagen Touristen spielen noch eine weitere Rolle bei der Gefährdung der Tiere. Insbesondere in Ostafrika bedrängen Jeeps die Raubkatzen, die dann von ihrer Beute ablassen oder von ihren Jungen getrennt werden. Aus der Masai Mara und der Serengeti wurden erhöhte Sterblichkeitsraten bei Jungtieren berichtet, die durch Touristenjeeps von ihren Müttern getrennt wurden. Können die Geparde gerettet werden? Keine Rettung für Geparden? Es sieht schlecht aus für das schnellste Landtier der Erde. Doch aufgeben ist keine Option. Pro Wildlife kämpft für den internationalen Schutz von bedrohten Tierarten. Handelsverbote, Importverbote für Jagdtrophäen und der Schutz von Lebensräumen stehen ebenfalls auf der Agenda. Denn es bleibt nicht viel Zeit: Handeln wir nicht jetzt, verlieren wir die schnellen, eleganten Räuber für immer. Autorin: Sandra Henoch Mehr Informationen Portät Gepard Der Gepard (Acinonyx jubatus) ist das schnellste Landtier der Welt » Porträt Gepard Löwenfarmen Qual für den Tourismus » Löwenfarmen Tigertourismus Massenzucht für Schnappschuss und die traditionelle asiatische Medizin » Tigertourismus

Rekord-Beschlagnahmen von Wildtieren
8. Mai 2018. Eine Herausforderung für den Tier- und Artenschutz. 10.976 streng geschützte Strahlenschildkröten wurden im April 2018 auf Madagaskar beschlagnahmt – eine unglaubliche Zahl. Als wir davon erfuhren, war uns sofort klar: Die Turtle Survival Alliance braucht schnelle und unbürokratische Hilfe. So viele Tiere müssen medizinisch untersucht und behandelt werden; viele von ihnen verwundet, ausgetrocknet, von Parasiten geschwächt. Gesunde Schildkröten sind schnellstmöglich von den kranken Tieren zu trennen, damit sich keine Erreger ausbreiten. Beschlagnahmte Strahlenschildkröte in Madagaskar 2018 © Turtle Survival Alliance Für einige hundert Panzerträger kam die Beschlagnahme zu spät. Die katastrophale Lagerung in einem leerstehenden Haus, ohne Futter und Wasser, forderte ihre Opfer. Für die überlebenden knapp 10.000 Tiere hat diese schreckliche Story hoffentlich ein Happy-End: Sind die Schildkröten wieder gesund, können sie wieder zurück in die Natur. Doch bis dahin heißt es für die vielen fleißigen Helfer: Füttern, Entmisten, Gesundheits-Checks im Akkord – und das noch für die nächsten Wochen. Kontrolle der Tiere, Beschlagnahme Madagaskar 2018 © Turtle Survival Alliance Traurige Rekordaufgriffe Der Aufgriff in Madagaskar ist beileibe kein Einzelfall – und er ist nicht einmal der größte seiner Art: Im Oktober 2017 fanden die Behörden in Indien 1.012 Schildkröten. Gerade noch rechtzeitig vor dem Export nach China und Hongkong gelang die Beschlagnahme von Indischen Sternschildkröten, aber auch 27 Zeltschildkröten – eine Art, die dank Pro Wildlife seit 2002 international geschützt ist. Im September 2016 deckte das von uns unterstützte Undercover-Team EAGLE in Madagaskar einen Schmugglerring auf: In drei Koffern fanden sie 428 Strahlenschildkröten. Der Schwarzmarkt-Wert beträgt über eine halbe Million US Dollar. Im Januar 2015 gelang den Behörden Indonesiens binnen weniger Tage ein Doppelschlag gegen Tierschmuggler. 7.634 Papua-Weichschildkröten wurden gerettet. Die Tiere waren in Kisten gestopft und als „Krabben“ deklariert. Im Juni 2015 fanden die Behörden in einem Warenhauslager auf Palawan, Philippinen, 4.400 Schildkröten. 3.900 von ihnen waren philippinische Erdschildkröten. Die Art ist akut vom Aussterben bedroht und kommt nur auf den Philippinen vor. Auch in diesem Fall leistete Pro Wildlife finanzielle Soforthilfe an die Katala Foundation, die die Tiere professionell versorgte und die Wiederauswilderung organisierte. 1999 gab es auf einem Schiff in Manaus, Brasilien, gar eine Beschlagnahme von 38.000 Schienenschildkröten – der größte uns bekannte Aufgriff. Beschlagnahmte Erdschildkröten, Philippinen 2015 © Katala Foundation Suppentopf oder Terrarium? In all diesen Fällen muss trotz der dringenden Sofortmaßnahmen auch die Frage geklärt werden: Wofür waren diese Tiere bestimmt? Wo sollten sie enden? Das ist wichtig, damit Vollzugsbeamte besser durchgreifen, Mittelsmänner und Auftraggeber bestraft werden und Schmuggelrouten geschlossen werden können. Bei großen Aufgriffen stellt sich immer die Frage, ob die Schildkröten für die Fleischmärkte in Fernost bestimmt sind, auf denen alljährlich Millionen Wildtiere enden. Für hübsch gemusterte Strahlenschildkröte aus Madagaskar zahlen Sammler hier in Europa bis zu 5.000 Euro für ein geschlechtsreifes Tier. Bei einer so seltenen und teuren Art liegt also eher der Schmuggel für den internationalen Heimtiermarkt nahe. Beschlagnahmte Strahlenschildkröten, 2016 Madagaskar © EAGLE Ein Dankeschön für all die Hilfe! Ob Fleischmarkt oder Exotenhandel: Die rücksichtslose Plünderung der Natur muss gestoppt werden. Pro Wildlife kämpft für internationale Handelsverbote für seltene Wildtiere. Doch genauso wichtig ist es, zu helfen, wenn Tiere beschlagnahmt werden. Dass so viele Tierfreunde für die Strahlenschildkröten gespendet haben (3.300 Euro Soforthilfe konnten wir binnen weniger Tage überweisen) macht uns stolz: Schließlich ging es hier nicht um kuschelige Tiere mit großen Kulleraugen, sondern „nur“ um Reptilien. Aber wir haben einfach tolle Unterstützer, für die jedes Tierleben zählt. Danke dafür – das war großartig! Mehr Informationen Reptilienschmuggel Reptilienhandel ist maximaler Profit bei minimalem Risiko. Viele Tiere sind unzureichend geschützt » Reptilienschmuggel Traditionelle Asiatische Medizin Die Traditionelle Asiatische Medizin ist in China eine 2.000 Jahre alte Heilkunst. Die TCM (Traditionelle chinesische Medizin) ist jedoch in Verruf gekommen, weil viele Rezepturen hoch bedrohte Arten verwenden und damit Nashorn, Tiger, Kragenbären und viele andere Arten an den Rand der Ausrottung treibt » Traditionelle Asiatische Medizin Schildkröten Schildkröten bevölkern dank ihrer großen Anpassungsfähigkeit bereits seit über 200 Millionen Jahren die Erde » Schildkröten CITES – das Washingtoner Artenschutzübereinkommen Das wichtigste internationale Abkommen, um die Plünderung bedrohter Arten zu stoppen, ist das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) » Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) Massenverkauf von Reptilien auf Reptilienbörsen Besuche auf Reptilienbörsen und Tierbörsen sind immer wieder eine spezielle Erfahrung: Menschenmassen schieben sich an Tischen vorbei, auf denen alles angeboten wird, was die Natur so hergibt » Reptilienbörsen Schildkröten in Not Viele Schildkrötenarten sind durch Handel und Lebensraumverlust vom Aussterben bedroht » Schildkröten in Not

Der Kampf um Aufmerksamkeit
17. April 2018. Artenschutz im Verborgenen. Über Nacht berühmt: Endlich bekommt die australische Mary-River-Schildkröte die lang benötigte Aufmerksamkeit. Trotzdem ist es für die Art eventuell schon zu spät. Die punkig aussehende Schildkröte, die ausschließlich am namensgebenden Mary-Fluss in Australien vorkommt, ist mittlerweile vom Aussterben bedroht, denn sie wurde zu zigtausenden für den Heimtierhandel eingesammelt. Die Zoologische Gesellschaft von London (ZSL) hat kürzlich die Liste der akut vom Aussterben bedrohten Arten aktualisiert und machte so die australische Schildkröte mit der skurrilen grünen Frisur über Nacht zum traurigen Star. Mary-River-Schildkröte © Pandiyan V Ihre Popularität verdankt die Schildkröte ihrem bizarren Aussehen. Auf dem Körper der australischen Schildkröte wachsen grüne Algen und die Tiere können dank spezieller Drüsen an ihrer Kloake bis zu drei Tage unter Wasser bleiben. Doch selbst diese besondere Fähigkeit konnte sie nicht vor der Gier der kommerziellen Tierhändler bewahren. Vor allem in den 1960er und 1970er Jahren plünderten sie die Nester der Mary-River-Schildkröte. Ihre Gutmütigkeit und das bizarre Aussehen machten sie als „Haustier“ sehr begehrt und somit zu einem lukrativen Geschäft. Welche Vermehrungs-Strategie fährst du so? Tierhändler entwendeten tausende Eier der Mary-River-Schildkröte, um die Jungtiere auf dem Tiermarkt anzubieten – die Art war so häufig im Handel vertreten, dass sie auch „Penny-Schildkröte“ genannt wurde. Zudem wurde ihr Lebensraum immer stärker beschnitten. Die Population ist so stark zurückgegangen, dass ihn die Mary-River-Schildkröte bis heute nicht ausgleichen konnte. Die Weibchen dieser Art können sich erst mit 25 Jahren fortpflanzen – die Männchen mit 30. Diese späte Geschlechtsreife hat eine geringe Reproduktionsrate zur Folge, wodurch sich die Bestände der Mary-River-Schildkröte bis heute kaum von der intensiven Plünderung der Vergangenheit erholen konnte. Im Tierreich wird bei den Fortpflanzungsstrategien zwischen K- und R-Strategen unterschieden. R-Strategen, beispielsweise Kaninchen, weisen eine hohe Reproduktionsrate auf und können daher Schwankungen der Populationsgröße und hohen Druck von Fressfeinden leichter ausgleichen. K-Strategen, wie der Mensch, mit wenigen natürlichen Feinden, hingegen zeugen nur wenige Nachkommen und zeigen eine intensive elterliche Fürsorge. Tiere mit dieser Reproduktionsstrategie erholen sich nur schwer oder gar nicht von einer starken Dezimierung der Population. Echte Karettschildkröte © Greg S. Garrett Die Schönen und die Biester Warum musste es so weit kommen? Mehr als 20 Jahre lang wurde die Mary-River-Schildkröte in Australien als Haustier gehalten und seit 1970 beobachten Wissenschaftler, dass ihre Zahl deutlich abnimmt. Doch diese Erkenntnisse halfen der bizarr aussehenden Schildkrötenart nicht, denn bei Naturschutzplänen werden meist charismatischere Tierarten wie Koala und Wombat bevorzugt. Noch deutlicher wird die Benachteiligung der „uncharismatischen“ Arten bei einem Blick auf Australiens Erhaltungsstrategien für bedrohte Arten. Denn hier werden nur Säugetiere, Vögel und Pflanzen berücksichtigt – und das, obwohl Australien eine einzigartige und artenreiche Reptilienfauna beherbergt. Australien ist dabei keine Ausnahme: In einem Großteil aller Länder werden „uncharismatische“ Arten, wie Echsen, Schlangen oder eben auch Schildkröten übersehen, wenn es um das Thema Artenschutz geht. Kuschelige Säugetiere mit großen Knopfaugen oder bunte Vögel sind in der Öffentlichkeit einfach bekannter. So kommt es auch, dass zahlreiche Reptilien- und Amphibienarten ohne großes öffentliches Aufsehen bis zur Ausrottung als Haustiere gehandelt oder für den Fleischmarkt gejagt werden. Pro Wildlife kämpft auch für die Pickligen und Unbekannten Bereits seit Jahren kämpft Pro Wildlife gegen den Handel mit exotischen Tieren – darunter auch viele weniger populäre, aber dennoch bedrohte Arten. Wir klären die Öffentlichkeit auf und lassen Arten, die durch den Handel bedroht sind, vom Washingtoner Artenschutzabkommen (engl. CITES) unter Schutz stellen – alleine 2016 ging die Listung von circa 60 Arten auf unsere Initiativen zurück. Unter anderem sorgte Pro Wildlife dafür, dass die gesamte Gattung der Baumschleichen (Abronia) mit insgesamt 29 Arten (davon 5 auf Anhang I und 24 auf Anhang II) von CITES gelistet wurde. Zudem ist der Handel mit dem Himmelblauen Zwergtaggecko (Lygodactylus williamsi), beliebt wegen seiner besonderen Färbung, mittlerweile streng verboten. Himmelblauer Zwergtaggecko Doch leider ist der Kampf noch lange nicht gewonnen. Denn der internationale Tierhandel reagiert auf solche Verbote, indem er sein Interesse einfach auf andere Arten verlagert. Der tragische Nachfolger des seit 2016 geschützten Himmelblauen Zwerg-Taggeckos ist der nahverwandte Lygodactylus conraui. Diese Art unterliegt bis jetzt noch keinem Handelsverbot und weist eine mindestens genauso schöne Färbung wie sein nun geschützter Verwandter auf. Die farbenfrohen Pfeilgiftfrösche (Dendrobaten) aus Lateinamerika und Buntfrösche (Mantella) aus Madagaskar wurden nach ihrer CITES-Listung durch Rotaugenlaubfrösche (Agalychnis) ersetzt. Nachdem wir diese 2010 bei CITES schützen lassen konnten, sind aktuell die bizarren, noch ungeschützten Glasfrösche der neueste Schrei… Daher fordert Pro Wildlife härtere Gesetzte und Strafen beim Handel mit exotischen Tieren, denn es gibt zigtausende von Reptilien- und Amphibienarten und solange der Handel in vielen Bereichen legal ist, ist es unmöglich, sie alle effektiv zu schützen. Mehr Informationen Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Händler nutzen Gesetzeslücken, um mit teils bedrohten Tierarten den großen Reibach zu machen. » Reptilienschmuggel Massenverkauf von Reptilien auf Börsen Einige dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht – auf Reptilienbörsen sind sie jedoch Wühltischware. » Reptilienbörsen: Der Ausverkauf läuft… Verbändebrief 16 Tier-, Natur- und Artenschutzverbände fordern von der Politik endlich strengere Regeln für den Handel mit Wildtieren. » Verbändebrief Schildkröten in Not Viele Schildkrötenarten sind durch Handel und Lebensraumverlust vom Aussterben bedroht » Schildkröten in Not Rekord-Beschlagnahmung von Wildtieren © TSA Fast 11.000 stark gefährdete Strahlenschildkröten wurden in Madagaskar beschlagnahmt und aus furchtbaren Zuständen gerettet. » Rekord-Beschlagnahmung von Wildtieren Picture of the Mary River turtle licensed under the Creative Commons Attribution - Non Commercial 2.0 Generic license.

Reptilienbörsen: Der Ausverkauf läuft…
22. März 2018. Erlebnisse beim großen Wildtier-Wühlen. Besuche auf Reptilienbörsen und Tierbörsen sind immer wieder eine spezielle Erfahrung: Menschenmassen schieben sich an Tischen vorbei, auf denen alles angeboten wird, was die Natur so hergibt – und was klein genug ist, um in kleine Plastik-Frischkäse-Schachteln zu passen: Da finden sich Hieroglyphen-Riedfrösche aus Kamerun neben Igeltenreks aus Madagaskar, Hornagamen aus Sri Lanka neben dem Puerto-Rico-Anolis. Einige dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht – auf Reptilienbörsen sind sie jedoch Wühltischware, viele von ihnen auf Vorbestellung aus der Natur eingefangen. Helmchamäleon auf Reptilienbörse Reptilienbörsen: Hauptsache schön bunt Auf der Reptilienbörse in Karlsruhe im März erleben wir eine Szene, bei der eine Frau ein Chamäleon kauft. Bunt muss es sein, eine hübsche Deko fürs Wohnzimmer. Geldscheine wechseln den Besitzer, der Händler überreicht die Plastikbox mit Chamäleon. Die Frau fragt – wohlgemerkt nach dem Kauf: „Und was brauch ich da jetzt für?“ Der Händler: „Ein Terrarium mit guter Durchlüftung und Wärmelampe…“ Sie unterbricht ihn: „Und was geb ich dem zu fressen?“ Der Händler hat keine Zeit für einen Grundkurs für Ahnungslose; der nächste Kunde will zahlen, es hat sich schon eine kleine Warteschlange gebildet. Die Frau ist nun also stolze Besitzerin des Chamäleons, hat aber offenbar kein Terrarium, geschweige denn einen Schimmer von der Haltung dieses Tieres. Wie lange diese Echse wohl überlebt? Die farbenprächtigen Pantherchamäleons sind die beliebtesten Chamäleons im Handel Die Natur als Selbstbedienungsladen Wir schieben uns im Gedränge weiter, zu einem Stand mit exotischen Pflanzen, die Terrarien aufhübschen und strukturieren sollen. Wir kommen mit dem Händler ins Gespräch. Er zeigt uns eine Pflanze aus der Wüste Namib, die ein Jahr kein Wasser braucht. Namibia, denke ich, da gibt es ja einige geschützte Raritäten. Ich erzähle, dass ich dort in Urlaub war, einem der schönsten Plätze jemals. Und schon fasst der Händler Vertrauen und beginnt zu plaudern. Dass er auch dort in Urlaub war, aber nicht mit leeren Händen heimkam, da gäbe es so schöne kleine Zwergpuffottern. „Stimmt“, sage ich, „die haben wir auch gesehen, aber die sind doch in Namibia geschützt, oder nicht?“ „Doch“, bestätigt er, „aber die Versuchung war einfach zu groß. Ich hab sie in Döschen zwischen meinen Socken in den Koffer gepackt. Ging ganz einfach.“ Ein schlechtes Gewissen hatte er nicht. Und Angst muss er auch keine haben, denn diese Vipern sind nur in Namibia geschützt, nicht aber hier in der EU. Sobald Mann und Koffer außer Landes sind, wird sein Diebstahl hier nicht mehr bestraft und er kann seine Ausbeute auf Reptilienbörsen oder im Internet verkaufen. Puffottern werden in der Namib illegal eingefangen Aus der Natur frisch auf den Tisch Es bestätigt sich immer wieder: Die größten Tier- und Artenschutzprobleme bringen gewerbliche Händler mit, die mit Hunderten von Tieren von Börse zu Börse quer durch Europa tingeln. Sie haben die Raritäten im Angebot. Ein Großteil ihrer Tiere sind Wildfänge, die für die großen Reptilienbörsen eigens bestellt werden: Oft erst wenige Wochen zuvor aus der Natur eingefangen, mussten sie strapaziöse Zwischentransporte und -lagerungen überstehen. Ein Anbieter aus Tschechien wirbt damit, dass er am 10. März in Hamm, am 17. März in Rom, am 24. in Madrid, am 1. April in Houten (Holland) und danach gleich in Barcelona verkauft. Ein fliegender Händler mit lebender, verderblicher „Ware“. Verkauft wird an jeden, der zahlt, auf Reptilienbörsen in ganz Europa. Massenverkauf von Reptilien auf Börsen Tierbörsen – ein rechtsfreier Raum? Niemand darf einem Tier „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen – so steht es im Tierschutzgesetz. Doch wer beurteilt, wann ein Gecko leidet? Wie lange er schon ohne Futter in dieser Plastikschachtel hockt? Wie sehr ihn das Geschubse an den Tischen, die Erschütterungen, das wiederholte Hochheben stressen? 2006 veröffentlichte das Bundeslandwirtschaftsministerium die sog. Tierbörsen-Leitlinien – und schrieb gleich in die Einleitung, dass dies ohnehin nur rechtlich unverbindliche Empfehlungen sind. Welche Behörde soll hunderte Aussteller, tausende Tiere überprüfen? Viele Vollzugsbeamte sind mit dem angebotenen Artenspektrum hoffnungslos überfordert – und sehen weg. Hinzu kommen zahllose kleine Lücken im Artenschutzrecht, die die Händler nur allzu gut kennen… Abhilfe kann hier nur die Bundesregierung schaffen – indem sie solche Flohmärkte für Wildtiere endlich verbietet! Autorin: Dr. Sandra Altherr Mehr Informationen Reptilienschmuggel Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Händler nutzen Gesetzeslücken, um mit teils bedrohten Tierarten den großen Reibach zu machen. » Reptilienschmuggel Exotische Haustiere Exotische Haustiere sind der letzte Schrei. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Verbändebrief 16 Tier-, Natur- und Artenschutzverbände fordern von der Politik endlich strengere Regeln für den Handel mit Wildtieren. » Verbändebrief Reptilien und Amphibien Reptilien und Amphibien kommen bis auf die Polkappen überall auf der Welt vor. » Reptilien und Amphibien Schildkröten in Not Viele Schildkrötenarten sind durch Handel und Lebensraumverlust vom Aussterben bedroht » Schildkröten in Not

Tierbörsen: Wildtiere vom Wühltisch
1. August 2017 Massenware Wildtier auf Tierbörsen. Seit achtzehn Jahren gibt es Pro Wildlife – und seit Anbeginn kämpfen wir gegen eklatante Missstände auf Tierbörsen: Da werden Chamäleons und Sugarglider in winzige Plastikboxen gestopft, in denen sie sich kaum aufrecht halten, geschweige denn sich artgerecht bewegen können. Da werden Wildfänge angeboten, die verletzt, abgemagert oder panisch sind. Da werden seltene Echsen präsentiert, von denen so manche illegal in ihrem Heimatland eingefangen und außer Landes geschmuggelt wurden. Hunderte größere Tierbörsen gibt es allein in Deutschland – verkauft wird alles: vom Guppy bis zur Giftschlange. Besonders eklatant sind die Probleme auf überregionalen Wildtierbörsen, bei denen Händler und Käufer aus ganz Europa anreisen – wie beispielsweise die Reptilienbörse Terraristika, die vier Mal jährlich in Hamm (Nordrhein-Westfalen) stattfindet. Der Andrang auf solchen Veranstaltungen ist riesig, seltene oder geschützte Tiere wechseln im Minutentakt den Besitzer. Kommerz statt Tierschutz Auch gewerbliche Händler sind auf solchen Börsen zahlreich vertreten: Viele tingeln von Börse zu Börse, so dass die Tiere für Tage oder Wochen in den winzigen Verkaufsbehältnissen ausharren müssen. Solche Händler bieten ein Riesensortiment an bunten, teils seltenen Arten an – ein Großteil aus der Wildnis frisch auf den Tisch. Spontankäufe sind keine Seltenheit, die fachliche Beratung für den künftigen Halter bleibt auf der Strecke. So beobachten wir immer wieder bizarre Situationen, z.B. wenn die stolze Neubesitzerin nachfragen muss, was sie denn da gerade gekauft hat (im konkreten Fall ein Quastenstachler, ein nachtaktives Stachelschwein aus Asien), dem Interessenten eines Pantherchamäleons als Beratung mitgegeben wird, „das hält was aus, das kriegste nicht tot“, der Verkäufer als Haltungstipps für Flughunde ernsthaft die Gardinenstange im Wohnzimmer empfiehlt; gegen Ende der Börse die lebenden Ladenhüter auf der Resterampe verschleudert werden: „Nimm zwei – zahl eins”. Wildtiere als Wegwerfware Der Boom der Wildtierbörsen und die damit verknüpfte Verfügbarkeit von hunderten oder gar tausenden Arten für jedermann haben ernsthafte Konsequenzen: Viele Tiere werden unüberlegt angeschafft, viele exotische Arten sind Klima- oder Nahrungsspezialisten. Käufer unterschätzen, wie groß die Tiere werden, wie wehrhaft, wie speziell das benötigte Futter – und dass gerade Terrarien die Stromrechnungen in ungeahnte Höhen treiben. Die Folge: Immer häufiger werden exotische Haustiere ausgesetzt oder aus schlechter Haltung beschlagnahmt. Tierheime und Auffangstationen klagen, dass die Schwemme exotischer Schützlinge längst ihre ohnehin begrenzten personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen sprengt. Bereits im Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl 2013 hatten Union und SPD vereinbart, gewerbliche Börsen für exotische Tiere zu verbieten – geschehen ist: NICHTS. Das Verramschen von Wildtieren an jedermann geht damit ungehindert weiter. Doch das Bündnis derer, die ein Tierbörsenverbot fordern, wächst: Tierheime und Auffangstationen, Tierschutzverbände wie Pro Wildlife, aber auch die Bundestierärztekammer, der Zentralverband der Zoologischen Fachbetriebe und sogar der BNA, ein Tierhalter-Dachverband sind sich hier einig. Die Politik muss den Wildwuchs im Wildtierhandel endlich deckeln. Weitere Informationen Totenkopfäffchen Exotische Haustiere sind beliebt wie nie zuvor. Schon für 1.000 Euro kann man im Internet ein Löwenbaby kaufen. Im Wildtierhandel gibt es einen unglaublichen Wildwuchs. » Exotische Haustiere Chamäleon Reptilienschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Viele Tiere sind in ihrer Heimat geschützt, aber in der EU vogelfrei. Eine Gesetzeslücke macht es möglich. » Hintergrund: Reptilienschmuggel Schlange auf einer Börse 16 Tier-, Natur- und Artenschutzverbände fordern strengere Regeln für den Handel mit Wildtieren. » Verbändeforderung
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